Hamburg. Dauerhafte Sperrung, weniger Parkplätze – Straße in Eimsbüttel soll neu gestaltet werden. Manche sehen das Vorhaben sehr kritisch.
Die Rellinger Straße in Hamburg-Eimsbüttel soll schöner werden, so lautet das Versprechen der Politik. Weniger Autos, mehr Grün und mehr Lebensqualität – wie es auch in der Frohmestraße in Schnelsen geplant ist. Doch es gibt Anwohner, die sich von der Bezirkspolitik getäuscht fühlen und sich gegen eine Umgestaltung wehren.
Es hörte sich so gut an, als die ersten Ideen zur Umgestaltung der Rellinger Straße vorgestellt wurden. „Das waren schöne Visionen, die mehr Aufenthaltsqualität für Menschen versprachen“, sagt Anwohner Marcus Reisiger. „Nach anfänglicher positiver Offenheit sehe ich es mittlerweile kritisch.“
Eimsbüttel: Rellinger Straße soll für Autos teilweise gesperrt werden
Er fühlt sich getäuscht und befürchtet: „Die Umgestaltung mit Straßensperrung wird weitreichende Auswirkungen für alle Anwohner haben und massive Einschränkungen für diejenigen bedeuten, die ein Auto besitzen. Diese stehen in keinem Verhältnis zu dem angeblichen Zugewinn an Lebensqualität.“
Der 57-Jährige ist niemand, der sofort gegen alles ist. Er ist aber jemand, der sich kritisch mit Dingen auseinandersetzt.
Darum geht es: Die Rellinger Straße soll auf Höhe der gleichnamigen Grundschule (die „Relli“) so umgeplant werden, dass kein Durchfahrtsverkehr (ausgenommen Rettungsfahrzeuge) mehr möglich ist. Betroffen wäre ein rund 60 Meter langer Abschnitt zwischen Grädenerstraße und Spengelweg. In einem weiteren Schritt sollen die frei werdenden Flächen umgenutzt und die Straße zur Fahrrad-Bezirksroute umgeplant werden.
Eimsbüttel: Sicherer Schulweg, mehr Platz für Fahrradfahrer und Fußgänger
„Hintergrund ist zum einen die sichere Gestaltung des Schulweges. Zum anderen sollen die Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr und die Aufenthaltsqualität verbessert werden“, sagt Kay Becker, Sprecher des Bezirksamts Eimsbüttel.
Die Maßnahme solle dazu beitragen, den Durchgangsverkehr aus dem Quartier zwischen Rellinger Straße und Lappenbergsallee/Langenfelder Damm herauszuhalten. „Darüber hinaus sollen aktive Mobilität (Fuß- und Radverkehr) sowie Aufenthaltsmöglichkeiten, Treffpunkte und grüne Orte im Quartier als Bestandteil von Klimaschutz und Mobilitätswende gestärkt und geschaffen werden“, so Becker.
Rellinger Straße: Statt Parkplätze sollen „schöne Stadtplätze“ entstehen
In einem Antrag der Grünen und CDU von 2021 an die Bezirksversammlung heißt es: „Die Rellinger Straße ist eine bekannte Ausweichstrecke für die Kieler Straße/Fruchtallee sowie für Lappenbergsallee/Langenfelder Damm. Im südlichen Bereich sind jedoch die erweiterte Grundschule Rellinger Straße und in unmittelbarer Nähe eine Kita sowie ein Spielplatz angesiedelt.“
Darüber hinaus könnten, so steht es in dem Antrag, die bisher vornehmlich als Parkplatz genutzten Flächen im Bereich der Kreuzung Langenfelder Damm/Methfesselstraße/Sartoriusstraße „schöne Stadtplätze sein“.
Keine Hinweise, dass Rellinger Straße als Durchgangsstraße genutzt wird
Marcus Reisiger sieht das alles skeptisch. Es würden Behauptungen aufgestellt, die nicht stimmten. „Dass die Rellinger Straße eine Ausweichstraße für die Kieler Straße ist, entspricht nicht der Wahrheit. Es handelt sich um eine sehr ruhige Anliegerstraße. Die Autos fahren hier fast durchweg nur zwischen 10 km/h und 20 km/h.“
Und tatsächlich: „Wir als Verwaltung haben bisher keine Hinweise, dass die Rellinger Straße für den Kfz-Durchgangsverkehr genutzt wird“, so der Bezirksamtssprecher auf Nachfrage.
