Hamburg. Der Rotklinker-Kubus bietet viel Platz für die Kunst. Präsident der Hochschule für bildende Künste zeigt sich gerührt.

Prachtvoll ragt es auf, das neue Atelierhaus der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Ein Rotklinker-Kubus mit interessanten asymmetrischen Verschiebungen. Im Innern herrschen Bedingungen, von denen Künstler im Allgemeinen nur träumen können. Hohe Decken, großzügige Räume mit eher wenig Tageslicht zugunsten bespielbarer Wände, auf 3800 Quadratmetern viel Platz für Kunstpräsentation und -produktion.

„Das neue Atelierhaus ist ein ganz entscheidender Ort für Transfer und Sichtbarkeit künstlerischer Prozesse und den gesellschaftlichen Austausch“, freut sich Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank anlässlich der feierlichen Eröffnung. Und Martin Köttering, Präsident der HFBK, zeigt sich so gerührt, das dieses Gebäude nun, 42 Jahre nach einem zunächst gescheiterten ersten Anlauf, endlich steht, dass er der Senatorin einen Ziegelstein überreicht.

Thomas Strang (Sprinkenhof AG), Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank und HFBK-Präsident Martin Köttering.
Thomas Strang (Sprinkenhof AG), Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank und HFBK-Präsident Martin Köttering. © Roland Magunia / Hamburger Abendblatt

Hochschule für Bildende Künste: Jahresausstellung

Die unebenen Klinkersteine des Entwurfs von Bernhard Winking von Winking Froh Architekten zitieren gekonnt die Ästhetik des Fritz-Schumacher-Hauptgebäudes. Für 9,6 Millionen Euro hat die Sprinkenhof GmbH als gewerbliche Immobiliengesellschaft der Freien und Hansestadt Hamburg das Atelierhaus errichtet.

Und wie könnte man es besser einweihen als mit Kunst bis unters Dach? Die diesjährige Jahresausstellung bietet mit Arbeiten von 850 Studierenden bis zum 13. Februar für Besucher Gelegenheit dazu. Auf die oberen drei Etagen verteilen sich die Arbeiten der Masterstudierenden aus den Bereichen Malerei, Zeitbezogene Medien und Bildhauerei über zwölf Atelierräume. Im Erdgeschoss lädt zusätzlich eine Galerie als Ausstellungsschaufenster unter anderem zum Entdecken der Nominierten für den HISCOX Kunstpreis ein.

Hier präsentiert unter anderem Frederik Vium seine Installation „Mnemosynes Nachruf 2. Lass mich deiner Zeichnung folgen wie Pfade der Trauer“, in der er einer seltenen Schmetterlingsart, die den Titel der Göttin „Mnemosyne“ trägt, einen Tempel gewidmet hat. Ausgestellt ist ein berührend fragiles Bühnenbild aus Pergament, Holz und Porzellan zu einem von Vium gedrehten Film.

Eine Etage höher präsentiert Lena-Marie Schütte weiße Wandobjekte, die mal eine Raufaser zeigen, mal eine Jalousie aus Porzellan. Ihr geht es darum, auf Grenzen und Mauern innerhalb der Gesellschaft zu verweisen. Als Kommentar gegen Isolation und als ein Plädoyer für Solidarität.

Junge Künstler stellen ihre Werke aus

Sehr nachdenklich stimmt die Arbeit von Talya Feldman aus der Klasse von Simon Denny. Die aus Colorado stammende Künstlerin beschäftigt sich mit rechtem Terror. Sie selbst überlebte den Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019.

Ihre Arbeit beschäftigt sich konkret mit den 15 Massenschießereien in ihrer Heimatstadt 2021. Feldman verarbeitet sie in mit Statistiken versehenen Malereien in Blautönen als Reminiszenz an das Gedicht „Blue Sky“ von Victoria Chang. „Wir haben diese Daten, aber die Menschen sind Nummern, da ist keine Empathie. Ich frage danach, wie wir den betroffenen Menschen zuhören und ihnen Raum geben können“, erzählt Feldman.

Ein Stockwerk höher befindet man sich in den schönen hellen Räumen der Malerei-Klassen. Hier beschäftigt sich Anne Meerpohl aus der Klasse der Malerin und Performerin Jutta Koether in „Taste of Throwing“ mit widerständigen Momenten des Körperlichen. Über die Wand verteilen sich kleine und größere ­Malereien. Das Fluide der Hängung setzt sich in der Malerei selbst fort, die ins Innere des Körpers führt und Assoziationen an das Innere eines Mundes weckt. Meerpohl geht es dabei auch um eine feministische Gegenerzählung zu Narrativen des männlichen Genies in der Malerei.

LED-Pommes von Martha Szymkowiak und Emilia Bongilaj.
LED-Pommes von Martha Szymkowiak und Emilia Bongilaj. © Tim Albrecht / HFBK Hamburg

In diesem Jahr haben Martha Szymkowiak und Emilia Bongilaj aus der Bühnenraum-Klasse von Raimund Bauer das Privileg, die begehrte Aula-Vorhalle zu bespielen. Wie in einer großen Leuchtreklame taucht in ihrer LED-Installation „Mmh“ eine Pommes frites in eine Mayonnaise aus Rasierschaum und Götterspeise ein. Dem Künstlerinnen-Duo geht es einerseits um die Fragwürdigkeit von Konsum, andererseits darum, dass für Spaß oft nicht genug Raum bleibt.

Mit dieser – bewusst widersprüchlichen – Feier des Lebens fügt sich die Arbeit perfekt in die euphorische Eröffnungsstimmung. Die Jahresausstellung in den neuen Räumlichkeiten ist ein Signal des Aufbruchs für den künstlerischen Nachwuchs – und für die Kunststadt Hamburg.

Jahresausstellung der Hochschule für bildende Künste, bis 13. Februar, Sa/So 12 bis 20 Uhr, Hauptgebäude, Wartenau 15 und ­Lerchenfeld 2A; www.hfbk-hamburg.de