Hamburg. Bezirk klärt Anwohner mit Handzetteln und Infoveranstaltung auf. Nach Protesten in Jenfeld geht Innenbehörde nun planvoller vor.

Die Hamburger Innenbehörde errichtet eine neue Notunterkunft für Flüchtlinge im Bezirk Eimsbüttel. Auf dem Parkplatz des Fachbereichs Informatik an der Ecke Vogt-Kölln-Straße/Wördemanns Weg (Stellingen) sollen Schlafplätze für 600 Flüchtlinge entstehen. Bis Anfang August sollen Container und Zelte für die Menschen, die vor Krieg und Armut nach Deutschland geflüchtet sind, aufgestellt werden.

Nach den heftigen Protesten in Jenfeld, wo Anwohner Helfer daran gehindert hatten, Zelte für Flüchtlinge auf einer Wiese aufzustellen, geht die Innenbehörde nun planvoller vor. Anwohner hatten sich dort vor zwei Wochen wegen fehlender Information überrumpelt gefühlt. Noch vor dem Einzug der Flüchtlinge in Stellingen sollen die Nachbarn nun umfassend aufgeklärt werden. Am heutigen Donnerstag werden Handzettel verteilt. Die Innenbehörde hat dafür eigens eine Agentur beauftragt, weil Mitarbeiter der Behörde sowie des Bezirksamts mit der Organisation rund um die Flüchtlingsunterbringung ausgelastet seien.

Im Bezirksamt hält man den Parkplatz für einen „sehr geeigneten Standort“. Rüdiger Rust, SPD-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Eimsbüttel, sagt: „Das ist eine befestigte Fläche, auf der eine Unterkunft schnell umzusetzen ist.“ In der Nachbarschaft sind Kitas, Schulen und die Diakonissenanstalt Alten Eichen. Der Fachbereich Informatik liegt inmitten eines Wohngebietes. Es werde nicht mit Widerstand gerechnet, hieß es im Bezirksamt.

Tausende bei Abendblatt-Spendenaktion

Die Hamburger gaben am Montag bis zum Abend Tausende Spenden ab
Die Hamburger gaben am Montag bis zum Abend Tausende Spenden ab © Michael Rauhe | Michael Rauhe
Die Schwestern Hannah (l.), 20, und Anne Jagusch, 18, kamen aus Volksdorf, um unter anderem Kleidung zu spenden
Die Schwestern Hannah (l.), 20, und Anne Jagusch, 18, kamen aus Volksdorf, um unter anderem Kleidung zu spenden © Andreas Laible
Auch Abendblatt-Redakteur Daniel Herder half mit und hatte sichtlich Spaß dabei
Auch Abendblatt-Redakteur Daniel Herder half mit und hatte sichtlich Spaß dabei © Ralf Nehmzow
Auch Chefredakteur Lars Haider (Mitte) packte mit an
Auch Chefredakteur Lars Haider (Mitte) packte mit an © Ralf Nehmzow
Die ersten voll beladenen Lkw fuhren am Mittag vom Hamburger Abendblatt zur Flüchtlingshilfe der Luthergemeinde in Bahrenfeld
Die ersten voll beladenen Lkw fuhren am Mittag vom Hamburger Abendblatt zur Flüchtlingshilfe der Luthergemeinde in Bahrenfeld © Miguel Brusch
Die Luthergemeinde unterstützt unter anderem die Zentrale Erstaufnahme in der Schnackenburgallee
Die Luthergemeinde unterstützt unter anderem die Zentrale Erstaufnahme in der Schnackenburgallee © Miguel Brusch
Migranten vor einem Lagerraum der Flüchtlingshilfe in Bahrenfeld
Migranten vor einem Lagerraum der Flüchtlingshilfe in Bahrenfeld © HA/ | Miguel Brusch
Til Schweiger hatte im Vorfeld bei Facebook zur Teilnahme aufgerufen
Til Schweiger hatte im Vorfeld bei Facebook zur Teilnahme aufgerufen © Miguel Brusch
Die Spenden werden in Lkw geladen
Die Spenden werden in Lkw geladen © Miguel Brusch
Tüten voller Spenden wurden abgegeben
Tüten voller Spenden wurden abgegeben © Miguel Brusch
Die meisten Menschen spendeten Kleidung
Die meisten Menschen spendeten Kleidung © Miguel Brusch
Aber auch Koffer, Spielzeug und Kinderwagen brachten die Menschen vorbei
Aber auch Koffer, Spielzeug und Kinderwagen brachten die Menschen vorbei
Die Schlange reichte teilweise bis auf die Straße
Die Schlange reichte teilweise bis auf die Straße © HA/ | Miguel Brusch
Von 11 bis 19 Uhr sammelt das Hamburger Abendblatt Spenden für Flüchtlinge
Von 11 bis 19 Uhr sammelt das Hamburger Abendblatt Spenden für Flüchtlinge © HA | Miguel Brusch
Dringend benötigt werden Kleidung, Bettwäsche, Turnschuhe, Regenjacken und Regenschirme, Koffer, Kinderwagen, Fahrräder, Säuglingsnahrung, Fußbälle, Hygieneartikel und vieles mehr
Dringend benötigt werden Kleidung, Bettwäsche, Turnschuhe, Regenjacken und Regenschirme, Koffer, Kinderwagen, Fahrräder, Säuglingsnahrung, Fußbälle, Hygieneartikel und vieles mehr © HA | Miguel Brusch
Bürger, die solche Artikel spenden wollen, können diese in der Passage des neuen Redaktionsgebäudes am Großen Burstah 18–32 (zwischen Rathaus und Rödingsmarkt) abgeben
Bürger, die solche Artikel spenden wollen, können diese in der Passage des neuen Redaktionsgebäudes am Großen Burstah 18–32 (zwischen Rathaus und Rödingsmarkt) abgeben © HA | Miguel Brusch
Die Hilfsgüter sollen noch am selben Tag zu den Flüchtlingsinitiativen gebracht werden, die sich um die Bewohner der großen Zentralen Erstaufnahmen kümmern
Die Hilfsgüter sollen noch am selben Tag zu den Flüchtlingsinitiativen gebracht werden, die sich um die Bewohner der großen Zentralen Erstaufnahmen kümmern © HA | Miguel Brusch
Bereits vor dem offiziellen Start um 11 Uhr waren rund 80 Menschen gekommen
Bereits vor dem offiziellen Start um 11 Uhr waren rund 80 Menschen gekommen © HA | Miguel Brusch
Und wenig später ...
Und wenig später ... © Miguel Brusch
...bildeten sich schon lange Schlagen
...bildeten sich schon lange Schlagen © Miguel Brusch
Die Flüchtlingszahlen in Hamburg steigen immer weiter an
Die Flüchtlingszahlen in Hamburg steigen immer weiter an © Miguel Brusch
Zuletzt kamen bis zu 300 Flüchtlinge pro Tag in die Hansestadt
Zuletzt kamen bis zu 300 Flüchtlinge pro Tag in die Hansestadt © Miguel Brusch
Aufgrund der großen Spendenmenge wurden weitere Lager aufgemacht
Aufgrund der großen Spendenmenge wurden weitere Lager aufgemacht © HA | Miguel Brusch
Unzählige Kinderwagen und Fahrräder wurden abgegeben
Unzählige Kinderwagen und Fahrräder wurden abgegeben © HA | Miguel Brusch
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Auch Rüdiger Kuhn, CDU-Fraktionsvorsitzender in der Eimsbütteler Bezirksversammlung, erwartet keine größeren Anwohnerproteste. Weil die Fläche Teil des Universitätsgeländes ist, seien nur wenige Anwohner betroffen. Allerdings sagt er auch, dass die jetzt geplanten 600 Schlafplätze weit über das Maß hinausgingen, was er sich wünsche. „Das ist ein ziemliches Pfund und zeigt, wie groß der Druck auf die Stadt ist.“ Er mahnt zudem an, dass TSV Stellingen wie geplant an der Vogt-Kölln-Straße seine Sportfläche erhält. „Solange das gewährleistet ist, ist das eine gangbare Möglichkeit.“

