Hamburg. Hohe Energiekosten, wenig Personal, Schließtage – dennoch will das Unternehmen investieren. Welche Projekte geplant sind.

Im Besprechungsraum ist die Temperatur gedrosselt. Nicht nur die Wassertemperatur in den Bäderland-Bädern ist jeweils um ein Grad runterreguliert, auch in der Verwaltung wird Energie gespart.

Dirk Schumaier, seit fast elf Jahren Geschäftsführer von Bäderland, spricht vom dritten Krisenjahr in Folge, wenn er auf das Jahr 2022 zurückblickt. Und mit Blick auf das kommende Jahr sagt er: „Wir haben schon unbeschwerter unser Geschäft betrieben – wir gehen ja in das vierte Krisenjahr.“

Bäderland-Geschäftsführer: „Wir gehen ins vierte Krisenjahr“

Das Unternehmen hat die gleichen Probleme, Personal zu finden wie viele andere Branchen. „Wir hatten auch vor Corona Abgänge, aber es kamen damals immer wieder Leute nach“, sagt Schumaier. Die Mitarbeiter zu ersetzen, die während der Pandemie in Rente gingen oder aus anderen Gründen das Unternehmen verließen, sei schwierig geworden.

Und in den vergangenen Jahren habe es einen Mentalitätswechsel gegeben: „Viele wollen so wenig wie möglich arbeiten, die überwiegende Zahl der Bewerber hat den Wunsch nach Teilzeit. Wir stellen uns inzwischen darauf ein – früher hätten wir so ein Bewerbungsgespräch schnell beendet.“ Doch ohne den Bewerbern entgegenzukommen wäre die Personalrekrutierung noch viel schwieriger.

Viele Jobs seien Aushilfsjobs, obwohl Bäderland Vollzeitstellen anbiete, aber die Bewerber wollten einfach nicht mehr arbeiten, so Schumaiers Erfahrung. Das sei nicht ganz unpro­blematisch: „In den Bädern sind Teams, die in ihren Schichten gut abgestimmt miteinander arbeiten und die Abläufe genau kennen.“ Aushilfen seien da nicht immer einfach zu integrieren.

Bäderland-Betrieb erfordert Schichtdienst

Der Bäderbetrieb erfordere Schichtdienst – abends, an Wochenenden und an Feiertagen. Auch dazu seien viele Menschen nicht mehr bereit. „Es gibt eine deutlich veränderte Arbeitsmentalität. Ich glaube, dass diese Entwicklung noch eine Weile so weitergeht. Da stehen wir vor einer gesellschaftspolitischen Aufgabe“, sagt der Geschäftsführer, „denn der Beruf ermöglicht ja abwechslungsreiches, vielseitiges und flexibles Arbeiten. Dinge, die in einer neuen Arbeitswelt allesamt eigentlich stark nachgefragt sind und die wir hier mit unseren mehr als 20 Standorten und weitreichenden Öffnungszeiten auch bieten. Zudem haben die Krisen gezeigt, dass öffentliche Bäder – trotz Zwangsschließungen im Lockdown – sichere Arbeitgeber sind.“

Eine Folge davon sind reduzierte Öffnungszeiten: Von den 25 Badstandorten – vier davon sind reine Sommerfreibäder – hat die Mehrzahl derzeit zwei Schließtage. Dann findet zwar Schwimmunterricht, Schul- und Vereinsschwimmen und der morgendliche Schwimmclub für die regelmäßigen Bahnenschwimmer statt, doch die Laufkundschaft darf dann nicht rein. Nur Bartholomäus-Therme, Kaifu-Bad und Kaifu-Sole seien aufgrund ihrer zentralen Lage täglich geöffnet.

Wieder uneingeschränktes Schulschwimmen bei Bäderland

Durch die pandemiebedingte Schließung von insgesamt zwölf Monaten habe man beim Schwimmunterricht viel nachzuholen, sagt der 56-Jährige. Das Schulschwimmen, das in Hamburg zwei Halbjahre lang in der Grundschule unterrichtet wird, finde wieder uneingeschränkt statt.

Jeden Monat werden laut Schumaier auch neue Termine für Kinderschwimmkurse freigeschaltet. „Für eine ganze Weile wird die Nachfrage sicher weiter hoch sein. Und dann bekommt man vielleicht nicht immer die Wunschzeit im Wunschbad, aber es gibt ständig neue Angebote. Wir bieten so viele Schwimmkurse an, wie wir organisatorisch und personell ermöglichen können.“

Die gestiegenen Energiekosten sind neben den Personalengpässen eine weitere große Herausforderung für das städtische Unternehmen Bäderland. „Wir haben bei der Wärmeenergie, also Gas und Fernwärme, erhebliche Kostensteigerungen, bei Gas noch mehr als bei der Fernwärme“, sagt Schumaier, „denn wir müssen nicht nur das Wasser, sondern auch die Luft in den Schwimmhallen entsprechend erwärmen.“ Diese Kostensteigerungen liegen seinen Angaben zufolge im Millionenbereich.

