Hamburg. Flughafenchef Eggenschwiler und Polizeidirektor Schuol erläuterten, wie sie in den kommenden Wochen noch mehr Chaos verhindern wollen.
Die Situation am Flughafen Hamburg gestaltet sich schon seit Wochen unbefriedigend – und das ist noch vorsichtig ausgedrückt: Lange Schlangen an den Sicherheitskontrollen, gestrichene Flüge und tagelange Verspätungen beim Gepäck nach der Rückkehr sind keine Seltenheit, sondern Standard. Passagiere sprechen entsprechend auch eher von „völligem Chaos“ oder gleich von einer „Katastrophe“. Dabei haben die Sommerferien noch gar nicht begonnen.
Seit Donnerstag nennt es nun auch der Airport eine „Herausforderung“: Flughafenchef Michael Eggenschwiler und Polizeidirektor Michael Schuol von der Bundespolizeidirektion Hannover haben zusammen mit Matthias von Randow vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft darüber informiert, wie sie in Anbetracht der unmittelbar bevorstehenden großen Ferien im Norden (am Freitag ist in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern letzter Schultag vor den Ferien, am kommenden Mittwoch in Hamburg) noch mehr Chaos verhindern wollen.
Flughafen Hamburg: Das empfiehlt der Airport-Chef jetzt
Eggenschwiler betonte, dass die Verantwortung nicht bei einem Beteiligten allein zu suchen sei: „Wenn irgendwo ein Rädchen hakt, hat das Auswirkungen auf alle folgenden Dienstleistungen. Keiner kann das allein auffangen.“ Er empfahl, man solle sich „zu beliebten Reisezeiten auf Wartezeiten einstellen und mehr Zeit zum Beispiel bei Umsteigeflügen einplanen“.
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Eine erste Sofortmaßnahme hatte der Flughafen bereits Anfang der Woche bekannt gegeben: Viele Check-in-Schalter und die Sicherheitskontrolle öffnen ab Freitag bereits um 3.30 Uhr – zweieinhalb Stunden vor dem ersten planmäßigen Start einer Maschine Schon 15 Minuten vorher öffnen die Terminals. In dieser Woche dürfte es aber selbst zu dieser Uhrzeit zu Schwierigkeiten kommen: Ver.di hat das technische Personal am Freitag zu einem 24-stündigen Warnstreik aufgerufen. Insgesamt empfiehlt der Airport, auf Check-in- und Gepäckautomaten auszuweichen, viele Fluggesellschaften böten einen Vorabend-Check-in kostenfrei an.
Flughafen Hamburg: Bundespolizisten als „Krisenreaktionskräfte“
Um der Personalnot speziell in der zentralen Sicherheitskontrolle zu begegnen, werden nun sowohl die Bundespolizei als auch der Dienstleister Frasec, der im Auftrag der Beamten die Kontrollen durchführt, tätig: Frasec will bereits ab Freitag 30 zusätzliche Mitarbeiter in Hamburg einsetzen, diese würden von anderen Standorten aus nach Hamburg versetzt. Und die Bundespolizei selbst werde mit 15 bis 20 Beamten als „Krisenreaktionskräften“ im Bereich der Sicherheitskontrolle unterstützen.
Zusätzlich will der Flughafen selbst Mitarbeiter im Bereich vor der Sicherheitskontrolle abstellen, um die Fluggäste darüber zu informieren, wie sie dabei helfen können, die Kontrollen zu beschleunigen. Bei der Kenntnis der Regeln für das Handgepäck gebe es weiter große Defizite, hieß es.
Flughafen Hamburg: Noch weit entfernt von den Zahlen vor Corona
Mit rund 300.000 Reisenden pro Woche und bis zu 50.000 pro Tag rechnet der Airport in den kommenden zwei Wochen. Vor Corona wäre das weit entfernt von einem Rekord, diese Auslastung entspricht etwa 70 Prozent des letzten Vor-Corona-Jahres 2019. Nun aber haben schon die mehr als eine Million Passagiere im Mai gezeigt, dass der Corona-bedingte großflächige Personalabbau in der gesamten Luftfahrtbranche das System bei steigenden Zahlen sehr schnell an seine Grenzen bringt – und darüber hinaus.
Insgesamt seien im ersten Halbjahr dieses Jahres 4,66 Millionen Fluggäste am Flughafen Hamburg abgefertigt worden. Das sind zwar rund dreimal so viele wie 2021 – aber nur etwas mehr als die Hälfte der 8,24 Millionen des Jahres 2019. Für das Gesamtjahr geht der Airport von 11 Millionen Passagieren aus. 2019 waren es noch 17,3 Millionen, im Rekordjahr 2017 sogar 17,6 Millionen.
Flughafen Hamburg: Türkische Hilfskräfte gegen den „leer gefegten Arbeitsmarkt“
Die Bundesregierung plant aufgrund der massiven Probleme an allen deutschen Flughäfen die Einstellung ausländischer Hilfskräfte, speziell aus der Türkei, zu erleichtern. Von Randow begrüßt diese Maßnahme in Anbetracht dessen, dass „wir in Deutschland nahezu Vollbeschäftigung haben“, auch der Flughafen spricht von einem „leer gefegten Hamburger Arbeitsmarkt“. Tatsächlich ist die Zahl der Arbeitslosen in Hamburg im Vergleich zum Vormonat zwar gestiegen – dies hängt mit den Geflüchteten aus der Ukraine zusammen –, gleichzeitig stünden Arbeitssuchenden derzeit „so viele Jobs zur Verfügung wie seit vielen Monaten nicht mehr“, so der Chef der Agentur für Arbeit in Hamburg, Sönke Fock.
Mit der Versprechung, Hilfskräfte aus dem Ausland einzustellen – die zuvor die gleiche, langwierige Sicherheitsüberprüfung durchlaufen müssten wie deutsche Arbeitnehmer –, und Tipps wie dem, möglichst wenig Handgepäck mitzunehmen und die geltenden Regeln für gefährliche Gegenstände und Flüssigkeiten zu beachten, werden sich Frust und lange Wartezeiten bei den Fluggästen in diesem Sommer aber nicht verhindern lassen. Daran ändern auch 30 zusätzliche Mitarbeiter und die „Krisenreaktionskräfte“ der Bundespolizei nichts: FraSec hatte in Corona-Zeiten das Personal von 1000 auf nur noch 570 Angestellte zusammengestrichen.