Harburg. Eisenbahnbauverein übergibt erste 50 Wohneinheiten. Zweiter Bauabschnitt startet im neuen Jahr. Danach wird Bautätigkleit gestoppt.

Im ersten Quartal 2024 startet der Eisenbahnbauverein (EBV) Harburg den zweiten Bauabschnitt seiner Projekts Bremer Straße. 95 weitere barrierefreie Wohnungen werden im Bereich der Einmündung in die Hohe Straße/B75 entstehen; 50 waren es im ersten Bauabschnitt. Es wird das vorerst letzte größere Projekt des EBV sein: „Bei heutigen Baukosten von 5200 Euro pro Quadratmeter, nicht vorhandenen Grundstücken und 4,5 Prozent Zinsen für die Finanzierung werden wir definitiv nicht bauen können“, sagt Joachim Bode, Vorstand des EBV. Sollten bessere Tage kommen, gibt es bereits neue Projektideen.

Aktuell sei es nicht möglich, einigermaßen preiswert zu bauen, so Bode. Nicht einmal auf eigenen Grundstücken. Das zeigt sich aktuell an der Bremer Straße. Dort reißt der 1921 gegründete Bauverein Siedlungshäuser ab, die er 1922/23 errichtet hatte. Insgesamt 69 Wohnungen werden dadurch vernichtet, 145 neue entstehen. Die ersten 50 Wohnungen werden gerade an die Mieter übergeben.

Harburg: Eisenbahnbauverein setzt auf geförderten Wohnungsbau

Darunter sind elf Wohnungen für Mieter, die jetzt noch in den Siedlungshäusern wohnen, die dem kommenden Neubau weichen müssen. Sie haben bis zum 15. Januar Zeit für den Umzug. Dann werden die alten Häuser abgerissen. Sämtliche Gebäude des Komplexes standen zunächst unter Denkmalschutz. Als Kompromiss bei den Verhandlungen mit dem Denkmalschutzamt musste der EBV die Häuser an der Bremer Straße 126 bis 134 stehen lassen; sie wurden bereits denkmalschutzgerecht modernisiert.

So werden die Häuser des zweiten Bauabschnitts einmal aussehen. Links ist die Überbauung der Bandelstraße zu sehen.
So werden die Häuser des zweiten Bauabschnitts einmal aussehen. Links ist die Überbauung der Bandelstraße zu sehen. © EBV Harburg | Gerber Architekten/EBV

Um die Baudenkmäler wird nun herumgebaut. Stadtauswärts, an der Ecke Gottschalkring, entstand bereits ein Neubau mit 35 Wohnungen, stadteinwärts wurde neben der Shell-Tankstelle ein Gebäude mit 15 Wohnungen fertiggestellt. Eigentlich sollten die Bauten schon im ersten Quartal 2022 bezugsfertig sein. „Wir mussten eineinviertel Jahre auf die Baugenehmigung warten“, begründet Bode die Verzögerung. Das habe den Preis in die Höhe getrieben.

Zweiter Bauabschnitt Bremer Straße kostet 5200 Euro pro Quadratmeter

Das Projekt Bremer Straße wird der mit Abstand teuerste Bau des EBV: „Bislang lagen die höchsten Baukosten bei 3.300 bis 3600 Euro pro Quadratmeter Wohnraum. Im ersten Bauabschnitt werden es 4200, im zweiten 5200 Euro werden“, so Bode. Dennoch werden die Mieter nur 6,80 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter zahlen. Denn sämtliche Wohnungen sind von der Stadt gefördert. Mit 30-jähriger Bindung. Damit sind in diesem Zeitraum nur sehr geringe Mieterhöhungen erlaubt. „Wir haben unseren Wohnungsbau seit 1998 nicht mehr fördern lassen“, sagt Bode, „weil uns die Einflussnahme auf die Wohnungsgrößen zu sehr gestört hat.“

Jetzt haben die gestiegenen Kosten dazu geführt, dass auch im zweiten Bauabschnitt fast ausschließlich geförderte Wohnungen entstehen werden. Bode: „Eigentlich waren 15 geförderte und 80 frei finanzierte Wohneinheiten geplant; so steht es noch auf dem Bauschild an der Bremer Straße. Aber damals hatten wir mit Kreditzinsen von einem Prozent und Nettokaltmieten von 10 Euro oder 10,50 Euro für die frei finanzierten Wohnungen kalkuliert. Das war nicht mehr zu halten. Wir sind dann zur IfB gegangen und haben gefragt, ob nicht alle Wohneinheiten öffentlich gefördert werden könnten.“

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Ende 2025 werden restliche 95 Wohnungen fertiggestellt sein

Die IfB (Hamburgische Investitions- und Förderbank) stimmte zu. Von Frühjahr 2024 an entstehen an der Bremer Straße 83 öffentliche geförderte Wohnungen – sowohl im ersten Förderweg (klassische Sozialwohnungen) mit sieben Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter als auch im zweiten Förderweg (für Menschen mit mittlerem Einkommen) mit einer Anfangsmiete von 9,10 Euro. Weitere zwölf Wohnungen wird der Elternverein Leben mit Behinderung Hamburg anmieten; auch hier gibt es eine (andere) städtische Förderung.