Bäderland fühlt sich doppelt bestraft

Unzufrieden ist der Bäderlandchef mit der Gaspreisbremse, die für Großverbraucher bei 70 Prozent des Grundverbrauchs im Jahr 2021 gedeckelt wird. „Es macht keinen Sinn, 2021 als Vergleichszeitraum heranzuziehen für die Berechnung, weil wir wegen des Lockdowns 2021 zwangsweise Schließungen hatten, in denen wir ja viel weniger als normal verbrauchten“, sagt Schumaier. „Damit sind wir doppelt bestraft.“

Das Absenken der Temperatur in allen Becken um jeweils ein Grad sei ein Beitrag, um Energie zu sparen. Die Sportbecken bei Bäderland haben noch 27 statt 28 Grad, die Kurs- und Lernschwimmbecken 31 statt 32 Grad. „Das ist für den Badegast noch zumutbar“, sagt Schumaier. „Wir meinen, dass das ein vernünftiger Weg ist. Es macht ja keinen Sinn, noch mehr abzusenken, und dann kommen die Kinder nicht mehr zum Schwimmkursus.“

Würde man zwei bis drei Grad reduzieren, dann würde man Badegäste verlieren, das könne man bei anderen Badbetrei­bern sehen, sagt der Bäderland-Chef. „Man muss immer überlegen, wo die großen Hebel sind, bei denen man ansetzen kann.“ Eine Menge zu holen sei bei ganzjährig betriebenen Freibadbecken – im Festland, Holthusenbad, Midsommerland, Parkbad, Bille-Bad und im Familienbad Rahlstedt wurden diese geschlossen.

Bäderland nimmt drei Rutschanlagen außer Betrieb

Gerade bei den Temperaturen der letzten Wochen sei das ein sehr sinnvoller Schritt. Außerdem wurden drei Rutschanlagen außer Betrieb genommen, nämlich zwei in Billstedt und eine in Bramfeld. Diese fungierten im Betrieb sonst wie ein umgedrehter Wärmetauscher, sie geben viel Wärme an die Umgebung ab, statt sie im Gebäude zu halten. Auch die umbaubedingte Schließung der Alster-Schwimmhalle zahlt auf das Energiesparen ein.

Die Schließtage helfen zwar nicht viel beim Energiesparen, „aber die Maßnahme ist wichtig, um mit den personellen Kapazitäten zu schaffen, was geht. Wir dürfen unsere Mitarbeiter nicht überbeanspruchen“, sagt Schumaier. Der Krankenstand sei wie bei allen Unternehmen derzeit sehr hoch.

Für das neue Jahr sieht er keine weiteren Einschränkungen vor. „Es gibt derzeit keine konkreten Pläne, aber wer weiß in diesen Zeiten schon, was die Zukunft bringt. Vielleicht müssen wir in drei Monaten anders entscheiden“, sagt Schumaier. Das Strategiepapier der Bäderallianz, das auch Bäderland mit begleitet hat, sieht je nach Krisenintensität abgestufte weitere Szenarien vor. So könnte Bäderland beispielsweise die Kinderbereiche schließen. „Aber so weit sind wir noch nicht“, versichert er.

Strategiepapier stellt Kinderbereiche infrage

Trotz aller Einsparungsbemühungen wird Bäderland auch weiterhin investieren. „In den vergangenen 15 bis 20 Jahren haben wir konsequent die Wasserfläche um 25 Prozent erhöht“, sagt der Bäderland-Chef. Das Midsommerland in Harburg, das 1996 eröffnet wurde, soll von 2024 an saniert werden und bekommt eine zusätzliche Trainingsschwimmhalle mit einem 25-Meter-Becken.

Auch der Standort St. Pauli soll absehbar zusätzliche Wasserfläche erhalten. Das Schwimmbad wird saniert, ein Kurs- und Lehrschwimmbecken wird zusätzlich gebaut. Auch der Start dieser Arbeiten ist für 2024 vorgesehen.

Bäderland will kontinuierlich investieren

Trotz finanziell schwieriger Zeiten dürfe man nicht aufhören zu investieren, für Instandhaltung müsse Geld da sein, sagt der Geschäftsführer: „Schwimmbäder gehören zur Daseinsvorsorge. Damit kann man aber kein Geld verdienen.“ Zumal sich die Zahl der Besucher noch nicht vollständig erholt hat.

Waren es in der Vor-Corona-Zeit seinen Angaben zufolge rund 4,4 Millionen Besucher im Jahr, so waren es 2021 bedingt durch die Schließungen im Lockdown nur 1,7 Millionen. „2019 waren pro Badegast rund fünf Euro Zuschuss notwendig, das erhöhte sich in der Corona-Zeit auf bis zu 18 Euro.“

Die gute Nachricht sei aber: „Die Gäste sind wiedergekommen. Wir sind noch nicht überall auf 100 Prozent, aber immerhin je nach Standort bei 80 bis 100 Prozent im Vergleich zu 2019.“