Hamburg. Bezirk klärt Anwohner mit Handzetteln und Infoveranstaltung auf. Nach Protesten in Jenfeld geht Innenbehörde nun planvoller vor.
Die Hamburger Innenbehörde errichtet eine neue Notunterkunft für Flüchtlinge im Bezirk Eimsbüttel. Auf dem Parkplatz des Fachbereichs Informatik an der Ecke Vogt-Kölln-Straße/Wördemanns Weg (Stellingen) sollen Schlafplätze für 600 Flüchtlinge entstehen. Bis Anfang August sollen Container und Zelte für die Menschen, die vor Krieg und Armut nach Deutschland geflüchtet sind, aufgestellt werden.
Nach den heftigen Protesten in Jenfeld, wo Anwohner Helfer daran gehindert hatten, Zelte für Flüchtlinge auf einer Wiese aufzustellen, geht die Innenbehörde nun planvoller vor. Anwohner hatten sich dort vor zwei Wochen wegen fehlender Information überrumpelt gefühlt. Noch vor dem Einzug der Flüchtlinge in Stellingen sollen die Nachbarn nun umfassend aufgeklärt werden. Am heutigen Donnerstag werden Handzettel verteilt. Die Innenbehörde hat dafür eigens eine Agentur beauftragt, weil Mitarbeiter der Behörde sowie des Bezirksamts mit der Organisation rund um die Flüchtlingsunterbringung ausgelastet seien.
Im Bezirksamt hält man den Parkplatz für einen „sehr geeigneten Standort“. Rüdiger Rust, SPD-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Eimsbüttel, sagt: „Das ist eine befestigte Fläche, auf der eine Unterkunft schnell umzusetzen ist.“ In der Nachbarschaft sind Kitas, Schulen und die Diakonissenanstalt Alten Eichen. Der Fachbereich Informatik liegt inmitten eines Wohngebietes. Es werde nicht mit Widerstand gerechnet, hieß es im Bezirksamt.
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Auch Rüdiger Kuhn, CDU-Fraktionsvorsitzender in der Eimsbütteler Bezirksversammlung, erwartet keine größeren Anwohnerproteste. Weil die Fläche Teil des Universitätsgeländes ist, seien nur wenige Anwohner betroffen. Allerdings sagt er auch, dass die jetzt geplanten 600 Schlafplätze weit über das Maß hinausgingen, was er sich wünsche. „Das ist ein ziemliches Pfund und zeigt, wie groß der Druck auf die Stadt ist.“ Er mahnt zudem an, dass TSV Stellingen wie geplant an der Vogt-Kölln-Straße seine Sportfläche erhält. „Solange das gewährleistet ist, ist das eine gangbare Möglichkeit.“
Dass wenig Protest erwartet wird, mag auch daran liegen, dass Innenbehörde und Bezirksamt am 29. Juli um 18 Uhr im Haus der Jugend (Sportplatzring 71) auf einer Informationsveranstaltung über die Unterbringung berichten werden. So wird etwa Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) die Pläne erläutern. „Ich stelle mich gern der Diskussion.“ Das Hauptargument, mit dem Anwohner von der Notwendigkeit der Maßnahmen überzeugt werden soll, ist simpel: Flüchtlinge sollen nicht ohne Dach über dem Kopf auf der Straße leben.
Dieses Argument fiel auch am Mittwochabend bei der Informationsveranstaltung über die Flüchtlingsunterkunft auf dem Park-and-ride-Platz Niendorfer Markt. Dort sind die Bedenken der Anwohner und Gewerbetreibenden allerdings größer, obwohl mit 112 Flüchtlingen sehr viel weniger Menschen untergebracht werden sollen. „Das ist ein hoch emotionaler Standort“, sagt CDU-Mann Kuhn. „Teilweise werden die Flüchtlinge fast unter den Balkonen der Anwohner leben.“ Er sieht diesen Standort als „absolute Notmaßnahme“. Wann die ersten Flüchtlinge einziehen, ist offen.
Marc Schemmel, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter aus Niendorf, hofft, dass es eine Alternative gibt. „Diese Fläche ist natürlich sehr wichtig für unser Zentrum und für Pendler.“ Und Zaklin Nastic von der Linksfraktion in Eimsbüttel sagt: „Bis heute gibt es vom Senat keinen klaren Plan zur Flüchtlingspolitik, das zeigt sich derzeit an der Flüchtlingsunterkunft am Niendorf Markt deutlich.“ Der Senat habe keine erkennbare Strategie zur Flüchtlingsunterbringung.
Der Senat hat zudem bekannt gegeben, dass der Schulkomplex an der Billwerder Straße (Lohbrügge) umgebaut wird, damit dort rund 80 Minderjährige, die ohne Eltern nach Hamburg geflüchtet sind, untergebracht werden können. Auch darüber werden die Anwohner informiert. Am 27. Juli, um 18 Uhr, können Interessierte in die Stadtteilschule Bergedorf (Ladenbeker Weg 13) kommen. Dort wird auch bekannt gegeben, dass an den Plänen, auf dem Gelände Wohnungsbau zu betreiben, langfristig festgehalten wird.
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