Hamburg. Der Bezirk will mit dem Planungsrecht doch noch die Flüchtlingsunterkunft in Harvestehude ermöglichen. Heute ist Info-Veranstaltung.

Das Tauziehen um die geplante Flüchtlingsunterkunft an der Sophienterrasse geht in die nächste Runde. Nachdem drei Nachbarn erfolgreich dagegen geklagt und vor Gericht im Januar einen Baustopp durchgesetzt hatten, will Bezirksamtleiter Torsten Sevecke jetzt den Bebauungsplan ändern lassen, um hier doch noch Wohnungen für Flüchtlinge errichten zu können. Das Flurstück 801, Standort des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes, soll im Bebauungsplan Harvestehude 15 als Fläche für den Gemeinbedarf festgesetzt werden. Den entsprechenden Entwurf stellte Sevecke dem Abendblatt jetzt vor.

„Mit diesem Schritt wollen wir planungsrechtliche Voraussetzungen für die Unterbringung von Flüchtlingen schaffen. Das geschützte Wohnen im übrigen Baublock werden wir nicht verändern“, so Sevecke beim Gang durch das Gebäude.

Die Umbaumaßnahmen sind zu einem Drittel fertiggestellt. 23 in sich abgeschlossene Wohnungen für rund 200 Flüchtlinge sollen hier entstehen – jeweils mit Sanitärräumen und einer Küche. „Anders als es das Gericht offenbar angenommen hat, wird das hier keine Gemeinschaftsunterbringung“, betont der Bezirksamtsleiter. „Geplant ist ganz normales Wohnen, was ja angeblich auch im Sinne der klagenden Anwohner ist. Sie wollen nur die Bewohnerschaft nicht.“

Umstrittene Flüchtlingsunterkunft: Die
Sophienterrasse in Harvestehude
Umstrittene Flüchtlingsunterkunft: Die Sophienterrasse in Harvestehude © Andreas Laible

Tatsächlich stammt der Baustufenplan für das Gebiet, das sich vom Klosterstern bis zum Dammtor-Bahnhof erstreckt, aus dem Jahr 1955 und beruht auf einer Baupolizeiverordnung von 1938. Das hatte das Hamburger Oberverwaltungsgericht, das sich nach einer Beschwerde des Bezirks mit dem Fall beschäftigt hatte, im Mai festgestellt und die Genehmigung einer Flüchtlingswohnanlage für unzulässig erklärt. Sevecke entschied, darauf mit einer „Modernisierung des Planrechts“ zu reagieren. „Andernfalls müssten wir vom dem Vorhaben absehen. Und das ist bei den aktuellen Flüchtlingszahlen absolut nicht denkbar“, so der Bezirksamtsleiter.

Im Übrigen seien auch die bisherige Nutzungen des Gebäudes, zunächst als Esso-Zentrale und dann als Kreiswehrersatzamt, gewerblicher Art gewesen und deutlich vom „besonders geschützten Wohngebiet“ abgewichen. Sie hätten eher zum NDR-Gelände auf der anderen Seite des Mittelwegs oder zur Tennisanlage Rotherbaum gepasst. „In beiden Fällen hat der Bezirk das Planrecht für die aktuelle Nutzung geändert“, so Sevecke. Jetzt stehe eben an, die planwidrige Gewerbenutzung der Fläche aus den 50er-Jahren in eine Nutzung für Gemeinbedarf zu ändern. „Wir brauchen ein aktuelles Baurecht, das die gesellschaftlichen Probleme von heute berücksichtigt.“

Hendrikje Blandow-Schlegel von der Flüchtlingshilfe Harvestehude begrüßt die Entscheidung des Bezirks, die Pläne für die Unterkunft weiter zu verfolgen. Dennoch sei es „schwer auszuhalten“, auf die Änderung des B-Plans zu warten. „Für die anderen Stadtteile und die Nachbarn dort, die nicht gegen eine Flüchtlingsunterkunft geklagt haben, ist das kaum nachzuvollziehen“, so die Rechtsanwältin.

Zunächst will der Bezirk den Bebauungsplan-Entwurf Harvestehude 15 am heutigen Dienstag der Öffentlichkeit vorstellen. Ab 17 Uhr kann das ehemalige Kreiswehrersatzamt besichtigt werden. Um 19.30 Uhr schließt sich eine Plandiskussion in der Aula des Wilhelm-Gymnasiums (Klosterstieg 17) an. Bereits eine halbe Stunde vorher können dort die Planungsunterlagen besichtigt werden.

Die Auswertung der Diskussion wird voraussichtlich am 1. September im Stadtplanungsausschuss stattfinden. Auf dieser Grundlage wird der Bebauungsplan-Entwurf dann seitens des Fachamtes für Stadt- und Landschaftsplanung des Bezirksamts Eimsbüttel überarbeitet und mit den Behörden und den Trägern öffentlicher Belange abgestimmt. Parallel dazu wird der B-Plan vier Wochen lang öffentlich ausgelegt, und Bürger können Anregungen und Stellungnahmen einreichen.

Sevecke rechnet damit, dass der Bezirk im ersten Quartal 2016 eine Baugenehmigung für das Flüchtlingswohnheim erteilen kann. „Die Änderung des Bebauungsplanes bedeutet keine Reduzierung des Rechtsschutzes“, betont er. „Gegen jeden unserer Schritte kann Widerspruch, Klage oder Berufung eingelegt werden.“ Er hofft jedoch, den Klägern durch das neue Planrecht den Wind aus den Segeln nehmen zu können.

„Wir werden das Planverfahren kritisch verfolgen und uns anschauen, was der Bezirk vorhat“, sagt Gero Tuttlewski aus der Kanzlei Klemm & Partner, die die Gegner der Unterkunft vertritt. „Aber wir sind weiterhin der Auffassung, dass eine Unterkunft in dieser Größe an dieser Stelle zu groß ist.“