Hamburg. Essen vorbeibringen ist in Hamburg nichts Neues. Doch dieser Lieferservice hat ein ganz eigenes Konzept – mit riesiger Auswahl.
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Auch dann, wenn beim gemeinsamen Fußballgucken die einen in der Runde lieber Bowls, die anderen aber unbedingt Burger bestellen wollen. Die leidige Diskussion der Hungrigen vor dem Fernseher oder in der Firma will ein Hamburger Start-up nun beenden – und bietet frisch gekochtes Essen für alle an.
Mit ganz verschiedenen Gerichten, die jede Vorliebe bedienen, will der LieferserviceCircus den wachsenden Markt der Essensbringdienste erobern. Denn egal, ob Käsespätzle mit Röstzwiebeln, Kaiserschmarrn, Falafel oder Nudelsalat. Circus kocht mit mehr als 100 Gerichten (fast) alles, setzt dabei allerdings vornehmlich auf gesunde Kost – und liefert (fast) alles sogar selber aus.
Lieferservice Hamburg: Start-up bringt Gerichte von Sternekoch
Die Firma mit Sitz in der HafenCity hat gerade ihre dritte Küche in Hamburg eröffnet – im Süden Barmbeks. An der Kochbar stehen Zutaten wie Kräuter, Gemüse oder Käse in Schalen bereit, in einem Regal darüber Packungen und Deckel. Einige Köche füllen die Schalen mit Nudeln, Tomaten und Oliven, auf einem Tablet, das vor ihren Köpfen von der Decke hängt, tauchen die Bestellungen und die Rezepte für die Gerichte auf.
Die Expansionsmanagerin Tiana Stute erklärt die Abläufe in der 200 Quadratmeter großen Manufaktur mit Kühlräumen, Lager und Abstellbereichen für die Liefer-E-Bikes: Es wird alles frisch zubereitet, und alle Prozesse sind digitalisiert. Allein 20 Technik-Experten arbeiteten für das Unternehmen, das die durchgehende Digitalisierung als Kern seiner Kompetenz und Skalierbarkeit sehe, sagt die 29-Jährige.
Lieferservice wurde von Sternekoch Fabio Haebel mitgegründet
Gegründet wurde Circus mitten in der Pandemie. Nikolas Bullwinkel und kein Geringerer als Fabio Haebel saßen 2021 zusammen und grübelten über die Misere für die Restaurants, die wegen der Zwangsschließungen keine Gäste mehr empfangen durften.
Mit den beiden Männern hatten sich zwei Unternehmer mit ganz unterschiedlichen Neigungen und Talenten getroffen, die später in Circus zusammenfließen sollten: Nikolas Bullwinkel hat den Lieferservice Flink mitgegründet, Fabio Haebel gilt als Trendsetter für Hamburgs Szene-Stadtteil St. Pauli und zählt zu den erfolgreichsten Gastronomen Deutschlands.
Haebel hat gerade seinen ersten Michelin-Stern in seinem gleichnamigen Restaurant bekommen, war aber während Corona, wie viele seiner Kollegen, beunruhigt über die Lage seiner Branche. Doch jede Krise birgt auch Chancen, erkannten die beiden Hamburger – und tüftelten den Businessplan für Circus aus.
Fabio Haebel gehört heute nach wie vor zum Management-Team bei Circus, er verantwortet das Kundenerlebnis und entwickelt regelmäßig neue Rezepte für die Currys oder Bowls. Bullwinkel ist Geschäftsführer und lässt seine Erfahrungen aus der Branche der Bringdienste einfließen. Dazu kommt Co-Gründer und Marketingchef Carsten Wille, der auch hinter dem Münchner Start-up Etepetete steht, die Bioboxen versenden.
Hamburger Lieferservice hat 12,5 Millionen Euro eingesammelt
Bei Investoren kommt die Idee gut an: Bislang hat Circus 12,5 Millionen Euro eingesammelt. Zu den Geldgebern gehören etwa BlackMars Capital und 2bX sowie Business Angels wie Lea-Sophie Cramer und Verena Pausder.
