Hamburg. Bilanz 2021: Klima- und Energiekrise stellen das städtische Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen. Was wird aus den Behörden?

Immobilien sind auch ein Thema für die Behörden: Ein Haus bauen, etwas mieten oder auch vermieten – die Stadt Hamburg spürt am eigenen Portemonnaie, was es in diesen Tagen bedeutet, wenn der Preis für Strom oder Gas auf Rekordhöhen steigt. Wenn klimagerecht saniert werden soll. Wenn eine ganze Bauarbeiter-Kolonne wegen Corona ausfällt. Die Hamburg-eigene Sprinkenhof GmbH erledigt diese Aufgaben für die Stadt. Und sie kann ein Lied davon singen, wie mühsam das Immobiliengeschäft ist.

Allerdings: Ein Projektvolumen von 3,7 Milliarden Euro, eine Bilanzsumme von 581,3 Millionen Euro (nach 457,4 in 2020) und ein Gewinn von 3,8 Millionen (3,2 Millionen in 2020) sind ansehnliche Zahlen für das Geschäftsjahr 2021. Die Sprinkenhof GmbH hat außerdem Mega-Projekte entweder bereits im Bau und in der Sanierung oder in der Planungs-Pipeline.

Bilanz der Sprinkenhof GmbH: Das sind Hamburgs große Projekte

Die Staatsoper Hamburg muss saniert werden.
Die Staatsoper Hamburg muss saniert werden. © Funke Foto Services | Roland Magunia

Kaum ist das CCH nach Jahren Umbauzeit fertig und steht der formschöne Kubus namens Atelierhaus an der Hochschule für bildende Künste, werden die Deichtorhallen modernisiert, ächzt die Laeiszhalle unter ihrem Sanierungsstau, wartet die denkmalgeschützte Staatsoper am Stephansplatz auf einen Plan, wie sie zeitgemäß ertüchtigt werden kann. Die größten „Fallen“ bei diesen Millionen-Projekten stellt sich Hamburg immer selbst: Denkmalschutz und klimagerechtes Bauen. Beides muss berücksichtigt werden, genau so, wie es zeitgemäß ist.

Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), der bei der Bilanzvorstellung der Sprinkenhof einen Eindruck wie Bob der Baumeister hinterließ („Yo, wir schaffen das“), sagte: „Was wir jetzt neu bauen, bauen wir effizienter. Es gibt nicht mehr für jeden ein Büro.“ Ohne diese „Effizienzgewinne“ sei es noch schwieriger, bezahlbaren Büroraum hinzubekommen. Das meint zum Beispiel das neue Bezirksamt Nord, das am Wiesendamm in Stadtparknähe entsteht: 580 Arbeitsplätze für 700 Mitarbeiter. Teilzeit, Homeoffice und flexibles Arbeiten erfordern komplett neues Denken. Es gebe noch „Gewaltiges“ zu tun, sagt Dressel, vor allem beim Sanieren von öffentlichen Gebäuden.

Klimaschutz und Denkmalschutz unter einen Hut bringen

Atelierhaus an der HfbK: 3800 neue Quadratmeter haben die  Studierenden zur Verfügung.
Atelierhaus an der HfbK: 3800 neue Quadratmeter haben die Studierenden zur Verfügung. © Roland Magunia / Hamburger Abendblatt

Der Senat muss sich an seinen eigenen Klimazielen und der Einsparung von CO2 messen lassen. Sprinkenhof-Co-Geschäftsführer Jan Zunke sagte, man vergebe gerade für Gebäude Schulnoten von 1 bis 6, um zu sehen, wie man am besten energetisch sanieren könne. Der Druck ist groß. Schon in diesem Winter kommt es „dank“ der Energiekrise infolge des Putinschen Angriffskrieges auf die Ukraine sicher zu drastischen Sparmaßnahmen, wenn nicht zu Versorgungsengpässen. „Wie weit hängen wir am Gas?“, fragt sich der Finanzsenator. Bei 365 von 651 betrachteten Gebäuden ist das offenbar der Fall. Um die Sprinkenhof „flüssig“ zu halten, hat der Senat 50 Millionen Euro extra bereitgestellt, um die Eigenkapitalquote der Gesellschaft zu erhöhen.

