Hamburg. Der Überblick: Schweiz erklärt Hamburg zum Risikogebiet. Kiez-Lokale lange geschlossen. Weitere Beschränkungen kommen.

Nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz in Hamburg den kritischen Wert von 35 erstmals seit Mitte April überschritten hat, stehen die Corona-Zahlen weiter im Fokus. Am Freitag sind 145 Neuinfektionen mit Covid-19 hinzugekommen, wodurch die Inzidenz auf 39,5 pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen steigt. Wie ernst die Lage ist, haben die Hamburger Behörden am Freitagabend deutlich gemacht: 250 Beamte sind im Einsatz, um die Einhaltung der Corona-Regeln in Bars und Restaurants zu überprüfen.

Die aktuellen Entwicklungen zur Covid-19-Pandemie im Norden lesen Sie in unserem täglichen Corona-Newsblog.

Liegt der Inzidenzwert weiterhin höher als 35, würden zum Beispiel die Heimspiele des HSV und FC St. Pauli nur vor 1000 Zuschauern stattfinden. Und es dürfte noch weitere Einschränkungen geben: Der Senat hat bereits schärfere Maßnahmen mit flächendeckenden Sperrstunden für Bars und Restaurants angekündigt. Eine Einschätzung der Stadt, die der renommierte Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit nicht für zielführend hält.

Nachrichten zu Corona in Hamburg und dem Norden am Freitag, 9. Oktober 2020:

Das Coronavirus in Deutschland und weltweit:

Corona-Razzia: Polizei überprüft Bars und Restaurants in Hamburg

Bürgermeister Peter Tschentscher hatte es angekündigt: Die Hamburger Behörden wollen die Einhaltung der Corona-Regeln vor allem in der Gastronomie stärker kontrollieren, um eine wiederholt stärkere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Am Freitagabend folgte die erste Razzia: Beamte stürmten gegen 19 Uhr das „Shabo“ an der Legienstraße, um mögliche Verstöße gegen die Eindämmungsverordnung zu ahnden. An dem Einsatz waren auch Mitarbeiter anderer Behörden beteiligt, etwa aus dem Bezirksamt, dem Amt für Arbeitsschutz oder dem Zoll.

Die Polizei durchsucht mehrere Lokale in Hamburg, um die Einhaltung der Corona-Regeln zu überprüfen.
Die Polizei durchsucht mehrere Lokale in Hamburg, um die Einhaltung der Corona-Regeln zu überprüfen. © André Zand-Vakili

Das Lokal in Billstedt ist nach Abendblatt-Informationen bereits in der Vergangenheit durch Verstöße aufgefallen, der Restaurant-Betreiber soll sich bisher uneinsichtig gezeigt haben. Bei der Überprüfung stellten die Beamten nun fest, dass die Kontaktlisten dort unvollständig ausgefüllt waren, teilweise wurden falsche Angaben gemacht – oder gar keine. Polizisten haben eine Verantwortliche in dem Lokal abgeführt, weil sie sich nicht hatte ausweisen wollen. Es soll nun geprüft werden, ob die Frau sich illegal in Deutschland aufhält. Ob sie eine Mitbetreiberin des Treffpunkts ist, konnte noch nicht geklärt werden.

Polizei schließt Shisha-Bar in Billstedt

Die Hamburger Polizei kontrolliert die Einhaltung der Corona-Regeln in Bars und Lokalen. Die Shisha-Bar
Die Shisha-Bar "Goodfellas" in Billstedt musste sogar vorläufig geschlossen werden. © André Zand-Vakili

Am späteren Abend musste die Polizei sogar eine Shisha-Bar an der Billstedter Hauptstraße vorläufig schließen. Nicht nur waren die Kontaktlisten unzureichend geführt, auch waren Tische und Stühle so aufgebaut, dass es den Gästen im "Goodfellas" gar nicht möglich war, den gebotenen Abstand einzuhalten. Dazu kam, dass die Kohlenmonoxid-Konzentration offenbar derart hoch war, dass Beamte die Feuerwehr hinzugerufen haben.

Wäre es zu einem Alarm in dem Lokal gekommen, hätten die Gäste es vermutlich nicht schnell genug verlassen können: Wie die Polizei mitteilte, waren auch die Fluchtwege weitgehend verstellt. Für welchen Zeitraum die Bar jetzt geschlossen bleiben muss, ist noch unklar. Auch in der Moda Lounge an der Landwehr haben die Kohlenmonoxid-Messgeräte ausgeschlagen: Weil die Beamten die Werte für gefährlich hoch hielten, haben sie die Bar umgehend geräumt.

