Neu Wulmstorf. Wer eine halbwegs günstige Wohnung im Hamburger Speckgürtel sucht, könnte bald in Neu Wulmstorf fündig werden – dank einer neuen Quote.
- Die niedersächsische Gemeinde Neu Wulmstorf grenzt im Norden direkt an den Hamburger Stadtteil Neugraben-Fischbek.
- Für die Bewohner bedeutet dies, dass sie nur einen Katzensprung entfernt der großen Hansestadt leben.
- Viele Menschen pendeln deshalb zwischen Neu Wulmstorf und ihrem Arbeitsort im Hamburger Süden.
Eine bezahlbare Wohnung zu finden – das wird nicht nur in Hamburg, sondern auch im Speckgürtel der Hansestadt immer schwieriger. In Neu Wulmstorfs Politik laufen seit Jahren Bestrebungen, dies zu verbessern. Zuletzt wurde ein Antrag der SPD-Fraktion debattiert, nach dem in Neu Wulmstorf im Mehrgeschosswohnungsbau ab zehn Wohneinheiten grundsätzlich 20 Prozent der künftigen Wohnungen als Sozialwohnungen angeboten werden sollten – mindestens.
Dieses Vorhaben wurde im Rat nun dahingehende geändert, dass für Investoren auch Mischformen innerhalb der 20-Prozent-Vorgabe möglich sein sollen.
Günstige Wohnungen bei Hamburg: Die neue Quote soll‘s in Neu Wulmstorf richten
Im Rahmen der 20-Prozent-Vorgabe kann ein Investor überlegen, wieviel Prozent Sozialwohnungen er im Sinne des Wohnungsbindungsgesetzes oder – alternativ – wieviel Prozent er als preisreduzierte Wohnungen mit einer Bindungsfrist von 20 Jahren planen möchte.
Allerdings darf keine der beiden Formen weniger als fünf Prozent betragen. Plant der Investor also mit 13 Prozent preisreduzierten Wohnungen, müssten 7 Prozent Sozialer Wohnungsbau hinzukommen und umgekehrt. Insgesamt müssen 20 Prozent bezahlbarer Wohnraum bei Neubauvorhaben ab zehn Wohneinheiten Bestandteil der Vereinbarung zwischen Gemeinde und Investor sein.
Auch Menschen, die kein Anrecht auf Sozialwohnungen haben, brauchen Hilfe
Diese Regelung soll den Investoren mehr Planungsfreiheiten geben als eine feste Vorgabe im Sozialen Wohnungsbau. Auch soll sie Leuten zugute kommen, die kein Anrecht auf Sozialwohnungen haben, aber trotzdem keine bezahlbare Mietwohnung in Neu Wulmstorf finden können.
„Die Vorgabe soll nicht starr sein. Wir wollen auf den Investor zugehen und ihn fragen, was er uns bieten kann“, sagte Thomas Grambow (SPD), Vorsitzender des Bau- und Planungsausschusses der Gemeinde. „Wir klammern uns nicht fest an Grenzen, sondern planen eine Spannbreite ein. Damit bleiben wir beweglich und können flexibel auf den Markt reagieren“, so Grambow.
Jede fünfte neue Wohnung in Neu Wulmstorf muss zukünftig eine ,günstige‘ sein
„Einfach ausgedrückt, bedeutet die Regelung, dass künftig jede fünfte neue Wohnung in Neu Wulmstorf eine ,günstige‘ sein muss“, sagte Grambow. Die Höhe der Preisreduzierung richte sich dabei nach entsprechenden Festlegungen des Landkreises Harburg. So eine Regelung sei angesichts der explodierenden Mieten notwendig: „Wenn eine Kommune nicht selbst als Eigentümerin bauen kann, beispielsweise weil sie nicht über eigene Grundstücke verfügt, gibt es auf direktem Wege sehr wenig Einfluss darauf, dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, so der Vorsitzende des Bauausschusses. „In diesem Fall müssen entsprechende Regeln für Investoren beschlossen werden, wie es in Neu Wulmstorf jetzt vorgenommen wird.“
Erste Wohnungen mit einer Bruttokaltmiete ab 8,50 Euro gibt es bereits in Neu Wulmstorf
Bis dato gibt es in der Gemeinde keine festgeschriebene Quote für die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum bei Neubauprojekten. Zwar sind bereits erste Wohnungen mit einer für Neu Wulmstorf preisgünstigen Bruttokaltmiete ab 8,50 Euro pro Quadratmeter entstanden. Doch deren Zahl reicht nicht aus, meint die SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Andersen: „Bezahlbarer Wohnraum für unsere Familien, Rentnerhaushalte oder junge Menschen ist eines unserer wichtigsten politischen Ziele vor Ort“, sagt sie. „Hier muss mehr getan werden.“
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Die SPD-Chefin setzt große Hoffnungen in den nun gefassten Beschluss: „Das ist ein großer Meilenstein für den Wohnungsbau in der Gemeinde Neu Wulmstorf. So finden beispielsweise auch junge Menschen, die hierbleiben wollen, ein bezahlbares zu Hause“, so Andersen. Kritik für den Beschluss kam von der Opposition: „Mir persönlich ist das viel zu wenig“, sagt Tilo Wilkens von den Grünen.
Gut für Investoren: Neu Wulmstorf kommt ihnen mit der neuen Quote entgegen
Malte Kanebley (Gruppe CDU/FDP) begrüßte dagegen die beschlossene flexible Spanne, um Investitionen in den Wohnungsbau nicht zu erschweren. „Das würde geschehen, wenn mindestens 20 Prozent der Neubauwohnungen als Sozialwohnungen außerhalb des Marktes stattfinden würden. Wir brauchen aber vor allem auch Wohnungen für Menschen, die arbeiten und sich das Wohnen in Neu Wulmstorf trotzdem nicht leisten können“, so Kanebley.
Ein Blick auf Hamburg zeigt, dass Neu Wulmstorf mit der nun beschlossenen Quote den Investoren entgegenkommt: In der Hansestadt soll sogar jede dritte neugebaute Wohnung eine Sozialwohnung sein. Hamburgs Vorgabe, 30 Prozent des Neubaus als geförderten Mietwohnungsbau zu realisieren, ist als „Drittelmix“ bekannt. Doch schon im vergangenen Jahr wurden in der Hansestadt aufgrund enorm angestiegener Baukosten und der hohen Zinsen deutlich weniger Sozialwohnungen bewilligt als vom Senat geplant. Der Trend setzt sich in diesem Jahr fort.