Die Sprinkenhof GmbH, die in ihrem prächtigen Kontorhaus selbst nur Mieterin ist, sucht wie viele Unternehmen dringend Fachkräfte, um sich zukunftsfit aufzustellen. „Wir stellen weiter ein“, sagte Co-Geschäftsführer Martin Görge. Das Unternehmen in öffentlicher Hand kann Architekten, Bauingenieure, Kaufleute und Immobilien-Manager gebrauchen. Duale Ausbildungen sind möglich. Wie in vielen Bereichen konkurrieren private und öffentliche Arbeitgeber um kluge Köpfe. Sprinkenhof lockt: Die meiste Arbeit werde in Hamburg erledigt. Von ausgedehnten und stresstreibenden Dienstreisen seien potenzielle Mitarbeiter nicht belastet.

Finanzsenator Dressel: "Wie weit hängen wir am Gas?"

Mit seinen Mietern hat der Vermieter Sprinkenhof auch mal Stress: Zwar preist Dressel das Mieter-Vermieter-Modell Hamburgs, weil „früher die Hochschulen das gesamte Baumanagement selbst gemacht haben“. Doch wie im Falle der Sanierung am Phil-Turm der Universität kommt es zu Verzögerungen, Kostensteigerungen und verhinderten Rück-Umzügen Tausender Studierender und Professoren aus der City Nord (das Abendblatt berichtete).

Auch die Laeiszhalle muss mnodernisiert werden.
Auch die Laeiszhalle muss mnodernisiert werden. © FUNKE Foto Services/Andreas Laible

Das schmeckt Hamburgs größter Hochschule gar nicht, abgesehen von den anderen Verzögerungen beim Haus der Erde und dem MIN-Forum, für die offenbar externe Planer verantwortlich sind. Mit Senatskollegin Katharina Fegebank (Wissenschaft, Grüne) sitzt Dressel nun in einem „Nutzerbeirat“, der solche Ärgernisse bespricht. Auch mit Kultursenator Carsten Brosda (SPD), in dessen Zuständigkeit Laeiszhalle oder Deichtorhallen und Kampnagel fallen, wollen diese Dinge von Mieter zu Vermieter besprochen werden.

Die Sanierung der Staatsoper hat im Sommer nur ein schmales Zeitfenster. Während der laufenden Spielpause gehen die Arbeiten am Brand- und Schallschutz sowie am Asbestersatz und der Beleuchtung weiter.

Sprinkenhof und Finanzbehörde selbst nur Mieter

Die Finanzbehörde am Gänsemarkt ist seit 2006 nicht mehr im Eigentum Hamburgs. 2026 läuft der Mietvertrag aus.
Die Finanzbehörde am Gänsemarkt ist seit 2006 nicht mehr im Eigentum Hamburgs. 2026 läuft der Mietvertrag aus. © HA | Marcelo Hernandez

Ebenso wird der mit Dressel bestens verdrahtete Mobilitätswendesenator Anjes Tjarks (Grüne) nicht jedes Parkhaus der Sprinkenhof zu einer Fahrrad-Garage umbauen dürfen. Dressel sagte: „Wir werden weiter Parkhäuser wie das am Rödingsmarkt brauchen, auch als Mobilitäts-Hubs.“ Zum Umsteigen also.

Dressel selbst „droht“ ein Zukunftsgespräch mit seinem Vermieter. Im Jahr 2026 läuft der Mietvertrag der an architektonischen Schmuckelementen reichen Finanzbehörde am Gänsemarkt aus. Das Gebäude war wie rund 130 weitere von Dressels Vorvorgänger Wolfgang Peiner (CDU) im Jahr 2006 verkauft und zurückgemietet worden. Kann sich die Behörde ihr Haus in einigen Jahren noch leisten? Ist es besser, günstig in eine der vielen nicht mehr benötigten innerstädtischen Büro-Immobilien zu ziehen, für die der Markt gerade absackt?

Umzug, Miete, Neubau, Lage – alles Fragen, die gerade viele Hamburger beschäftigen. Oder spekuliert man in der Finanzbehörde sogar auf einen Rückkauf des Fritz-Schumacher-Baus?