Hamburg. Bisher wird es kaum genutzt. Doch Betreiber und Behörde halten weiter an dem Konzept fest – und entwerfen Maßnahmenkatalog.
Die Suche nach den Nutzern ist gar nicht so einfach. Größtenteils leer reihen sich nur die Metallträger am Mittwochnachmittag im Obergeschoss des Fahrradparkhauses an der Kellinghusenstraße in Eppendorf, gerade einmal acht von ihnen sind belegt. Erst nach einer halben Stunde betritt eine Frau die Anlage. Will sie ihr warm und trocken gehaltenes Fahrrad abholen? Nein. Sie stellt sich nur zum Schutz vor dem Regen unter, bis ihr Bus kommt. „Das Parkhaus nutzen hier nicht so viele“, sagt sie noch trocken.
Bei zwei weiteren Besuchen des Abendblatts in dieser Woche ist es dasselbe, ob morgens oder abends: Höchstens 41 Fahrräder befinden sich in der Anlage mit 600 Stellplätzen, die vor einem Jahr nach Baukosten von drei Millionen Euro mit großen Hoffnungen eröffnet wurde.
Verkehr Hamburg: Verkehrssenator glaubt an Nutzen der Parkhäuser
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) sieht in Parkhäusern wie diesem einen wichtigen Baustein zur Mobilitätswende. Nur ist die Nachfrage noch immer äußerst bescheiden. Geburtsfehler wie die viel zu schmale Rampe am Eingang sind zudem weiterhin nicht behoben, wie die Verkehrsbehörde auf Anfrage des Abendblatts einräumt.
Von einem gescheiterten Versuch will die Behörde trotzdem weiterhin nicht sprechen. Im Gegenteil: „Die Nachfrage steigt“, sagt der Sprecher Dennis Heinert. Aktuell würden täglich 80 Fahrräder in der Anlage abgestellt – das sei ein Fortschritt, „wenngleich immer noch nicht das, was wir uns wünschen“
Heinert verweist aber auf das Fahrradparkhaus in Bergedorf, bei dem es einige Anlaufzeit gebraucht habe, bis doch eine Vollauslastung erreicht wurde. Es sei immer noch zu früh für ein Urteil. „Corona hat lange auch zu einer geringeren Nutzung des ÖPNV geführt – und dies wirkt sich auch auf ein System wie dieses aus“, so der Behördensprecher.
Tatsächlich kann man in dieser Woche an der Kellinghusenstraße auch kleine Massen von angeschlossenen Fahrrädern sehen – nur eben nicht in dem teuren Parkhaus, sondern an den alten Metallstangen direkt vor dem Eingang zum U-Bahnhof. Offenbar scheuen die meisten der hier umsteigenden Radfahrer den kleinen Umweg zum Fahrradparkhaus – oder halten es für unpraktisch. Die Behörde verwies aber auch bereits darauf, dass die neue Anlage noch nicht allen bekannt sei.
Fehlende Rampe: ADFC kritisiert Nutzbarkeit des Parkhauses
Der Fahrrad-Club ADFC sieht die Situation mit gemischten Gefühlen. „Grundsätzlich begrüßen wir solche Anlagen, insbesondere an Knotenpunkten mit Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr. Es gibt aber Schwächen in dem Konzept“, sagt ADFC-Sprecher Dirk Lau. Er meint unter anderem, dass Radfahrer das Parkhaus vom Loogeplatz nicht direkt anfahren können, sondern zunächst absteigen und schieben müssen. Und den Aufgang zum Obergeschoss mit tiefen Stufen, an denen links und rechts nur sehr schmale Rampen zum Hinaufschieben der Fahrräder vorhanden sind. „Die Rampe geht so gar nicht“, sagt Lau.
Behördensprecher Dennis Heinert sagte auf Anfrage, dass die „Optimierung“ des Fahrradparkhauses noch andauere. „Der Betreiber des Parkhauses, die P+R-Betriebsgesellschaft, hat einen guten Maßnahmenkatalog auf den Weg gebracht, um das Angebot nochmals zu verbessern.“ Dazu gehörten unter anderem eine bessere Beschilderung, die „die Gesamtsituation der Wegeführung und die Orientierung am Gebäude vereinfacht“. Gleichzeitig gehe die Behörde mit „einem Vorschlag für eine direkte Zufahrt auf die Straßenverkehrsbehörde der Polizei zu, die diese verkehrlich freigeben müsste“.
CDU nimmt Verkehrssenator Tjaks in die Pflicht
In Kreisen der Grünen wird inzwischen auch darauf verwiesen, dass die Planung für die Anlage bereits 2014 begonnen habe – also lange vor dem Amtsantritt von Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). Die CDU in der Bürgerschaft weist Tjarks jedoch klar die Verantwortung für den bisherigen Flop zu. „Was als grünes Vorzeige-Objekt für eine von SPD und Grünen erzwungene Verkehrsumerziehung in dieser Stadt galt, ist nun Sinnbild für Steuerverschwendung und die Unfähigkeit des Senators, den Verkehr in unserer Stadt an der Lebensrealität der Menschen orientiert zu gestalten“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Richard Seelmaecker. Die bisherige Auslastung des Fahrradparkhauses sei eine „katastrophale Bilanz“.
Der Bund der Steuerzahler in Hamburg attestiert der Verkehrsbehörde dagegen zumindest, das richtige Ziel zu verfolgen. „Grundsätzlich bleiben wir dabei, dass die Stärkung des Radverkehrs richtig ist“, sagte Geschäftsführer Sascha Mummenhoff auf Anfrage. „Aber das geht nur gemeinsam mit den Betroffenen beziehungsweise den Nutzern. Und dies scheint im Fall des Fahrradparkhauses Kellinghusenstraße offensichtlich nicht der Fall zu sein.“
Deshalb fordert Mummenhoff nun, „dass die zuständige Behörde eine Befragung durchführt. Nur so lässt sich herausfinden, warum das Fahrradparkhaus nicht angenommen wird.“ Die Ergebnisse müssten dann unbedingt in die Planung der weiteren Fahrradparkhäuser einfließen. „Es muss verhindert werden, dass aus einem Flop vielleicht fünf oder noch mehr werden“, mahnt der Bund der Steuerzahler nun. Verwundert zeigte sich Geschäftsführer Mummenhoff über die Reaktion der Verantwortlichen auf die Kritik, die bereits kurz nach der Eröffnung einsetzte. „Wir fragen uns, warum man nicht offen damit umgehen kann, dass hier etwas schiefgelaufen ist“, so Mummenhoff.
- S-Bahn Hamburg startet Aufruf – so ist die Lage auf Sylt
- Winterdienst startet – und testet ein neues Mittel
- So läuft die Radwege-Offensive in Hamburgs Randbezirken
Der ADFC betont dagegen, dass man weiter beobachten müsse, wie sich die Nutzung des Fahrradparkhauses entwickele. „Vermutlich muss man noch ein Jahr abwarten“, sagt ADFC-Sprecher Dirk Lau. „Wir gehen davon aus, dass sich das Konzept durchsetzen wird.“ Die Stadt setzt auch auf PR-Maßnahmen, um das Fahrradparkhaus bekannter und „noch attraktiver zu machen“. Auch am Plan für den weiteren Ausbau an sogenannten Bike-and-Ride-Angeboten wird festgehalten. Diese umfasst weitere Projekte, unter anderem in Poppenbüttel und Rissen.