Hamburg. Insgesamt acht Fälle von Geldverschwendung durch Politik und Verwaltung in der Hansestadt führt der Verein an.

Eine „verschwenderische Bürgerschaft“, ein „unnötiges Impfzentrum“ oder eine „Schrankenposse im Stadtpark“: Dies sind drei der Fälle, in denen Hamburg Steuergelder verschwendet habe, wirft der Bund der Steuerzahler (BdSt) den Verantwortlichen der Stadt vor.

Die insgesamt acht Fälle, die in dem sogenannten Schwarzbuch dargestellt werden, zeigten „einmal mehr, dass es dem Hamburger Senat beziehungsweise den Verantwortlichen nicht gelingt, solide Kostenschätzungen aufzustellen und diese dann konsequent umzusetzen“. Projekte würden — oftmals übereilt — angeschoben, ohne vorher die Sinnhaftigkeit zu prüfen. Das führe dann „zu folgenschweren Fehlern“, hieß es vom BdSt.

Schwarzbuch: Bund der Steuerzahler fordert schärfere Regeln

Darüber hinaus habe der BdSt den Eindruck, dass es bei so manchem Projekt „einzig um das Prestige geht. Sinn und Zweck lassen sich nicht erkennen“. „Wir fragen uns einmal mehr, ob die Verantwortlichen ihre Entscheidungen ähnlich getroffen hätten, wenn es dabei um ihr eigenes Geld gegangen wäre“, sagte Petra Ackmann, Vorsitzende des BdSt in Hamburg. „Wer dem Staat Steuern schuldig bleibt, wird hart bestraft. Wer das Geld verschwendet, muss jedoch viel zu oft keine Konsequenzen tragen. Daher muss das Strafgesetzbuch um Regelungen zur Steuergeldverschwendung und Haushaltsuntreue ergänzt werden.“

HSV bekam 23,5 Millionen Euro von der Stadt

Mit den insgesamt acht Fällen mutmaßlicher Steuerverschwendung aus jüngster Vergangenheit, die das Schwarzbuch in seiner 50. Ausgabe auflistet, komme Hamburg seit der ersten Ausgabe des Schwarzbuchs im Jahr 1973 auf insgesamt 182 Fälle, so der BdSt.

Dazu gehören aktuell ein Deal zwischen der Stadt Hamburg und dem HSV aus dem Jahr 2020, bei dem die Stadt dem HSV das Gelände des Volksparkstadions für 23,5 Millionen Euro abgekauft hatte. Da es sich um eine Erbpacht handelt, muss der HSV der Stadt bis 2087 mehr als 28 Millionen Euro zurückzahlen.

Später wurde jedoch bekannt, dass der HSV das nicht zweckgebundene Geld aus dem Grundstücksdeal nicht wie vorgesehen für die Stadionsanierung, sondern im Zusammenhang mit der Corona-Krise unter anderem für Personal- und Beraterkosten verwendet habe. „Offenbar müssen die Steuerzahler nun für die Unzulänglichkeiten des HSV-Managements aufkommen“, kritisiert die BdSt-Vorsitzende Petra Ackmann. Außerdem habe Hamburg beispielsweise beim Bau des Baakenparks in der HafenCity „eine Million Euro in der Elbe versenkt“, heißt es im Schwarzbuch.

Millionenprojekt nach Filzvorwürfen gestoppt

Um neun Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln, mit denen Start-Ups in die Stadt gelockt werden sollten, geht es laut Schwarzbuch in einem Projekt, das schließlich doch noch gestoppt wurde. Der Chef des Unternehmens Next Media Acceelerator (NMA), das den Auftrag ohne Ausschreibung erhalten habe, sei ein Parteigenosse von Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und mit diesem außerdem „bestens bekannt“, heißt es im Schwarzbuch. Diese Nähe sei „pikant“. Schließlich habe der Finanzsenator das Projekt jedoch nach „massiver Kritik an der Vergabe und Filz-Vorwürfen“ gestoppt.

Nun drohten der Stadt zusätzlich zum Imageschaden hohe Schadenersatzforderungen. „Der Fall zeigt“, so BdSt-Vorsitzende Ackmann, „dass überstürztes Handeln zu fatalen Fehlentscheidungen führen kann. Der finanzielle Verlust der Stadt ist noch nicht absehbar, doch der Imageschaden ist bereits beträchtlich.“ Hamburg habe „sein Ziel verfehlt“, innovative Unternehmen aus der Finanzbranche an die Elbe zu locken.

Bürgerschaft mietet Gebäude der Handelskammer

„Teure Imagepflege“ beziehungsweise „Verschwenderische Bürgerschaft“ nennt der BdSt den Umstand, dass im Oktober 2020 die Bürgerschaftskanzlei von Carola Veit (SPD) ein ganzes Gebäude mit insgesamt 1.734 Quadratmeter angemietet habe – weil das Rathaus angeblich zu klein sei. Die Kosten beliefen sich damit auf 2,78 Millionen Euro für sechs Jahre, heißt es im Schwarzbuch.

Das damals leer stehende Gebäude, das früher von der Hamburg School of Business Administration (HSBA) genutzt worden war und der Handelskammer gehört, sei für sechs Jahre bis zum 31. Dezember 2026 angemietet worden – obwohl es im Rathaus mehr als 600 Räumen und Sälen gebe, die bislang „mehr als ausreichend“ Platz geboten hätten. „Die Bürgerschaftskanzlei lässt sich das Gebäude einiges kosten: Die monatliche Nettokaltmiete beträgt 30.345 Euro, und die Nebenkosten belaufen sich laut Angaben der Pressesprecherin auf monatlich 8323,20 Euro. Das heißt: Insgesamt werden Mietzahlungen bis zum 31. Dezember 2026 in Höhe von 2,78 Mio. Euro an die Handelskammer fällig. Alles Steuergeld“, führt das Schwarzbuch auf.