Inzwischen hat die Firma rund 200 Mitarbeiter und liefert an guten Tagen Tausende Gerichte aus, die Kunden über die App bestellen können. „Wir beliefern besonders oft Gruppen“, sagt Tiana Stute. Das sind Freunde, Familien oder Firmen.
Der Vorteil der großen Auswahl für die Kunden schlägt sich bei Circus in größeren Bestellsummen nieder. Das bedeutet relativ gesehen niedrigere Lieferkosten. Eigene Fahrer mit E-Bikes, aber auch Wolt, Lieferando und Uber Eats bringen die Speisen an die Haustür.
Von Groß Flottbek bis Hamm: Liefergebiete von Circus in Hamburg wachsen
In Hamburg reichen die Liefergebiete im Westen von Groß Flottbek bis zur Sternschanze, im Norden umfasst das Areal noch Eppendorf, im Osten bringt Circus seine Gerichte bis nach Hamm. Die Speisen starten ab gut 3 Euro, Hauptgerichte ab 5,99 Euro, dazu kommt eine Liefergebühr von 2,50 Euro.
„Damit sind wir meist günstiger als viele andere“, sagt Tiana Stute, wobei sie das Wort „Konkurrent“ vermeidet. „Konkurrenz ist für uns eigentlich nur die Küche der Kunden“, sagt die Genießerin, die besonders gerne asiatisch und Orientspezialitäten isst.
Tiana Stute hat bisher in den USA gelebt, ist erst vor Kurzem nach Berlin gezogen und vor einigen Wochen dann weiter nach Hamburg. Sie kennt die Branche wie kaum sonst jemand. Ähnliche Konzepte gebe es kaum, sagt die studierte Neurowissenschaftlerin, höchstens in Amerika und Asien. In Deutschland gebe es nur sehr wenige ähnliche Neueinsteiger in dem Markt.
Branche der Lieferdienste wie Flink, Gorillas oder Picnic in Bewegung
Natürlich schießen die Bringservices wie die Pilze aus dem Boden. Etliche andere Unternehmen liefern Essen – oder Lebensmittel. Flink, Gorillas oder seit Neuestem Picnic erobern diese Marktnische, die sich besonders während der Pandemie sprunghaft entwickelt hat. Die Firmen gewannen Millionen Kunden, als die Menschen ihr Zuhause kaum verlassen durften.
Jetzt ist die Zeit gekommen, in der sich die Branche wegen teils mangelnder Wirtschaftlichkeit konsolidiert. Übernahmen von Marken wie Delivery Hero oder Gorillas und der Rückzug aus etlichen Märkten ist für Lieferdienste an der Tagesordnung. Einige Start-ups verfolgen aber auch ehrgeizige Wachstumspläne.
Gerade ist etwa Picnic in Hamburg gestartet, ein Online-Supermarkt. Damit leitet Picnic zudem die bundesweite Expansion ein.
Hamburger Lieferservice Circus expandiert in Köln
Circus ist ebenfalls mit großem Engagement dabei, seine Idee zu vervielfachen. Gerade hat in Köln eine weitere Küche der Hamburger eröffnet. „Und zwar sehr erfolgreich“, freut sich Tiana Stute. Das Ziel des Start-ups ist ehrgeizig: in etlichen Städten präsent zu sein – besonders in den Studentenhochburgen Deutschlands.
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Das Problem des gerade in der Gastronomie herrschenden Fachkräftemangels löst Circus auf seine eigene Art: Silver Eghosa Owieoghagbon beispielsweise, einer der Köche, ist wie viele der Mitarbeiter Quereinsteiger.
Lieferservice Hamburg: Daher kommt der Name „Circus“
Das Team setzt sich zudem aus etlichen Nationalitäten zusammen. Viele Frauen und Männer haben früher etwas völlig anderes gemacht, die Rezepte auf den Tablets erleichtern ihnen die Arbeit.
Vielfalt steht bei dem Start-up also nicht nur auf dem Speiseplan, sondern ist auch Teil der Firmenphilosophie. Nach der Idee des Spielerischen, Offenen, ist das Unternehmen auch benannt worden, sagt Tiana Stute: „Daher der Name ,Circus‘“.