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Im Verlauf des Abends sollten bei dem Schwerpunkteinsatz noch weitere Restaurants und Bars im Stadtgebiet überprüft werden, vor allem jene, die in der Vergangenheit durch einen lascheren Umgang mit den Regeln aufgefallen sind. Hauptaugenmerk richtete sich auf die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln sowie die Erfassung der Kontaktdaten.

Weil die meisten Übertragungen mittlerweile in der Gruppe der 20- bis 40-Jährigen stattfänden, seien die Maßnahmen gezielt auf derartige Lokale ausgerichtet, da dort besonders junge Menschen zusammenkämen, sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün. „Wir können es uns angesichts dramatischsteigender Infektionszahlen nicht leisten, Verstöße hinzunehmen“, so Levgrün weiter. „Wir erhoffen uns, dass sich das rumspricht und sich zukünftig an die Regeln gehalten wird.“ 250 Beamte sind im Einsatz.

Die wichtigsten Corona-Regeln in Hamburg:

  • Wer in Hamburg bei geltender Maskenpflicht im öffentlichen Raum, also etwa in Geschäften, ohne Mund-Nase-Bedeckung erwischt wird, dem droht ein Bußgeld in Höhe von 80 Euro. In Bussen oder Bahnen ist weiterhin eine Vertragsstrafe von 40 Euro fällig, die aber nun um ein Bußgeld in Höhe von 40 Euro erhöht werden kann, sodass auch dann insgesamt 80 Euro fällig wären.
  • Wer sich in Hamburger Bars und Restaurants mit falschen Kontaktdaten in die Corona-Gästelisten einträgt, muss künftig mit 150 Euro Bußgeld rechnen
  • Für Feiern im privaten Raum, zum Beispiel in der eigenen Wohnung oder auf dem eigenen Grundstück, gilt in der Hansestadt derzeit eine Obergrenze von 25 Personen. Bei Feiern in angemieteten Räumen, bei denen Alkohol ausgeschenkt wird, dürfen maximal 50 Menschen zusammenkommen.
  • Im privaten Rahmen können bis zu 25 Personen zu Feiern zusammenkommen, egal aus wie vielen Haushalten. Treffen in der Öffentlichkeit sind auf 10 Personen aus beliebig vielen Haushalten begrenzt.
  • Hamburger Schüler aus einer Klasse können gemeinsam unterrichtet werden. Einschränkungen wie die bisherigen Abstandsgebote bleiben vorsichtshalber erhalten. In bestimmten Situationen gibt es für Kinder einer Jahrgangsstufe Ausnahmen. Seit Beginn des Schuljahres gilt eine Maskenpflicht für das gesamte Schulgelände, nicht aber für den Unterricht selbst. Ausgenommen von den Regelungen sind Grundschüler. Nach den Herbstferien müssen alle Klassenräume alle 20 Minuten für mindestens 5 Minuten gelüftet werden. Zudem sind auch Hamburger Kitas wieder im Normalbetrieb - zumindest was die Betreuungszeiten angeht. Für Eltern und Erzieher gelten besondere Hygienemaßnahmen.

Kreis Cloppenburg verschärft Corona-Regeln ab Sonntag

Angesichts zahlreicher neuer Corona-Fälle verhängt der Landkreis Cloppenburg neue Kontaktbeschränkungen. Von Sonntag an sind private Treffen zu Hause nur noch mit bis zu zehn Personen erlaubt, wie der Kreis am Freitag mitteilte. Auch in der Gastronomie gelte diese Obergrenze, lediglich zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten seien in öffentlichen Räumen bis zu 25 Teilnehmer möglich. Zusammenkünfte in Vereinshäusern, Dorfgemeinschaftshäusern und ähnlichen Einrichtungen werden untersagt. Im Handel müssen Einkaufswagen und Körbe nach dem Gebrauch desinfiziert werden.

