Hamburg. Bis zu 50.000 Passagiere erwartet der Hamburg Airport an Spitzentagen. Wie er sich auf den Ansturm vorbereitet.

Am Donnerstagmittag zieht sich die Schlange der Passagiere vor der Sicherheitskontrolle Dutzende Meter durch das Terminal 2 des Hamburger Flughafens. Geduld ist für abreisende Fluggäste mal wieder angesagt – und das dürfte sich nach Einschätzung von Michael Eggenschwiler auch nicht so schnell ändern.

„Die Lage ist im Moment sehr, sehr angespannt“, sagt der Airport-Chef eine Etage höher im Konferenzraum Schwanenwik vor Journalisten. Teilweise laufe es nach zwei Jahren Corona nicht so rund, wie man es gewohnt sei. „Für diesen Sommer müssen wir ganz klar sagen: Man wird sich auf gewisse Wartezeiten einstellen müssen, man wird mehr Zeit einplanen müssen.“

Flughafen Hamburg erwartet an Spitzentagen rund 50.000 Passagiere

Rund zwei Jahre lang legte Corona die Luftfahrt nahezu lahm. Es gab eine Erholung im vergangenen Sommer, von der aber im Winter wegen der Reiserestriktionen nur noch wenig zu spüren war. Seit Ostern ziehen die Buchungen wieder kräftig an. 4,66 Millionen Fluggäste wurden im ersten Halbjahr am Helmut-Schmidt-Flughafen gezählt. Das war zwar immer noch ein Minus von 43 Prozent zum Vergleichszeitraum 2019. Im Vergleich zu 2021 liege das Plus aber bei mehr als 330 Prozent. Der Flugverkehr habe sich viel schneller erholt als erwartet.

Am Freitag ist letzter Schultag in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, am Mittwoch in Hamburg. In den ersten beiden Ferienwochen im Norden erwartet der Airport jeweils rund 300.000 Passagiere. Das seien gut 70 Prozent der Zahlen von 2019. An den stärksten Tagen werden rund 50.000 Passagiere erwartet, pro Tag soll es bis zu 170 Abflüge und 170 Ankünfte geben. Zu einigen Uhrzeiten sei die Nachfrage größer als im Vor-Corona-Jahr.

Krankenstand am Airport überproportional hoch

Es ist dieser schnelle Passagieranstieg, der der stark vernetzten Branche zu schaffen macht. Zum einen sahen sich Fluglinien und verschiedene Dienstleister veranlasst, in der Krise Personal abzubauen, um Geld zu sparen. Zum anderen verließen Beschäftigte die Luftfahrt nach zwei Jahren mit Gehaltseinbußen im Zuge der Kurzarbeit. Als die Nachfrage wieder ansprang, hätten die Unternehmen versucht, Personal aufzubauen, sagt Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL).

Man habe in Deutschland aber nahezu Vollbeschäftigung, der Arbeitsmarkt sei leer gefegt. Zudem sei der Krankenstand derzeit überproportional hoch. Daher begrüße man die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Ausnahmegenehmigung, um zusätzliches Personal aus dem Ausland einstellen zu können. Es geht zum Beispiel um bis zu 2000 Beschäftigte aus der Türkei für die Gepäckabfertigung .

12 bis 35 Minuten muss man derzeit in Hamburg auf Koffer warten

Eggenschwiler nennt das Programm der Bundesregierung ein „gutes“, um eine gesetzliche Grundlage für die Zukunft zu erhalten, weil man die Thematik jedes Jahr haben werde. Für diesen Sommer seien die Bodenverkehrsdienste in Fuhlsbüttel aber relativ gut aufgestellt. Bereits im vergangenen Herbst sei Personal aus den Ausland rekrutiert worden, das im Frühjahr kam und nun im Sommer im Einsatz sei. 80 Personen seien eingestellt worden. 800 Kräfte stünden nun für die Flugzeug- und Gepäckabfertigung zur Verfügung.

Derzeit liege die durchschnittliche Wartezeit bei zwölf Minuten für das erste und 35 Minuten für das letzte Gepäckstück. Im Normalfall sollen alle Koffer und Taschen 30 bis 45 Minuten nach der Landung auf dem Gepäckband liegen, bei Verspätungen, Wettereinflüssen oder Gepäckkon­trollen könne es auch mal länger dauern.

FraSec will 30 weitere Luftsicherheitsassistenten einsetzen

Als Engpass erwies sich zuletzt immer wieder die Sicherheitskontrolle. Die von der Bundesregierung geplante Regelung für ausländische Kräfte dürfte in dem Bereich keinen schnellen Erfolg bringen, allein weil die vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeiter mehrere Wochen dauert. Dennoch hofft die Bundespolizei auf eine Besserung der Lage. Sie ist verantwortlich für die Kontrollen, gibt aber die Durchführung an private Unternehmen als Dienstleister ab.

