Hamburg. Zahl der Starts und Landungen am Airport zwischen 23 und 0 Uhr sinkt stark. Neue Ziele 2020. Kritik wegen Gepäckabfertigung.
Das Jahr 2018 war für die Luftfahrt kein gutes. Das Chaos am Himmel über Europa beherrschte die Schlagzeilen. Zigtausende Flüge mussten gestrichen werden, es gab unzählige Verspätungen. Am Hamburger Flughafen schlug sich das vor allem in einer deutlich erhöhten Zahl von Flugzeugen nieder, die zwischen 23 und null Uhr starteten und landeten. In dieser Stunde ist das nur Maschinen erlaubt, deren Ankunft oder Abflug bis 23 Uhr vorgesehen war. Es waren 1174 und damit laut Umweltbehörde ein Rekord.
Weniger Starts und Landungen nach 23 Uhr
Im vergangenen Jahr hat sich diese Zahl deutlich verbessert. 678 Maschinen hätten 2019 von der Verspätungsregel Gebrauch gemacht, teilte Hamburg Airport am Freitag mit. Das ist ein Rückgang von 42 Prozent. Der Durchschnittswert der Jahre 2009 bis 2018 liegt bei 737 Starts und Landungen. „Bei den verspäteten Nachtflügen sind wir einen großen Schritt vorangekommen“, sagte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne): „Der Erfolg geht auf verschiedene Anstrengungen des Flughafens, der Airlines und der Umweltbehörde zurück.“
Im Oktober 2018 hatte sich die Branche im Hamburger Rathaus zum Luftverkehrsgipfel getroffen. Dabei hatten die Airlines verkündet, größere Puffer in ihren Flugplan einzubauen und Reservemaschinen bereitzuhalten, die bei sich aufbauenden Verspätungen in den Flugbetrieb einscheren.
Der Airport verwies auf erfolgreiche Gespräche mit den Airlines. So seien im laufenden Winterflugplan 45 Prozent weniger Starts und Landungen in der Zeit von 22.30 bis 23.00 Uhr geplant gewesen, indem Flüge vorgezogen worden seien.
Neue Gebühr sei Grund für Rückgang
Die Umweltbehörde sieht einen Grund für den Rückgang durch das Erheben einer Bearbeitungsgebühr und der Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren mit Gewinnabschöpfungen, wenn Starts und Landungen nach 24 Uhr nicht – wie vorgeschrieben – vorher von der Fluglärmschutzbeauftragen genehmigt wurden.
Lesen Sie auch:
Im vergangenen Jahr seien vier Verfahren mit einem Ertrag von fast 33.000 Euro abgeschlossen worden, sagte Behördensprecher Björn Marzahn auf Abendblatt-Anfrage. Weitere acht Verfahren würden hängen. Die Fluggesellschaften hätten Einspruch eingelegt, dem die Behörde nicht gefolgt sei.
"Zahl der Verspätungen muss weiter sinken"
In Kürze sollen die Verfahren an das Verwaltungsgericht abgegeben werden. „Die geforderten Bußgelder zuzüglich Gewinnabschöpfung in diesen acht Verfahren belaufen sich auf 178.155 Euro“, so Marzahn, der die Namen der Fluggesellschaften nicht nennen wollte. Das Fazit von Senator Kerstan zum Verspätungsrückgang: „Der Trend stimmt, er soll sich aber weiter fortsetzen: Die Zahl der Verspätungen muss noch weiter sinken.“
Die Bürgerinitiative für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW) wollen weiterhin kürzere Betriebszeiten am Airport. Die Nachtruhe müsse werktags von 22 bis 6 Uhr und am Wochenende bis 8 Uhr eingehalten werden, um einen hinreichenden Interessenausgleich mit der Nachbarschaft zu erzielen, sagte BAW-Vertreter René Schwartz: „Nach 23 Uhr lautet die Forderung, dass für Starts Einzelgenehmigungen bei der zuständigen Umweltbehörde beantragt werden müssen.“
Gründe für verspätete Flüge oft nichtig
Der Anteil der verspäteten Starts – die deutlicher lauter sind – sei wesentlich langsamer zurückgegangen als jener der Landungen, kritisierte Schwartz. Besonders belastende Flüge nach Mitternacht tauchten in der Statistik gar nicht auf, 85 Prozent der nächtlich verspäteten Flüge würden aus nichtigen Gründen stattfinden und seien damit unzulässig.
Bei den Beschwerden über Fluglärm zeigt sich ein gespaltenes Bild. 1517 Bürger seien es 2019 gewesen, teilte die Umweltbehörde mit. Im Vorjahr waren es mit 2311 deutlich mehr Menschen. Die Gesamtzahl der Beschwerden stieg hingegen weiter an, von 167.000 auf 318.000. Namentlich erfolgten nur 60.000 Beschwerden, der Rest anonym.
Es gebe deutliche Hinweise darauf, dass diese Form der Beschwerden vermutlich meist mithilfe softwaregestützter digitalisierter Automatisierungsprogramme erfolge, teilte die Umweltbehörde mit.
Mehr Fluggäste am Hamburger Flughafen
Die Zahl der Passagiere am Hamburger Flughafen hat 2019 leicht zugenommen. 17,3 Millionen Menschen flogen laut Airport von oder nach Fuhlsbüttel. Das waren 0,4 Prozent mehr als im Vorjahr. „Der Wunsch zu reisen ist nach wie vor ungebrochen“, sagte Flughafen-Chef Michael Eggenschwiler: „Fliegen ist zu einem Alltagsgut geworden.“
Das Unternehmen hat damit die zweithöchste Marke seiner Geschichte gemeldet. Der Rekord stammt von 2017, als 17,6 Millionen Passagiere gezählt wurden. Die Zahl der Starts und Landungen sei 2019 hingegen um 0,8 Prozent auf 155.000 Flugbewegungen gesunken.
Im Schnitt 124 Fluggäste pro Flugzeug
Dabei werden neben dem Passagierbetrieb auch Frachtmaschinen, Geschäftsflieger, Polizei-, Rettungs- sowie Überführungsflüge gezählt. Das Fluggastplus entstehe durch mehr Passagiere an Bord der Maschinen. Im Schnitt seien es 124 Fluggäste.
Für dieses Jahr erwartet der Flughafen eine geringe Zunahme der Passagierzahlen. Aktuell plane man „mit nur leicht höheren Passagierzahlen für 2020“, sagte Eggenschwiler. Die Streckenvielfalt werde trotz des Schließens der Ryanair-Basis am kommenden Mittwoch weiter wachsen.
Mit Tallinn (Estland), Tirana (Albanien), Vilnius (Litauen), Mailand-Linate (Italien), Larnaca (Zypern) und Preveza (Griechenland) kämen neue Ziele hinzu, die mit dem Sommerflugplan angeflogen werden sollen.