Hamburg. Sechs der Straßenmöbel gibt es in Eimsbüttel – die einen mögen sie, andere ärgern sich darüber. Wo weitere Holzdecks hinkommen sollen.
Sitzen statt parken und klönen zwischen Autos:Seit Beginn des Versuchs Ende 2021, den Straßenraum durch Parklets mehr für Menschen und weniger für Autos zu gestalten, wurden gerade einmal sechs Parklets in Hamburg-Eimsbüttel installiert – weitere sollen in diesem Jahr aber noch hinzukommen.
Eimsbüttel: Trostlosigkeit pur – Parklets setzen Moos an und verrotten
Trostlosigkeit pur: Das Parklet an der Grelckstraße in Lokstedt macht keinen guten Eindruck. Das Holz der Sitzmöbel hat Moos angesetzt und schimmert grün, die Pflanzen in den Kästen sind verwelkt. Ein Gedanke, der einem sofort kommt: Die überdachte Kiste mit dem Sand eignet sich gut als Katzenklo.
Koorosh Armi, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion Eimsbüttel, hält nicht viel von den Parklets: „Auch vor dem Hintergrund, dass Parklets ganzjährig stehen bleiben und somit ohnehin knappe Freiflächen belegen, aber fast ausschließlich in den Sommermonaten genutzt werden, spricht nicht gerade für das Konzept.“
Für Anwohnerinnen und Anwohner sowie Nachbarschaftsinitiativen in Eimsbüttel gibt es seit mehr als zwei Jahren die Möglichkeit, einen Antrag auf Sondernutzung für ein Parklet – häufig ein Holzdeck mit Bepflanzungen und Sitzgelegenheiten – auf einen oder zwei Autoparkplätzen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu stellen.
„Für Autofahrer sind Parklets eine Provokation, weil sie den Parkdruck erhöhen“
Die einen erhoffen sich davon die große Mobilitätswende, die anderen fühlen sich davon provoziert, weil die zwölf bis 24 Quadratmeter großen Bauten weitere Parkplätze vernichten, ausgerechnet in dicht besiedelten Stadtteilen, in denen seit Jahren der Abbau von Parkplätzen zu beobachten ist – zuletzt in Hoheluft-West, wo sieben weitere Stellplätze wegfallen.
„Für Autofahrer sind Parklets häufig eine Provokation, weil sie den Parkdruck weiter erhöhen“, sagt Christian Hieff, Sprecher des ADAC Hansa. Parklets seien reine Symbolpolitik und ein Zeichen dafür, dass der Verkehrsraum neu gedacht wird. Bei der Neuverteilung des Verkehrsraums müssten Autofahrer immer öfter ein Stück vom Kuchen zugunsten des Rad- und Fußverkehrs abgeben. Parkplätze werden abgebaut.
Hieff sieht die Parklets kritisch: „Es sollen Begegnungsflächen sein, wir haben dafür aber Parks und Cafés. Es ist ja nicht so, dass die Hamburger sich ohne Parklets nicht draußen treffen könnten.“ Seiner Beobachtung nach würden die Parklets kaum genutzt. „Sie verbessern nicht wirklich die Aufenthaltsqualität.“
Eimsbüttel: Wo es bereits sechs Parklets gibt und wo weitere vier hinzukommen
Gleichzeitig appelliert er an Autofahrer, sich darüber nicht aufzuregen. Denn: „Hamburg verliert viele Parkplatzflächen: Parklets spielen dabei aber im Gesamtkonzept keine Rolle. Viel dramatischer wird die Situation durch das Wegfallen des Schrägparkens.“
Am Luruper Weg und in Teilen von Hoheluft-Ost und im Generalsviertel etwa dürfen die Fahrzeuge nicht mehr quer, sondern nur noch entlang der Fahrbahn stehen. Statt sich politisch für Parklets einzusetzen, so Hieffs Forderung, sollten lieber Quartiersgaragen geschaffen werden.