In Fuhlsbüttel ist das FraSec, eine Tochter des Frankfurter Flughafens. „Wir werden zusätzliches Personal einsetzen von der Firma FraSec“, sagte Michael Schuol, Vizepräsident der zuständigen Bundespolizeidirektion Hannover. Vom Freitag an sollen 30 zusätzliche Luftsicherheitsassistenten eingesetzt werden, die auch von anderen Standorten ausgeliehen werden.

Täglich unterstützen 15 bis 20 Polizeibeamte die Sicherheitskontrollen

Das solle mindestens über den gesamten Sommer so sein und gebe Luft für weitere Kontrollkapazitäten. Zudem bestehe eine weitere Säule. „Wir werden seitens der Bundespolizei sogenannte Krisenreaktionskräfte vorhalten“, sagt Schuol. Das sind 15 bis 20 Polizeibeamte pro Tag, die bei langen Warteschlangen beispielsweise die Passagiere einweisen oder die Gepäckwannen bereitstellen.

Der Einsatz sei für zunächst eine Woche geplant, werde aber täglich mit allen Beteiligten überprüft und gegebenenfalls verlängert. „Das ist auf Kante genäht. Wir bringen alles zum Einsatz, was wir aufbieten können“, sagt Schuol. Die Röntgenauswertung in der Kontrollstelle dürfte die Polizisten nicht vornehmen, weil das Fachpersonal dafür extra zwei bis drei Monate lang geschult werde. Aus Sicherheitsgründen könne man das nicht verändern.

Sicherheitskontrollen öffnen schon eine halbe Stunde früher

Die Sicherheitskontrollen sollen wie die Check-in-Schalter der Fluggesellschaften morgens eine halbe Stunde früher um 3.30 Uhr öffnen, um den ersten Ansturm abzufedern. Vorrangiges Ziel sei, dass „jeder Reisende seinen Flug antreten kann“, so Schuol. Die Wartezeiten sollen „erträglicher“ gestaltet werden. Der Hamburger Flughafen will Personal aus anderen Abteilungen stellen, um die Passagiere über das Prozedere in den Sicherheitskontrollen zu informieren oder auch mal Getränke zu reichen.

Die Reisenden müssten aber auch selbst mithelfen. Denn nach zwei Jahren gebe es deutliche Wissenslücken der Passagiere. „Wir stellen bundesweit fest: Viele haben das Fliegen verlernt“, sagt Schuol: „Es gehört schlicht und ergreifend keine große Feile, keine Waffe, keine Harpune oder ähnliches in das Reisegepäck.“

In Spitzenzeiten sollte man drei Stunden vor Abflug im Terminal sein

Die Fluggäste sollten ihr Handgepäck also richtig packen. Flüssigkeiten dürfen maximal 100 Milliliter Volumen haben und gehören in einen durchsichtigen Beutel, der extra in eine der Wannen gelegt wird. „Wenn jemand Flüssigkeit in der Kontrollstelle hat, blockiert er für mindestens eine Minute die Kontrollstelle“, so Schuol. Der Passagier wird zurückgeschickt und muss gegebenenfalls einen Klarsichtbeutel holen – das kostet viel Zeit und hält andere auf.

Zwei bis 2,5 Stunden und in Spitzenzeiten drei Stunden vor Abflug sollen Fluggäste in den Terminals sein. Viele Flüge gebe es vor allem von 6 bis 7 Uhr, 13 bis 15 Uhr, 17.30 bis 19 und 22 bis 23 Uhr. Die weiteren Tipps: Kofferaufgabe und Check-in schon am Vorabend; online einchecken und Koffer an den Gepäckautomaten aufgeben; bei Anreise mit dem Auto Parkplatz vorab online reservieren; möglichst wenig Handgepäck mitnehmen. Wer statt einem zwei oder drei Handgepäckstücke mit an Bord nimmt, brauche die doppelte oder dreifache Zeit für die Kontrolle, so Schuol.

Eggenschwiler erwartet keine Auswirkungen des Warnstreiks

Von dem für Freitag geplanten Warnstreik der 180 Mitarbeiter der Flughafentochter Real Estate Maintenance, die sich um technische Wartungen kümmern, erwartet Eggenschwiler keinen großen negativen Effekt: „Wir sind dabei, uns so vorzubereiten, dass die Passagiere davon nichts merken sollten.“ Im operativen Bereich seien diese nicht tätig, aber beispielsweise wenn eine Rolltreppe kaputtgehe. Die könne dann nicht repariert werden.