Hamburg. Die 367 Wohnungen werden mit einer ganz speziellen Art des herkömmlichen Baustoffs errichtet. Wo dieser herkommt und was er Gutes kann.
- Für die Eidelstedter Höfe in Hamburg werden Fertigteile aus Beton aus Soltau verwendet.
- Der Baustoff ist „klimapositiv“, bindet also CO2 statt welches freizusetzen.
- Dafür strebt der Bauherr Ditting eine Zertifizierung in Gold für nachhaltiges Bauen an.
Ja, er ist grau. Unverkennbar. Beton sieht nun mal aus wie Beton, auch wenn dieser doch eigentlich grün ist. Also im Kern. Das kann man von außen nicht erkennen, aber nachvollziehen. Wenn man sich die Herstellung ansieht.
„Graue Energie“, der Begriff klingt schon schädlich, und was damit gemeint ist, ist es auch. Es geht um die Energiemenge, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes aufgewendet werden muss. Sprechen wir von Gebäuden, handelt es sich um die gebündelte Energie, die in jedem Bauteil, vom Fundament bis zur Dachpfanne, steckt – und damit um die CO₂-Belastung durch die Baubranche.
Wohnen in Hamburg: Beton für Eidelstedter Höfe wird erstmals auf einer Großbaustelle eingesetzt
Richtig schön schädlich ist dabei die Herstellung des in jeder Hinsicht grauen Betons. Die Produktion dieses Baustoffes macht angeblich rund acht Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen aus. Dass sich hier etwas ändern muss, dieses Bewusstsein ist nicht neu. Grüner Beton allerdings schon. Dieser stammt aus Soltau, von der ersten Firma in Deutschland, die den wichtigen Baustoff „klimapositiv“ herstellt. Heißt: Bei der Produktion wird mehr CO₂ eingespart als freigesetzt.
Es werden also quasi Emissionen geschluckt, passend dazu heißt das Unternehmen Bton, mit verschlucktem e. So wie diesen Vokal sparen wir uns an dieser Stelle die Feinheiten der Beton-Fertigung und halten schlicht fest: „Je mehr Beton produziert wird, desto weniger Treibhausgas ist im Umlauf.“ So sagt es jedenfalls Thomas Sievers, Entwickler und Mitgründer von Bton. Und noch eine Besonderheit: Die Firma liefert keinen Flüssigbeton, sondern Fertigteile wie Fassaden, Wand- und Deckenelemente. Damit können Gebäude nicht nur weniger schädlich, sondern auch sehr viel schneller gebaut werden.
Immobilien Hamburg: 367 Wohnungen baut die Firma Ditting in den Eidelstedter Höfen
Herzlichen Glückwunsch also nach Soltau. Und was hat das mit Hamburg zu tun? Hier wurde der klimaschonende Fertigbeton erstmals auf einer Großbaustelle verwendet, und zwar in Eidelstedt. Insgesamt 367 Wohnungen entstehen in dem Quartier an der Holsteiner Chaussee Ecke Eidelstedter Dorfstraße. Die 225 Wohnungen des ersten Bauabschnitts sind bereits fertig und vermietet, für den zweiten Abschnitt wurde jetzt gerade Richtfest gefeiert – und das nicht ohne Stolz. Denn durch die Fertigbetonteile kann das Bauunternehmen Richard Ditting nicht nur eine Etage in zwei Tagen hochziehen, sondern nach eigenen Angaben auch rund 70 Prozent CO₂ gegenüber herkömmlicher Verfahren einsparen.
Man wolle nicht auf Gesetze warten, sondern freiwillig vorangehen und solch innovative Technologien zur gängigen Praxis auf den eigenen Baustellen machen, heißt es von dem geschäftsführenden Gesellschafter Nikolaus Ditting. Und so hat das Unternehmen mit Sitz in Hamburg und Rendsburg selbstverständlich auch einen Nachhaltigkeitsmanager, der das Projekt, das kommenden Sommer fertig sein soll, mitentwickelt hat.
Immobilien Hamburg: So nachhaltig ist das neue Quartier in Eidelstedt geplant
Einziehen sollen in die Eidelstedter Höfe, deren Bauherren das Immo-Unternehmen Quantum und die städtische Saga sind, denn auch nicht nur Wohnungsmieter. Auch Vögel, Insekten und Fledermäuse sollen hier ein Zuhause finden. Auf den Freiflächen zwischen dem grünen Beton, bei denen man „für eine Minimierung der Versiegelung gesorgt“ habe, wachsen bereits einheimische Pflanzen und Gehölze, es gibt Bereiche mit Totholz-Stapeln und Wasserstellen, an den Gebäuden wurden Nistkästen angebracht, und die Ditting-Azubis haben Insektenhotels gebaut.
Zwischen den Wohnungen, Büros, Arztpraxen, Geschäften und der Kita soll es also schwirren und summen und blühen. Und am besten auch noch glänzen, und zwar in Gold. Die entsprechende Zertifizierung möchte Ditting nämlich für das Quartier bekommen, und zwar von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB). Dafür erhalten die KfW-Effizienzhäuser grüne Dächer, nachhaltige Dämmstoffe, wassersparende Technik und ein Blockheizkraftwerk, dazu gibt es E-Ladestationen, Carsharing-Plätze und eine Reparaturstation für Fahrräder.
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Für Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein ist das „Nachhaltigkeit im besten Sinne“. Schließlich muss Hamburg weiter neue Wohnungen bauen und gleichzeitig den CO₂-Verbrauch drastisch senken. Mit Grau allein kommt man da eben nicht weiter.