Finanziert der Steuerzahler Leerstand?

Das Argument der Bürgerschaftskanzlei, die Sitzungsräume seien regelmäßig zu klein, sodass bereits früher regelmäßig externe Sitzungsräume hätten angemietet werden müssen, klinge „zunächst einleuchtend“. „Allerdings stellt sich die Frage, warum dies alles erst zu Corona-Zeiten, als kaum noch Präsenz-Sitzungen stattfanden, aufgefallen ist“.

Die BdSt-Vorsitzene Petra Ackmann sagt dazu: „Gerade zu Corona-Zeiten fällt es schwer zu glauben, dass es einen größeren Raumbedarf gab, der die Anmietung eines ganzen Campus rechtfertigt.“ „Fassungslos“ mache die „Tatsache, dass der Vertrag zum 31. Januar 2022 hätte vorzeitig gekündigt werden können. Nun aber läuft die Anmietung bis Ende 2026“, kritisiert Ackmann. „Es wäre ein offenkundiges Versagen der Verantwortlichen, wenn der Steuerzahler hier Leerstand finanziert.“

Bürgerschaftskanzlei weist Darstellung zurück

Die Bürgerschaftskanzlei weist diese Darstellung als „in weiten Teilen nicht korrekt“ zurück. So finde der Sitzungs­betrieb schon seit Monaten wieder in Präsenz statt, Videokonferenzen seien seit Mai „die absolute Ausnahme.“ Die Gebäude am Adolphsplatz seien angemietet worden, um den Sitzungsbetrieb des Parlaments trotz zu geringer Saalkapazitäten im Rathaus zu gewährleisten.

Die Säle würden regelmäßig durch die Bürgerschaft und die Fraktionen genutzt. Insgesamt hätten dort im laufenden Jahr 251 Sitzungen unter anderem der Ausschüsse und Gremien stattgefunden. Hinzu komme noch die Nutzung von sechs Büroräumen mit etwa 400 Quadratmeter Fläche durch den Arbeitsstab des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA).

Fahrradparkhaus erneut ein Fall für das Schwarzbuch

Einen weiteren Fall von Steuerverschwendung habe es mit der hochmodernen Polleranlage im Stadtpark gegeben, kritisiert der BdSt. Die Anlage, die 2014 eingeweiht wurde und 71.500 Euro gekostet hatte, sei seitdem insgesamt mehr als vier Jahre außer Betrieb gewesen, rechnet der BdSt vor. Obendrein hätten sich noch 35.285 Euro für Reparatur- und Wartungsarbeiten ergeben. So werde deutlich, dass die Anlage nicht ihren Zweck erfülle. „Das Bezirksamt sollte nach einer Alternative suchen und diese zeitnah umsetzen“, empfiehlt Petra Ackmann.

Außerdem habe Hamburg nach der Einrichtung eines rund drei Millionen Euro teuren Fahrradparkhauses an der Kellinghusenstraße „aus Fehlern nichts gelernt“, kritisiert der BdSt. Obwohl das Fahrradhaus trotz aufwendiger und kostenintensiver Nachbesserungen kaum genutzt werde und sich als „Millionengrab“ erwiesen habe, rücke der zuständige Senator nicht von seinen Plänen ab, weitere 15.000 Stellplätze für Fahrräder bauen zu lassen.

„Fahrradparkhäuser sind grundsätzlich sinnvoll. Das Hamburger Konzept kommt aber trotz Nachbesserungen nicht bei den Radfahrern an“, fasst Petra Ackmann zusammen. „Daher sollte die zuständige Behörde eine Befragung nach den Gründen durchführen. Die Ergebnisse müssen dann in die Planung weiterer Fahrradparkhäuser einfließen.“

Schwarzbuch: ein Impfzentrum nur für Mitarbeiter der Stadt Hamburg

Außerdem habe Hamburg sich die Einrichtung eines Impfzentrums extra für Stadtmitarbeiter 1,2 Millionen Euro kosten lassen. „Eigentlich eine gute Idee“, wird die Aktion im Schwarzbuch kommentiert. Denn immerhin seien es rund 100.000 Mitarbeiter. „Doch diese nahmen das Angebot gar nicht an.“ Obwohl das Impfzentrum eine Kapazität von 16.800 Impfungen (3.000 Impfungen pro Woche) hatte, hätten sich dort gerade einmal 8300 Mitarbeiter zwischen dem 13.12.2021 und dem 21.1.2022 impfen lassen.

„Die mangelnde Nachfrage dürfte dann auch der Grund dafür gewesen sein, dass das Impfzentrum bereits nach nur sechs Wochen wieder schloss.“ Petra Ackmann vom BdSt sagt dazu: „Die zuständige Behörde hätte zwingend zuvor den Bedarf ermitteln müssen. Besonders fragwürdig ist die Maßnahme auch deshalb, weil bereits bei der Öffnung des temporären Impfzentrums ein Überangebot an Impfmöglichkeiten bestand.“ Im Schwarzbuch heißt es dazu: „Unterm Strich war die Aktion also ein großer Flop.“