Im Bezirk Eimsbüttel gibt es laut Bezirksamt in folgenden Straßen Parklets:
- Eppendorfer Weg 169 in Hoheluft-West sei Januar 2020
- Bellealliancestraße in Eimsbüttel 40-42 seit März 2022
- Frohmestraße 33 seit Dezember 2022 im Zuge des RISE-Prozesses Schnelsen
- Julius-Vosseler-Straße 193 in Lokstedt seit August 2023
- An der Grelckstraße 11 gibt es seit November 2021 ein Parklet im Zuge des Forschungsprojekts klimafreundliches Lokstedt
- Parklet Frohmestraße im Zuge des RISE-Prozesses Schnelsen
- An der Faberstraße 21 in Eimsbüttel soll es seit November 2023 ein Parklet geben, das aber derzeit laut Recherche vor Ort abgebaut ist
Und in den folgenden vier Straßen in Eimsbüttel sollen neue Parklets hinzukommen:
- Lutterothstraße 8 ab April 2024
- Hellkamp 69 ab April 2024
- Bismarckstraße 98 in Hoheluft-West: Antrag läuft
- Weidenstieg 7–9: Antrag läuft
Aus den Sondermitteln der Bezirksversammlung wurden bislang 3000 Euro zur Förderung von Parklets ausgezahlt.
„Ob die Parklets an der Grelckstraße und an der Frohmestraße ein Erfolg sind, bezweifle ich. In Schnelsen sind die Parklets nicht wirklich attraktiv, zumal die Busse nur wenige Zentimeter entfernt vorbeifahren“, sagt Koorosh Armi von der SPD.
Bei gutem Wetter von Frühjahr bis Herbst würden Parklets rege genutzt
Sein Kollege Andreas Birnbaum von der CDU-Fraktion in der Eimsbütteler Bezirksversammlung bezweifelt dann auch, dass die Parklets tatsächlich angenommen werden: „Ich würde sagen nein, und es wurden ja auch relativ wenige beantragt. Und jetzt im Winter vergammelt alles.“
Bei gutem Wetter würden sie rege genutzt, vom Frühjahr bis in den späten Herbst, sagt dagegen Kathrin Warnecke, Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bezirksversammlung.
„Bei der Verteilung von Flächen geht es immer auch um Interessensausgleiche. Wir finden, dass diese Art der Nutzung und die Möglichkeit, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen und sich im öffentlichen Raum ohne Konsumzwang begegnen zu können, einen Zweck erfüllt, der den temporären Wegfall einzelner Parkstände durchaus rechtfertigt“, so Warnecke.
Eimsbüttel: Einfache Bänke aufzustellen, sei wesentlich unkomplizierter
Für Stefan Köttgen, der Parklet-Pionier sozusagen, der das Parklet am Eppendorfer Weg als Erster in Eimsbüttel beantragt hat und nun nach einer genehmigten Verlängerung ins dritte Jahr geht, hat sich die Mühe gelohnt: „Das Parklet wird toll angenommen, selbst jetzt im Winter.“
Woran er das festmacht? „Wir haben für die Raucher ein Glas dort stehen, das ich jeden zweiten Tag leeren muss“, sagt er und lacht. Im Sommer dagegen seien es viele Eltern mit Kindern, ältere und die Nachbarschaft, die sich dort treffe Zweimal im Jahr veranstaltet die Hausgemeinschaft dort ein Fest: im Sommer und zur Adventszeit.
Köttgen macht aber auch deutlich: „So ein Parklet bedeutet viel Aufwand, das kann eine Einzelperson nicht leisten.“ Dazu gehört unter anderem die Pflege der Pflanzen, der Bau des Parklets. „Selbst Autofahrer beschweren sich nicht. Und im Grunde fällt auch nur ein Parkplatz weg, weil man immer noch vor dem Parklet parken kann.“
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Koorosh Armi plädiert dennoch dafür, einfache Bänke aufzustellen. „Die sind viel unkomplizierter umzusetzen, aber bieten genauso gut die Gelegenheit, mit den Nachbarn ins Gespräch zu kommen oder sich einfach mal auszuruhen und die Seele baumeln zu lassen.“