Hamburg. Vor allem das ehemalige Karstadt-Gebäude beschäftigt die Bezirkspolitiker. Jetzt wollen sie Vorschläge für die City prüfen lassen.

Lange ist es her, dass in dem graubraunen Klotz im Sachsentor Leben war: 2020 schloss das große Karstadt-Haus in Bergedorf coronabedingt – und öffnete danach nie wieder. Während der ebenfalls geschlossene kleine Karstadt am Bergedorfer Markt recht schnell abgerissen wurde und einer hässlichen Dauer-Baugrube Platz machte, steht der große Karstadt nun schon seit Jahren leer – und sorgt so für hartnäckige Tristesse im Sachsentor. Das allerdings soll nicht so bleiben.

Bergedorfs Bezirkspolitik sucht nach Lösungen für die Zeit, bis hier wie geplant Neubauten entstehen. Und verabschiedete nun in der ersten Bezirksversammlung nach der Sommerpause zwei Anträge, die zumindest mittelfristig Besserung für die City bringen sollen. Zwischennutzung ist eines der Zauberwörter. Konkret geht es um eine Idee, die im Frühjahr in dem Parlament abgeblitzt war: Verkaufsbuden im Sachsentor. Doch es gibt weitere Pläne, um die City wiederzubeleben.

Kommen Verkaufsbuden vorm Bergedorfer Ex-Karstadt?

Bereits im März hatte Bergedorfs CDU die Idee der Verkaufsbuden nach dem Vorbild des Münchner Viktualienmarktes ins Spiel gebracht – war damit aber gescheitert. Die in Bergedorf inzwischen abgewählte Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte, schon im Wahlkampfmodus, kein gutes Haar an der Idee gefunden. Es gebe doch bereits ein professionelles Citymanagement für Bergedorf, so der Haupteinwand. Dem solle und könne jetzt nicht in die Parade gefahren werden.

Nun schlägt vor allem die SPD andere Töne an. Beim Thema Zwischennutzung hat sie sich mit der jetzt stärksten Bergedorfer Fraktion, der CDU, zusammengetan und einen gemeinsamen Antrag formuliert. Konkret gehe es darum, „einfach mal etwas auszuprobieren“, um an den „toten Karstadt-Punkten“ neues Leben zu schaffen, begründete Bernd Capeletti (CDU) den Antrag. „Wir wollen keine Konkurrenz für bestehende Geschäfte oder den Wochenmarkt“, stellte er klar. Aber seit dem Karstadt-Aus gebe es durchaus Lücken im Sortiment der City. „Es fehlen zum Beispiel Haushaltsgegenstände oder Kurzwaren.“ Kleinere Anbieter in Verkaufsbuden könnten den Standort Bergedorf so ohne hohe Mieten testen.

Grüne sorgen sich, dass Buden bestehenden Geschäften Konkurrenz machen

Hier sieht auch Burak Gündogan (SPD) den Vorteil des Tests. Zwischennutzungen könnten nicht nur helfen, die Flächen temporär zu beleben. Der Bezirk würde zudem „Erkenntnisse gewinnen“, die bei zukünftigen Konzepten helfen. Auch die Fraktion Die Linke ließ sich für die Idee begeistern – die Grünen hingegen nicht. Zwischennutzungen in Gebäuden seien sinnvoll, Verkaufsbuden eher nicht. Sehr wahrscheinlich würden sie bestehenden Händlern Konkurrenz machen. Beschlossen wurde der Antrag dennoch, bei Enthaltung der Grünen. Das Bezirksamt soll nun prüfen, welche Flächen zur Verfügung stehen und welche Waren hier angeboten werden könnten – in Abstimmung mit dem Stadtmanagement.

Einfach mal etwas auszuprobieren, darauf zielt auch ein weiterer Antrag von CDU und SPD ab. Denn Bergedorf möchte sich darauf besinnen, dass es hochkarätige Forschungseinrichtungen und innovative Unternehmen im Bezirk gibt, etwa bei den Themen Windkraft, Laserdruck, Lebensmittelerprobung oder Holzforschung. „Wir sollten in Bergedorf mutiger werden“, sagte Stephanie Pelch (CDU). Es könne, wie es beispielsweise die Stadt Lüneburg gemacht habe, „Reallabore“ geben: zeitlich begrenzte Experimente in der Innenstadt. Der Gedanke dahinter: „Einfach mal ausprobieren“, und wenn es nicht funktioniert, dann nicht.

SPD findet die Idee der Reallabore charmant

Handlungsbedarf gebe es genug, erinnerte Stephanie Pelch etwa an die unklare Zukunft des Hasse-Turms und damit der Zukunft des Tourismusbüros. „Warum nicht mal ein multifunktionales Tourismusbüro auf dem Bahnhofsvorplatz ausprobieren?“, regte sie an. Das könne auch gleich den Vorplatz aufwerten.

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Auch die SPD findet die Idee der Reallabore charmant. „Wir haben bereits in Bergedorf viele innovative Institutionen, deren Power und Ideenreichtum wir weiter kanalisieren und fördern sollten“, so Burak Gündogan. Die Grünen zeigten sich erneut skeptisch. Ob Reallabore eine sinnvolle Ergänzung in der City seien, erscheine zweifelhaft, so Jan Vlamynck, der sich das nur „vage“ vorstellen kann. Und: „Bringen Innovationsbetriebe und Forschungseinrichtungen hier das benötigte Geld mit, um sich entsprechend nachhaltig in der Innenstadt zu etablieren?“, fragt er sich. Womöglich werde es notwendig sein, die Innenstädte dauerhaft zu subventionieren, fürchtet er.

Wieder enthielten sich die Grünen bei der Abstimmung. Die Mehrheit stimmte aber für den Antrag, der das Bezirksamt nun auffordert, die „Rahmenbedingungen“ zu prüfen, ob es Fördermittel geben könne, beispielsweise. Die Ergebnisse sollen im Oktober im Wirtschaftsausschuss vorgestellt werden.