Eimsbütteler Eltern und Schulleitung für Verkehrsberuhigung
Der Anlass des Konzepts sei es jedoch, die bisher sehr engen Verhältnisse auf dem Gehweg vor dem Schulgebäude sowie die Hol- und Bringsituation (Stichwort Elterntaxi) für Schulkinder und die dortige Aufenthaltsqualität im Straßenraum zu verbessern. Der Impuls für die geplante Verkehrsberuhigung vor der Grundschule kam aus der Schule und von der Elternschaft.
Marcus Reisiger, dessen Sohn ebenfalls die „Relli“ besucht, sagt: „Die Schulwegsicherheit wird zum ‚Killerargument‘, gegen das niemand etwas sagen kann. Als Eltern eines jetzt Zehnjährigen, der diese Straße seit vielen Jahren täglich quert, haben wir den Weg nie als gefährlich empfunden. Beim Queren muss man allerdings schon heute auf die schnellen Radfahrer mindestens so achten wie auf die hier in aller Regel sehr rücksichtsvoll fahrenden Autofahrer.“
Rellinger Straße: Durch den Umbau fallen auch Parkplätze weg
Mit der Einrichtung einer Veloroute, so seine Sorge, werde es auch keine grünen Aufenthaltsflächen für Kinder geben, da die Veloroute entsprechend breit ausgebaut werden müsse. „Fußball spielende Kinder neben einer Fahrradroute machen wohl eher keinen Sinn“, so Reisiger.
Wie viele Parkplätze durch die Maßnahmen wegfallen, konnte das Bezirksamt Eimsbüttel auf Anfrage noch nicht sagen. Anwohner Marcus Reisiger schätzt, dass es um die 30 Stellplätze sein werden. „Auch im weiteren Umfeld wird sich kein Parkplatz mehr finden lassen. Das damals von Superbüttel in Aussicht gestellte Parkhaus an der Kieler Straße wird nicht entstehen.“
Kathrin Warnecke, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksversammlung Eimsbüttel, hält an den Umbauplänen für die Rellinger Straße fest: „Bei der Mobilitätswende geht es immer auch um die gerechte Verteilung der gerade im hochverdichteten Kerngebiet knappen Ressource Fläche.“
Eimsbüttel: CDU sieht Antrag zur Umgestaltung der Rellinger Straße kritisch
Der Flächenverbrauch des individuellen Kfz-Verkehrs sei dabei besonders hoch. „Wir finden es richtig, Freiräume für selbstbestimmte Mobilität auch und besonders von Kindern, die die vulnerabelste Gruppe der Verkehrsteilnehmenden darstellen, zu schaffen“, so die Grünen-Politikerin. Ob der gewonnene Freiraum entsiegelt und begrünt wird, stehe laut Warnecke noch nicht fest.
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Nach dem Bruch der grün-schwarzen Koalition in Eimsbüttel sieht die CDU den Antrag zur Umgestaltung der Rellinger Straße, den sie damals mitgetragen hat, inzwischen kritisch. Andreas Birnbaum von der Eimsbütteler CDU-Bezirksfraktion: „Bei diesem Projekt fehlte im Vorwege die breite Öffentlichkeitsbeteiligung. Wir sind nicht bereit, das weiter mitzutragen. Aus einer angekündigten Quartierstiefgarage als Ausgleich zu den wegfallenden Parkplätzen wird auch nichts.“
Eimsbüttel: Rellinger Straße – Anwohner können sich bei Ideenworkshop beteiligen
Die Situation sei kurios: Die Zahl der Kfz-Zulassungen in Eimsbüttel nehme zu, gleichzeitig sollen Parkplätze abgebaut werden. Das sei „ideologischer Irrsinn“.
„Vor der Relli soll es schöner werden – Ideen für neue Freiräume!“ – unter diesem Motto findet am Donnerstag, 15. Februar, ein Workshop im Theaterraum der Schule Rellinger Straße 13 statt. Ab 16.30 Uhr können Interessierte die Ideen von Kindern in einer Ausstellung ansehen. Die Workshop-Phase startet um 17 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht nötig.