Bergedorf. Die Zahl der Biber in den Vier- und Marschlanden wächst. Schäden werden selten gemeldet. Nur ein Tier machte jüngst Ärger
Ihre Zahl wächst seit rund zehn Jahren recht konstant: Biber mögen die Vier- und Marschlande. Dies ergaben Monitorings (wissenschaftliche Bestandserfassungen), die seit 2011 durchgeführt werden. Bis auf ein Revier in Wilhelmsburg, das zudem vermutlich inzwischen verlassen wurde, liegen alle Reviere im Bergedorfer Landgebiet. Die Biber-Experten der Loki-Schmidt-Stiftung wissen aktuell von sieben Revieren und mindestens drei weiteren Bereichen, in denen sich die streng geschützten Nager aufhalten.
Jungtiere werden im Naturschutzgebiet (NSG) Kirchwerder Wiesen vermutet. Ansonsten handelt es sich nach Auskunft von Frederik Landwehr (38), Biber-Experte der Loki-Schmidt-Stiftung, um Einzel- und Paar-Reviere. Nicht überall sind die Lagen der Burgen bekannt, einige Einzeltiere befänden sich derzeit auf der Suche nach einem geeigneten Revier. Im Naturschutzgebiet Borghorst lebt sogar ein Biber-Paar mit zwei Generationen an Jungtieren. „2020 gab es dort fünf Tiere – zwei Eltern, zwei Subadulte und einen Jungbiber“, sagt Landwehr.
2016 erstmals seit 200 Jahren wieder Biber in Hamburg geboren
In Borghorst war im Sommer 2016 das erste nachweisliche Biber-Baby in Hamburg seit rund 200 Jahren geboren worden. Die Aufnahmen mit Wildkameras, die die Loki-Schmidt-Stiftung aufgestellt hatte, galten damals als Sensation.
Weitere Gegenden, in denen inzwischen Biber gesichtet wurden, sind etwa das Kiebitzbrack in Neuengamme/Kirchwerder, die Dove-Elbe im Bereich der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die Billwerder Insel, die Gose-Elbe nahe dem NSG Die Reit sowie an der Regattastrecke, in Höhe Schleusengraben und in Höhe Reitbrooker Mühle (alles an der Dove-Elbe) und der Holzhafen (Billwerder Bucht).
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Fraßspuren aus dem vergangenen Winter entdeckt
Landwehr war gerade tagsüber in dem Einzelrevier an der Gose-Elbe unterwegs. Den Biber, der dort am Rand des Elbe-Seitenarms eine Burg errichtet hat, sah er nicht, dafür aber zahlreiche Spuren. Mehrere Baumstämme wurden von dem Tier angenagt, einige auch gefällt. „Die Spuren stammen vermutlich vom vergangenen Herbst und Winter. In dieser Zeit finden die Biber nichts anderes zu fressen“, sagt Landwehr.
Denn die Nager bevorzugen Schilf, Gras, Seerosen „und fast alles, was noch so am Ufer wächst“, sagt der Biber-Experte. Entsprechend fressen die Tiere auch Feldfrüchte und Blumen. „Wenn der Uferstreifen breit genug ist, gibt es aber kaum Konflikte.“ Untersuchungen hätten ergeben, dass die Fraßaktivitäten zu rund 90 Prozent in den ersten zehn Metern ab der Wasserkante vorkämen, weiß Landwehr. „Biber sind relativ lauffaul, bleiben lieber im Wasser.“
Nur selten werden Schäden durch Biber gemeldet
Bei den Biber-Spezialisten der Stiftung würden sich nur selten Landwirte oder Gärtner melden, um Schäden durch Biber mitzuteilen, berichtet der 38-Jährige. Häufiger seien es die weiter verbreiteten und zur Jagd freigegebenen Nutrias, die der grünen Branche Sorgen bereiten. „Die fressen nämlich das gleiche wie die Biber und zerstören ebenfalls gelegentlich Uferbereiche.“ Dies sei problematisch, wenn dort Wirtschaftswege verlaufen und Maschinen einbrechen können.
In einem Biberrevier in den Kirchwerder Wiesen, das erst seit vergangenem Winter bekannt ist, entdeckte ein ehrenamtlicher Biberrevierbetreuer der Stiftung, Wolfgang Ikert, einen Tunnel, den das Tier zwischen einem Teich und einem Hauptentwässerungsgraben gebuddelt hatte. Durch den etwa sechs Meter langen Tunnel schoss das Wasser aus dem Teich in den Graben, der Teich drohte auszulaufen.
Nach einem Ortstermin mit Biber-Experten, Umweltbehörde, Ent- und Bewässerungsverband und Bezirksamt wurde der Tunnel per Minibagger aufgegraben und mit Sand verfüllt. „Man kam zu dem Schluss, dass es für den Biber ein Nachteil ist, wenn der Teich ohne Wasser ist. Vermutlich hat das Tier das auch nicht erreichen wollen.“
Hartnäckiger Biber buddelt wiederholt einen Tunnel
Doch der Biber buddelte den Tunnel erneut, die Bagger-Aktion wurde wiederholt. Nachdem das hartnäckige Tier den Tunnel an gleicher Stelle ein drittes Mal gegraben hatte, griff man zu härteren Maßnahmen: Auf 50 Metern Länge wurde zwischen Teich und Graben ein etwa zwei Meter tiefer Schlitz gegraben. In den Schlitz steckten die Arbeiter Draht. Durch ihn kommt der Biber nicht durch.