In Restaurants müssen wegen der Corona-Krise die Kontaktdaten der Gäste erfasst werden. In Cloppenburg gilt nun auch eine Obergrenze für Zusammenkünfte.
In Restaurants müssen wegen der Corona-Krise die Kontaktdaten der Gäste erfasst werden. In Cloppenburg gilt nun auch eine Obergrenze für Zusammenkünfte. © imago/SKATA

Landrat Johann Wimberg teilte mit, die Ansteckungszahlen deuteten auf eine weitere flächendeckende Ausbreitung des Infektionsgeschehens hin und müssten sehr ernst genommen werden. Am Freitag gab es 41 neue bestätigte Corona-Fälle im Kreis Cloppenburg – ein besonderer Hotspot war dabei nach Angaben des Landkreises nicht zu erkennen. Nach Angaben des Landes lag Cloppenburg am Freitag mit 86,1 neuen Fällen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche deutlich über dem als kritisch angesehenen Grenzwert von 50 Neuinfektionen.

Schweiz erklärt Hamburg zum Risikogebiet

Unrühmliche Premiere für die Hansestadt: Die Schweiz hat erstmals Gebiete aus Deutschland zu Risikogebieten erklärt. Neben Berlin ist auch Hamburg betroffen. Das hat ab Montag zur Folge, dass Personen, die aus Hamburg in die Schweiz einreisen, für zehn Tage in Quarantäne müssen. Selbst ein negatives Corona-Testergebnis kann diese Maßnahme nicht aufheben. Wer sich nicht daran hält, dem droht ein Bußgeld von bis zu 10.000 Schweizer Franken (9300 Euro).

Merkel und Großstädte vereinbaren Corona-Maßnahmen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Bürgermeister von elf deutschen Großstädten haben sich auf weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus verständigt. Es sind größtenteils geplante Beschränkungen, die Hamburg ohnehin jetzt schon vorbeugend ergreifen will. Die Beschlüsse im Detail:

  • Spätestens ab 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen entsendet das Robert Koch-Institut auf Bitten der Stadt Experten in die Stadt, die Krisenstäbe beraten. Das gilt auch für Experten der Bundeswehr.
  • Ab 50 Infektionen pro 100.000 Einwohnern soll es umgehend neue Beschränkungen geben. Dazu gehören eine Erweiterung der Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen und gegebenenfalls Sperrstunden und Alkoholbeschränkungen für die Gastronomie sowie Teilnehmerbeschränkungen für Veranstaltungen und private Feiern.
  • Sind die Gesundheitsämter mit der Kontaktnachverfolgung überfordert, sollen Bund und Land personelle Unterstützung leisten.
  • Die Großstädte müssen die Ordnungsämter so entlasten, dass diese die Einhaltung der Regeln kontrollieren können. Bund und Länder beraten, ob auch Bundespolizei und Länderpolizeien unterstützen können.
  • Schutzmaßnahmen in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern und Behinderteneinrichtungen sollen an die Infektionszahlen angepasst werden. Der Bund stellt sicher, dass die Kosten von regelmäßigen Schnelltests von Bewohnern, Patienten, Besuchern und Personal
    übernommen werden.
  • Wird der Anstieg der Infektionszahlen durch diese Maßnahmen nicht innerhalb von zehn Tagen ausgebremst, sind weitere Beschränkungsschritte geplant, um öffentliche Kontakte zu reduzieren.

Hamburg schließt mehrere Bars bis Ende November

Die seit vergangener Woche vorübergehend geschlossenen sieben Bars und Clubs auf St. Pauli bleiben bis einschließlich 30. November dicht. Das hat das Bezirksamt Mitte am Freitag verfügt. In einer Erklärung heißt es, den Betreibern sei es nicht gelungen, überzeugend nachzuweisen, sich an die Corona-Regeln und Hygienekonzepte zu halten.

Nach Abendblatt-Informationen handelt es sich dabei um die Läden Dollhouse Beach Club, Safari, Superfly, Titty Twister, Kaiserkeller, La Cova, la Ilonga und Frau Holle. Einzig die Bar Wodka Bombe hat den Hygienetest des Bezirksamts bestanden und darf nun wieder öffnen.

„Die Infektionszahlen steigen derzeit besorgniserregend an, sodass wohl mögliche neue Einschränkungen insbesondere auch für die Gastronomiebranche drohen", sagte Bezirksamtsleiter Falko Droßmann. „Gerade in der jetzigen Situation müssen wir uns darauf verlassen können, dass die Gastronomiebranche sich zuverlässig an die bestehenden Vorgaben hält. Es kann deshalb einfach nicht sein, dass einzelne uneinsichtige Betreiber und Betreiberinnen die Bemühungen der großen Mehrheit der Clubs und Bars auf St. Pauli konterkarieren."

