Hamburg. Benjamin Karras, Geschäftsführer der Hamburgischen Notarkammer, weiß, worauf Käufer und Verkäufer unbedingt achten müssen. Seine Tipps.
Man sollte ja meinen, die größte Herausforderung für angehende Eigenheimbesitzer in Hamburg ist es, überhaupt eine passende Immobilie zu finden. Doch weit gefehlt. Denn auch der Kauf an sich ist ein hochkomplexer Prozess, in dem „Fallstricke“ lauern. So sagt es jedenfalls der Geschäftsführer der Hamburgischen Notarkammer, Benjamin Karras. Er hat die aus seiner Sicht sieben häufigsten exklusiv für die Leser dieser Kolumne zusammengetragen. Sein Appell: Wer sich Ärger beim Kauf oder Verkauf einer Immobilie ersparen will, sollte frühzeitig Kontakt zu einem Notar aufnehmen und sich beraten lassen.
Einer der größten Fehler ist demnach eine unrealistische Zeitplanung. „Viele Käufer haben falsche Vorstellungen davon, wie lange der gesamte Prozess dauert“, sagt Karras. Zwar werden Kaufvertragsentwürfe meist auch kurzfristig erstellt, doch könne es bei der Terminfindung für die notarielle Beurkundung stocken. Wird direkt vom Bauträger gekauft, gibt es zudem eine gesetzliche Wartefrist von zwei Wochen zwischen Übersendung des Vertragsentwurfs und Beurkundung, damit der Käufer genug Zeit hat, den Vertrag zu prüfen.
Immobilie Hamburg: Wer ein Haus kauft, braucht laut Experte der Notarkammer Geduld
Doch vor allem nach Abschluss des Kaufvertrages ist Geduld gefragt. „Die Grundbuchämter müssen beispielsweise eine Auflassungsvormerkung eintragen, die den Rechtserwerb durch die Käufer absichert“, sagt Karras. In Hamburg könne dieser Vorgang mehrere Wochen in Anspruch nehmen.
Darüber hinaus muss die Stadt oft noch auf ein Vorkaufsrecht verzichten oder bestätigen, dass kein solches besteht – darauf müssen ebenfalls alle Beteiligten warten. Und, was viele auch unterschätzen: Wenn noch Grundschulden des Verkäufers gelöscht werden müssen, könne dies je nach Bank Wochen, in Einzelfällen sogar mehrere Monate dauern.
Fallstrick beim Kauf einer Immobilie in Hamburg: „Frühjahrsputz“ im Grundbuch versäumen
Hier schließt sich Fallstrick Nummer zwei an: den „Frühjahrsputz“ im Grundbuch versäumen, wie Karras es formuliert. Heißt: Ist noch ein Darlehen offen, sollte der Verkäufer frühzeitig seine Bank kontaktieren, um die Abläufe für die Ablösung zu klären. Das gilt ebenso, wenn im Grundbuch noch Grundschulden eingetragen sind, obwohl das Darlehen längst getilgt wurde.
Wurde die Immobilie von den Eltern geschenkt und soll weiterverkauft werden, können zudem Rechte wie Nießbrauch oder Wohnungsrecht noch im Grundbuch stehen. Das muss vor Verkauf gelöscht werden – oder zumindest klar sein, dass eine Löschung möglich ist. Auch etwaige Vorkaufsrechte oder Vormerkungen dürfen nicht mehr im Grundbuch stehen.
Tipp der Hamburgischen Notarkammer: Vor Kauf einer Immobilie rechtzeitig die Bank kontaktieren
Ein weiterer Fallstrick, der erstaunlicherweise selbst im teuren Hamburg laut Karras oft unterschätzt wird: wie komplex eine Bankfinanzierung sein kann. „Viele Immobilienkäufer sind sich nicht bewusst, wie aufwendig es mittlerweile ist, eine Bankfinanzierung zu vereinbaren“, sagt der Geschäftsführer der Notarkammer. Er empfiehlt, bereits bei einem abstrakten Kaufwunsch den Kreditrahmen abzustimmen und die nötigen Unterlagen zu beschaffen. Gleichzeitig dürfe ein Darlehen nicht zu früh zur Verfügung stehen, da sonst Bereitstellungszinsen drohen.
Ein weiterer Aspekt betrifft die spezielle Eigentümerstruktur in Hamburg: Laut Karras sind hier viele Ehepaare als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im Grundbuch eingetragen. Das empfiehlt sich, wenn die Käufer unterschiedlich viel Eigenkapital einbringen oder variable Tilgungsanteile möglich sein sollen. Seit diesem Jahr gilt jedoch, dass eine GbR vor einem Verkauf im Gesellschaftsregister eingetragen sein muss – auch dafür braucht es einen Notar.
Appell des Experten: Vorsicht vor Scheingeschäften beim Kauf einer Immobilie in Hamburg
Eindringlich warnt Karras auch davor, Scheingeschäfte abzuschließen. „Der beurkundete Kaufvertrag muss alle wesentlichen Vertragsregelungen enthalten“, sagt er. „Dies bedeutet nicht nur korrekte Angaben im Vertrag selbst, sondern auch das Verbot zusätzlicher Vereinbarungen außerhalb der Urkunde.“
Vor allem dürfe man nicht der Versuchung nachgeben, einen niedrigeren Kaufpreis im Vertrag anzugeben, als tatsächlich vereinbart wurde, um Kaufnebenkosten zu sparen. Dies könne nicht nur zum Verlust eigener Rechte führen, sondern auch als (versuchte) Steuerhinterziehung gewertet werden.
Immobilie Hamburg: Wohnung oder Haus am besten vom Gutachter prüfen lassen
Doch Benjamin Karras gibt Käufern auch Tipps für die Wahl der Immobilie. Diese sollte man stets gründlich prüfen lassen, insbesondere bei älteren Objekten, gegebenenfalls mit Hilfe eines Gutachters. „Notarielle Kaufverträge zwischen Privatpersonen werden häufig nach dem Prinzip ,gekauft wie gesehen’ geschlossen, was Gewährleistungsansprüche des Käufers einschränkt“, sagt er. „Daher erfolgt der Kauf auf Risiko der Käufer.“
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Vor dem Kauf einer Wohnung oder eines Hauses in einer Eigentümergemeinschaft sollten zudem die Versammlungsprotokolle eingesehen werden – mindestens für die vergangenen drei Jahre. Diese geben laut Karras Aufschluss darüber, ob umfassende Arbeiten anstehen oder ob ein Sanierungsstau besteht. Hier könne man auch sehen, ob ein Miteigentümer „schwierig“ ist. Schwierigkeiten beim Kauf einer Immobilie lassen sich, wie man sieht, meist ausräumen. Probleme mit einem potenziellen Nachbarn könnten einem das Leben dagegen so richtig schwer machen.