Hamburg. Der Siegerentwurf für den Umbau des Garagenbaus in der Altstadt steht fest. Hier werden Wohnungen und kulturelle Angeboten einziehen.

Noch ist das Parkhaus in der Neuen Gröninger Straße ein etwas heruntergekommener Zweckbau aus den 60er-Jahren. Doch schon bald soll Leben einziehen in die acht Parkdecks und die Werkstatt im Erdgeschoss. Dafür setzt sich die Genossenschaft Gröninger Hof ein, die sich derzeit in der Gründung befindet, und auf dem Weg zur Realisierung ihrer Vision jetzt ein ordentliches Stück weitergekommen ist: Am Mittwochabend bestimmte eine Jury der Siegerentwurf eines Architekturwettbewerbs, an dem sich sechs internationale Büros beteiligt hatten.

Wo früher Autos aufgebockt waren, hängt schon einen Tag später die Visualisierung des Züricher Büros Duplex Architekten. Schon in der Vergangenheit nutzte die Genossenschaft i. Gr. die ehemalige Werkstatt für öffentliche Zusammentreffen oder kleine Konzerte. Jetzt kann man dort in die Zukunft schauen – konkret ins Jahr 2025, denn dann soll das Parkhaus bereits bezogen sein. Zu sehen ist ein ansprechendes Wohnhaus mit Loggien und hohen Fenstern, mit einladenden Räumen im Sockelbereich, die sich für Gastronomie, Kultur und stadtteilbezogene Nutzungen anbieten, und Gemeinschaftsräumen, viel Grün und einem Spielplatz auf dem Dach.

Wohnungen für Hamburg mit vielfältigen Grundrissen

Während der Sockel und die unteren Geschosse erhalten bleiben, werden die oberen Geschosse in Holzbauweise neu errichtet – die Parkdecks bleiben als Decken, beziehungsweise Böden jedoch erhalten. Der Clou ist ein neugestalteter Innenhof, der sich trichterförmig von unten nach oben öffnet und für einen maximalen Lichteinfall sorgt.

Die inneren Fassade werden kaskadenförmig gestaltet, Grünflächen schaffen eine Verbindung zwischen den Stockwerken. Die Grundrisse der Wohnungen sind vielfältig und tragen der gemischten Bewohnerschaft Rechnung, die hier einziehen wird – und zu der auch Menschen mit wenig Geld, mit Migrationshintergrund oder Behinderung gehören.

Cluster-Wohnungen mit gemeinsamer Küche

Genau deshalb hat sich Sabine Hennig entschieden, in den Gröninger Hof einzuziehen: in eine sogenannte Cluster-Wohnung, deren Bewohner zwar eigene Bereiche haben, sich aber die große Küche teilen. „Ich möchte in Gemeinschaft mit anderen leben – in einem Haus, in dem man Talente und Ressourcen zusammenschmeißt und etwas miteinander entwickelt“, sagt die Journalistin, die derzeit in der HafenCity wohnt.

Diese Entwicklung solle auch ins Viertel ausstrahlen. „Wir werden hier in einem Quartier leben, das nur 100 Meter von der Elbe und 300 Meter von der Alster entfernt ist – wo aber dennoch ab 19 Uhr kaum mehr was los ist. Das wollen wir ändern“, sagt Physiker Jan Oliver Löfken, der mit seiner Frau eine „normale " Wohnung beziehen wird.

Bewohner der Katharinenquartiers würden profitieren

„St. Katharinen soll ein belebteres Umfeld bekommen“, sagt Frank Engelbrecht, Pastor der benachbarten Hauptkirche. Durch die Umgestaltung des Parkhauses würden auch die Bewohner des vor wenigen Jahren entstandenen Katharinenquartiers profitieren: Sie müssten dann nicht mehr auf das unansehnliche Parkhaus blicken und könnten sich im Gröninger Hof auch in die Entwicklung ihres Viertels einbringen.

V. l.:Christiane Dähn (Unterstützerin), Frank Engelbrecht (Sprecher Gröninger Hof eG i.Gr.), Jan Oliver Löfken (Bewohner), Tina Unruh (Vorsitzende des Aufsichtsrates GH), Sabine Henning (Bewohnerin) und Dorothea Heintze (Vorständin GH) vor dem Parkhaus an der Neuen Gröninger Straße.
V. l.:Christiane Dähn (Unterstützerin), Frank Engelbrecht (Sprecher Gröninger Hof eG i.Gr.), Jan Oliver Löfken (Bewohner), Tina Unruh (Vorsitzende des Aufsichtsrates GH), Sabine Henning (Bewohnerin) und Dorothea Heintze (Vorständin GH) vor dem Parkhaus an der Neuen Gröninger Straße. © Thorsten Ahlf

Die Idee zu der Umgestaltung wurde im Mai 2018 bei einem Workshop der Initiative „Altstadt für alle“ geboren – von Pastor Engelbrecht und Tina Unruh. Die stellvertretende Geschäftsführerin der Hamburgischen Architektenkammer und Aufsichtsratsvorsitzende der angehenden Genossenschaft hatte lange in Zürich gewohnt, wo die Genossenschaft Kalkbreite ein Straßenbahndepot mit einem Wohn- und Gewerbeprojekt überbaut hatte. Das sollte das Vorbild für den Gröninger Hof werden.

„Wohnen steht im Zentrum des Projektes“

Wie es der Zufall so will, werden die Architekten des angesehenen Züricher Projekts nun auch das Hamburger Parkhaus umbauen. Dass Duplex den anonymen Wettbewerb gewonnen haben, schreibt Tina Unruh der Erfahrung mit kollektiven Bauherren zu, die sich in dem Entwurf niedergeschlagen hätten. „Das Konzept bietet viele gemeinschaftliche Flächen und genug Raum für die Privatsphäre und sehr gelungene Abstufungen vom Öffentlichen zum Privaten. Und das ohne Zaun und harte Trennung. Es ist das richtige Gebäude für diesen Ort, diese Genossenschaft und diese Stadt“, sagt die Aufsichtsrätin.

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Auch Oberbaudirektor Franz-Josef Höing lobte den Entwurf: „Was mir sehr gefällt: Wohnen steht im Zentrum des Projektes und ist kein untergeordneter Bestandteil“, sagt er. „Es wäre wünschenswert, wenn der Gröninger Hof Schule macht und Phantasie für andere Orte in der Stadt erzeugt. Es mag auch noch mal andere dazu ermutigen, über Genossenschaften und genossenschaftliche Projekte neu nachzudenken.“

Gröninger Hof kann Vorreiter in Hamburg werden

Dorothee Heintze, Vorständin der Genossenschaft i. Gr., ist davon überzeugt, dass der Gröninger Hof Vorreiter wird. „Denken wir doch mal an die leerstehenden Gebäude von Kaufhof und Karstadt Sport im Herzen der Stadt – auch deren Struktur kann man nutzen und zum Wohnen, Arbeiten und Leben umbauen.“ Dass die Stadt der angehenden Genossenschaft das Parkhaus an der Neuen Gröninger Straße in Erbpacht überlassen habe, mache es dieser zwar schwer, die notwendigen Kredite von der Bank zu bekommen, aber es sei die richtige Entscheidung. „Nur so kann man verhindern, dass Immobilien-Goldstücke wie diese zu Spekulationsobjekten werden.“