Sollten sich die Betreiber der betroffenen Bars nicht an die Schließung halten, droht ihnen ein Bußgeld von 15.000 Euro.

Corona-Zahlen im Kreis Cloppenburg hochgeschnellt

Nach einem Corona-Ausbruch in einem Schlachthof in Emstek sind die Corona-Infektionszahlen im Landkreis Cloppenburg hochgeschnellt. Mit 86,1 Fällen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tage ist die kritische Marke von 50 deutlich überschritten, wie aus den Zahlen des Landesgesundheitsamtes hervorgeht.

Ein Schild dem Logo des Unternehmens steht vor einer Zufahrt zu einem Schlachthof des Lebensmittelkonzerns Vion in Emstek.
Nachdem dem Corona-Ausbruch in dem Vion-Schlachthof in Emstek, schnnelten die Corona-Zahlen im Landkreis Cloppenburg in die Höhe. © dpa Picture-Alliance/Hauke-Christian Dittrich

Demnach gab es 149 neue Fälle im Vergleich zum Vortag. In dem Vion-Schlachthof dürfen weiterhin 7000 Schweine täglich geschlachtet werden, hatte der Landkreis am Donnerstagabend mitgeteilt. Zuvor waren täglich bis zu 12.000 Schweine geschlachtet worden. Zudem würden bis zu den Osterferien zusätzliche Busse eingesetzt, um das Infektionsrisiko für Schülerinnen und Schüler zu senken.

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Neue Beschränkungen in Hamburg immer wahrscheinlicher

Angesichts der neuen Corona-Zahlen werden neue Beschränkungen für die Hamburger immer wahrscheinlicher. Der Senat hatte am Donnerstag eine verschärfte Maskenpflicht – unter anderem auf einigen öffentlichen Plätzen – angekündigt, sollte die Sieben-Tage-Inzidenz drei Tage in Folge über der 35er-Marke liegen. Nachdem der Wert am Donnerstag bei 36,1 lag und am Freitag auf 39,5 gestiegen ist, wird er auch voraussichtlich am Sonnabend über dem Schwellenwert von 35 liegen.

Mit den erweiterten Maßnahmen will der Senat einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen entgegenwirken: Bislang galt ein Inzidenzwert von 50 als Grenze, ab der schärfere Maßnahmen ergriffen werden müssen. "Wir wollen das Erreichen dieser Schwelle für Hamburg möglichst vermeiden", hatte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Donnerstag gesagt.

Ein Blick auf das Portugiesenviertel in Hamburg: Vor allem in der Gastronomie wird es nun verschärfte Corona-Maßnahmen geben.
Ein Blick auf das Portugiesenviertel in Hamburg: Vor allem in der Gastronomie wird es nun verschärfte Corona-Maßnahmen geben. © Michael Rauhe | Michael Rauhe

In der Gastronomie könnte es darüber hinaus zu weiteren Einschränkungen kommen, sollten die Auflagen zur Maskenpflicht und zum Abstand nicht eingehalten werden: Dann, so heißt es in einer Mitteilung vom Donnerstag, "wird der Senat ein generelles Verbot von Stehplätzen in der Gastronomie einführen".

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Corona in Hamburg: Sieben-Tage-Wert steigt deutlich an

Die für das Ressort Gesundheit zuständige Hamburger Sozialbehörde hat am Freitag 145 Neuinfektionen mit dem Coronavirus gemeldet – 20 mehr als am Vortag (125). Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 39,5 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Vortag: 36,1) und bleibt damit über der kritischen 35er-Marke.

Seit Beginn der Pandemie haben sich inzwischen 8813 Hamburger mit Covid-19 infiziert. Davon gelten nach Angaben des RKI 7000 Personen als geheilt. In den Kliniken werden momentan 60 Corona-Patienten und damit einer mehr als am Vortag behandelt. Auf den Intensivstationen befinden sich unverändert zwölf Menschen. Auch die Zahl der Todesfälle (241) hat sich seit dem Vortag nicht verändert.

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Niedersachsen plant Ausnahmen vom Urlaubsverbot

Wer aus einem Corona-Risikogebiet nach Niedersachsen kommt, wird nicht grundsätzlich aus Hotels und anderen Unterkünften ausgeschlossen. Zwar gilt von Sonnabend an auch in Niedersachsen ein Beherbergungsverbot, allerdings soll jeder Herkunftsort einzeln geprüft werden. Auch Ausnahmen für Kreise, in denen es mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche gibt, seien möglich, wenn der Infektionsherd klar begrenzt sei, sagte die stellvertretende Leiterin des Krisenstabs der Landesregierung, Claudia Schröder, am Freitag in Hannover.