Bode rechnet mit einer Bauzeit von knapp zwei Jahren, sodass das gesamte Bauprojekt Ende 2025 abgeschlossen sein könnte. Er selbst wird dann in den Ruhestand gegangen sein – nach fast 50 Jahren Einsatz im EBV, davon seit 1994 im Vorstand. Die Baukosten werden bei 15 Millionen Euro für den ersten und 36,7 Millionen für den zweiten Bauabschnitt liegen. Das Projekt erhöht den Wohnungsbestand der Genossenschaft auf 3347. Davon sind 781 gefördert.

Das Gebäude an der Ecke Bremer Straße 136/Gottschalkring 2 ist bereits fertiggestellt und wird jetzt bezogen.
Das Gebäude an der Ecke Bremer Straße 136/Gottschalkring 2 ist bereits fertiggestellt und wird jetzt bezogen. © EBV Harburg | Gerber Architekten/EBV

Neue Projekte: aktuell nicht bezahlbar, aber dennoch interessant

So schnell wird es beim Bauverein Projekte in dieser Größenordnung wohl nicht mehr geben, fürchtet Bode. Seine Nachfolgerin Heike Mönning und Vorstandskollege Christian Sachse können in absehbarer Zeit vielleicht noch das eine oder andere alte, im Eigentum des EBV befindliche Doppelhaus abreißen und auf den Grundstücken ein Haus mit sechs Wohnungen errichten, sagt der passionierte Investor.

Dessen ungeachtet liebäugelt Bode mit zwei größeren Projekten, zu denen er bereits Gespräche führt. Eines spielt in Fleestedt, das andere am Reeseberg. In Fleestedt besitzt der Bauverein knapp 100.000 Quadratmeter Ackerfläche. Er habe bereits mehrere Anläufe unternommen, dass zumindest ein Teil in Bauland umgewandelt wird, sagt Bode. Jetzt arbeitet er an einem Vorzeigeprojekt, mit dem er sein Ansinnen den Orts- und Gemeindevertretern schmackhaft machen will: an einer „SmartCity“ von Viebrockhaus.

Modellquartier für innovatives, ökologisches Bauen

Der Massivhaus-Anbieter hatte kürzlich in Harsefeld ein Modellquartier namens SmartCity gebaut, eine CO₂-neutrale Wohnsiedlung aus 18 Einzel- und Doppelhäusern, die im Bereich nachhaltiges Bauen Maßstäbe setzt. Mit Gründächern, einem „Schwammkonzept“ beim Umgang mit Regenwasser, einem siedlungseigenen E-Auto, das mit selbsterzeugtem Strom betrieben wird. Bode: „In Harsefeld wurden 10.000 Quadratmeter bebaut. Bei uns könnten es 30.000 Quadratmeter werden.“

Am Reeseberg gibt es auf Initiative der Stadt erste Entwürfe zweier Architektenbüros, wie die dortige Siedlung des Eisenbahnbauvereins verdichtet werden könnte. Das Architektenbüro Czerner/Göttsch schlägt vor, die dortigen Häuserzeilen mit Kopfbauten zu versehen. Vorteil für die heutigen Mieter: Die Neubauten würden die Häuser zu den Bahngleisen abschirmen und sie wären mit Aufzügen ausgerüstet, die auch für die Bewohner der liftlosen Bestandsgebäude erreichbar gemacht werden könnten.

Harburg: Projekt am Reeseberg könnte 70 neue Wohnungen schaffen

Außerdem könnte, so der Vorschlag der Architekten, der durch die Siedlung führende Abschnitt der Straße Reeseberg aufgehoben und zu einem Quartierspark umgestaltet werden. Dazu müsste die Buslinie 241 verlegt werden. „Davon würden die Mieter am Reeseberg sogar profitieren, denn der Bus fährt hier nur eine Wendeschleife. Bei einer neuen Linienführung ließe sich eine näher gelegene Haltestelle einrichten“, sagt Bode.

70 zusätzliche Wohneinheiten könnten am Reeseberg entstehen. Doch bislang ist das Projekt Zukunftsmusik. Joachim Bode möchte die Planungsarbeit für die Baugenehmigung weitgehend der Stadt überlassen, damit nicht der EBV notwendige Gutachten und ähnliches bezahlen muss. Das Ganze dauere dann zwar ein paar Jahre länger, „aber wir können warten“.