Dass wenig Protest erwartet wird, mag auch daran liegen, dass Innen­behörde und Bezirksamt am 29. Juli um 18 Uhr im Haus der Jugend (Sportplatzring 71) auf einer Informationsveranstaltung über die Unterbringung berichten werden. So wird etwa Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) die Pläne erläutern. „Ich stelle mich gern der Diskussion.“ Das Hauptargument, mit dem Anwohner von der Notwendigkeit der Maßnahmen überzeugt werden soll, ist simpel: Flüchtlinge sollen nicht ohne Dach über dem Kopf auf der Straße leben.

Dieses Argument fiel auch am Mittwochabend bei der Informationsveranstaltung über die Flüchtlingsunterkunft auf dem Park-and-ride-Platz Niendorfer Markt. Dort sind die Bedenken der Anwohner und Gewerbetreibenden allerdings größer, obwohl mit 112 Flüchtlingen sehr viel weniger Menschen untergebracht werden sollen. „Das ist ein hoch emotionaler Standort“, sagt CDU-Mann Kuhn. „Teilweise werden die Flüchtlinge fast unter den Balkonen der Anwohner leben.“ Er sieht diesen Standort als „absolute Notmaßnahme“. Wann die ersten Flüchtlinge einziehen, ist offen.

Marc Schemmel, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter aus Niendorf, hofft, dass es eine Alternative gibt. „Diese Fläche ist natürlich sehr wichtig für unser Zentrum und für Pendler.“ Und Zaklin Nastic von der Linksfraktion in Eimsbüttel sagt: „Bis heute gibt es vom Senat keinen klaren Plan zur Flüchtlingspolitik, das zeigt sich derzeit an der Flüchtlingsunterkunft am Niendorf Markt deutlich.“ Der Senat habe keine erkennbare Strategie zur Flüchtlingsunterbringung.

Der Senat hat zudem bekannt gegeben, dass der Schulkomplex an der Billwerder Straße (Lohbrügge) umgebaut wird, damit dort rund 80 Minderjährige, die ohne Eltern nach Hamburg geflüchtet sind, untergebracht werden können. Auch darüber werden die Anwohner informiert. Am 27. Juli, um 18 Uhr, können Interessierte in die Stadtteilschule Bergedorf (Ladenbeker Weg 13) kommen. Dort wird auch bekannt gegeben, dass an den Plänen, auf dem Gelände Wohnungsbau zu betreiben, langfristig festgehalten wird.

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