Bergedorf. Kosten unüberschaubar: Nach fünf Jahren Planung wird Projekt an der Randersweide aufgegeben. Eine Alternative gibt es nicht.

Hiobsbotschaft für die Bergedorfer: Der seit mehr als fünf Jahren geplante, viele Millionen Euro teure Neubau „Recyclinghof der Zukunft“ auf den Schilfflächen an der Krapphofschleuse ist gescheitert: „Baugrunduntersuchungen haben Unsicherheiten für eine erfolgreiche Realisierung zutage gefördert, die auch mit unkalkulierbaren Kostensteigerungen einhergehen würden“, bestätigt Kay Goetze, Sprecher der Hamburger Stadtreinigung auf Nachfrage.

Eine Entscheidung, die im Bezirksamt hohe Wellen schlagen dürfte, bleibt Bergedorf so doch beim Thema Recycling der mit Abstand am schlechtesten ausgerüstete Hamburger Bezirk. Das 4600 Quadratmeter große Areal am Kampweg gilt als deutlich zu klein für die 120.000 Kunden pro Jahr, was vor allem sonnabends zu Warteschlangen führt, die teils sogar bis auf den gut 100 Meter entfernten Nettelnburger Kreisel führen. Und der intensive Bergedorfer Wohnungsbau macht die Schlange stetig länger, den damit verbundenen Ärger immer größer.

Neubau von Bergedorfs „Recyclinghof der Zukunft“ ist gescheitert

Dicke Luft also, ahnt Kay Goetze, wenn die Stadtreinigung ihren Entschluss nun im Bergedorfer Rathaus erklären muss: Für die nächsten Tage sei „ein Informationsgespräch zwischen Bezirksamtsleitung und Geschäftsführung geplant, um die Gründe für diese Entscheidung umfassend zu erörtern“. Gut möglich nämlich, dass man hier noch nichts ahnt. Denn: „Ein bereits für Anfang Dezember anvisiertes Gespräch kam aus Termingründen leider nicht zustande.“

Bleibt offenbar wegen der im Untergrund schlummernden Risiken unberührt: Blick über die Schilffläche an der Randersweide, wo der neue Recyclinghof in Bergedorf entstehen sollte.
Bleibt offenbar wegen der im Untergrund schlummernden Risiken unberührt: Blick über die Schilffläche an der Randersweide, wo der neue Recyclinghof in Bergedorf entstehen sollte. © Wiebke Schwirten | Wiebke Schwirten

Was genau zum Abwinken der Stadtreinigung geführt hat, lässt der Sprecher offen. Nur soviel: Die Kostenexplosion in unabsehbarer Höhe stehe „für ein gebührenfinanziertes Unternehmen“ im Widerspruch zu seinem Auftrag, „nur wirtschaftlich vertretbare und auch baulich risikoarme Lösungen umzusetzen. Dieses ist am bisher geplanten Standort nach umfangreicher Recherche und Abwägung nicht mehr sichergestellt“.

Neubau sollte Fläche des Recyclinghofs verdoppeln und modernen Betriebshof umfassen

Geplant war, dass sowohl der Recyclinghof, als auch der gesamte Bergedorfer Betriebshof der Stadtreinigung auf die 2,5 Hektar große Fläche zwischen Randersweide, dem Deich am Schleusengraben und der Straße Schleusendamm umzieht. Denn auch der Betriebshof, der sich heute die Flächen hinter Honda Harke direkt gegenüber der Einfahrt des Recyclinghofs mit dem Management öffentlicher Raum des Bezirksamts teilt, braucht dringend mehr Platz. Am neuen Standort hätten beiden Bereichen der Stadtreinigung in etwa die doppelte Fläche zur Verfügung gestanden, wären sämtliche Anlagen neu gebaut worden.

Doch seit die Umzugspläne 2018 bekannt wurden, gab es immer wieder Überraschungen, die den Start des Neubaus auf der ehemaligen Spülfläche der Erdölbetriebe Reitbrook verzögerten. So unterstand das seit Jahrzehnten ungenutzte Areal wegen dieser Vornutzung zunächst noch der Bergbauaufsicht. Das machte eine Nutzungsänderung im Planrecht erforderlich, bevor ein Verkauf an die Stadtreinigung überhaupt erst möglich wurde.

Naturschutz, Baurecht, Altlasten – Rückblick auf fünf Jahre vergeblicher Planungsarbeit

Als das Anfang 2020 endlich gelungen war, stellte man fest, dass die Schilfflächen auf dem Areal mittlerweile zu einem Biotop geworden waren. Das verhinderte die neue Nutzung zwar nicht grundsätzlich. Aber bevor die Bagger anrücken durften, mussten nun erstmal Ausgleichsflächen gefunden werden. Immerhin: Im September 2021 war auch das erledigt und die Stadtreinigung stellte ihren „Recyclinghof der Zukunft“ im Stadtentwicklungsausschuss der Bergedorfer Bezirksversammlung der begeisterten Lokalpolitik vor.

Ein typischer Sonnabend: Vor dem Bergedorfer Recyclinghof am Kampweg stauen sich die Autos der Bürger bis zurück zum Nettelnburger Kreisverkehr vor Honda Harke.
Ein typischer Sonnabend: Vor dem Bergedorfer Recyclinghof am Kampweg stauen sich die Autos der Bürger bis zurück zum Nettelnburger Kreisverkehr vor Honda Harke. © Thomas Voigt | Thomas Voigt

Wer nun aber auf den schnellen Baustart hoffte, wurde wieder enttäuscht. Im Mai 2022 pochte die Hamburger Umweltbehörde darauf, den Neubau auf der ehemaligen Spülfläche auf die Vereinbarkeit mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz hin zu untersuchen. Wieder ging ein Jahr ins Land, bis im August 2023 dann plötzlich Arbeiter in Vollschutzanzügen auf dem Gelände auftauchten. Sie untersuchten den Boden, gruben lange Rohre aus und transportierten sie ab. Hintergrund: Wie jedes Spülfeld hatten die Erdölbetriebe Reitbrook auch dieses natürlich zum Spülen ihrer Förderleitungen genutzt, von denen einige hier auch liegenblieben.

Mehr zum Thema

Damals ging die Umweltbehörde auf Nachfrage des Linken Bürgerschaftsabgeordneten Stephan Jersch aus Lohbrügge noch davon aus, dass diese Altlasten den Bau des Recyclinghofs nicht verhinderten. Offenbar ein Trugschluss, wie das jetzt von der Stadtreinigung verkündete endgültige Aus für alle Planungen auf dem Gelände belegt.

Eine Alternative ist bisher nicht in Sicht, doch Sprecher Kay Goetze versucht sich in Optimismus: „Wir sind davon überzeugt, für die wachsende Stadt eine adäquate Lösung zu generieren.“ Das könnte nach seinen Worten auch ein Ausbau des bestehenden Standorts sein – wobei die Erweiterungsflächen dort sehr begrenzt sind. Sein Versprechen: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass Bergedorfs Bürger und auch unsere Mitarbeiter einen innovativen neuen Standort im Bezirk bekommen.“ Wie lange das noch dauert, mag er aber nicht voraussagen.