Claudia Schröder ist Abteilungsleiterin Gesundheit im Niedersächsischen Sozialministerium.
Claudia Schröder ist Abteilungsleiterin Gesundheit im Niedersächsischen Sozialministerium. © Peter Steffen/dpa

Die Liste der Kreise, für die das Verbot gilt, soll täglich auf niedersachsen.de veröffentlicht werden. Maßgeblich für die Überschreitung des Grenzwerts ist der Zeitpunkt der Einreise. Ausnahmen sieht die Verordnung zudem für zwingende berufliche und medizinisch bedingte Reisen vor. Auch Besuche von Angehörigen und Partnern bleiben erlaubt „Es geht uns darum, den touristischen Reiseverkehr einzuschränken“, sagte Schröder. Wer einen höchstens zwei Tage alten negativen Corona-Test vorweisen kann, darf ebenfalls in Niedersachsen übernachten.

Für Verstöße gegen das Übernachtungsverbot sieht die Regelung ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro vor. Behörden und Polizei sollen die Bestimmungen durchsetzen und Verstöße ahnden.

Corona-Experte stellt Bundesliga und Weihnachtsmärkte infrage

Kommt es in Deutschland zu einem zweiten Lockdown? Der Kieler Epidemiologe Prof. Helmut Fickenscher hält zumindest weitere Beschränkungen für notwendig. „Für Fußball-Bundesligaspiele mit viel Publikum sehe ich derzeit keine Perspektive“, sagte der Corona-Experte. Denn es seien Ansteckungen auch im Freien bei Sport-Großveranstaltungen festgestellt worden.

Fickenscher ist Direktor des Instituts für Infektionsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und Präsident der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten.
Fickenscher ist Direktor des Instituts für Infektionsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und Präsident der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten. © Carsten Rehder/dpa

Doch damit nicht genug: „Deshalb sehe ich auch die konventionellen Weihnachtsmärkte eher als Gefährdung an.“ Fickenscher sei sehr skeptisch hinsichtlich „einigermaßen tragfähiger Hygiene-Konzepte“ für Weihnachtsmärkte. Das gelte auch für Halloween – „wenn sich zu viele Menschen in engen Treppenhäusern tummeln“.

Gute Corona-Nachrichten für Containerschifffahrt

Die internationale Containerschifffahrt hat sich vom Coronavirus nach Angaben aus der Branche schneller als erwartet erholt. Im laufenden Jahr sei mit einem Minus des weltweiten Containertransports von 4,1 Prozent zu rechnen, teilte Rolf Habben Jansen, der Vorstandsvorsitzende der Reederei Hapag-Lloyd mit. Er berief sich dabei auf internationale Spezialberatungsunternehmen.

Im April dagegen hatte Hapag-Lloyd noch eine Prognose mit einem Rückgang des weltweiten Containertransports von 10,6 Prozent veröffentlicht. Für das nächste Jahr sei ein Wachstum von 5,7 Prozent zu erwarten. „Niemand hat damit gerechnet, dass die Nachfrage wieder so steigen würde“, sagte Habben Jansen.

Corona: Niedersachsen erklärt Beherbergungsverbot

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte Sorge, dass Niedersachsen im Herbst das Ziel vieler Urlauber aus deutschen Corona-Risikogebieten werden könnte. Daher habe das Land doch auch ein Beherbergungsverbot für Menschen aus diesen Regionen beschlossen.

„Niedersachsens Reiseziele hätten gewiss viele Menschen aus Corona-belasteten Gebieten angezogen. Aber einen solchen Pull-Effekt, eine besondere Anziehung in schwierigen Zeiten, können wir nun nicht riskieren“, sagte Weil der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Das habe ihn besorgt gemacht – und das spreche gegen einen niedersächsischen Sonderweg.

Touristen aus deutschen Risikogebieten nicht gewollt

Viele andere Bundesländer wollen auch keine Touristen aus Corona-Risikogebieten mehr in ihren Hotels und Ferienwohnungen übernachten lassen. Darauf hatten sie sich am Mittwoch bei einer Schaltkonferenz der Chefs der Staatskanzleien der Länder mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) verständigt.

Maßgeblich sei das Datum der Einreise nach Niedersachsen, sagte Weil. Es solle vermieden werden, dass kurzfristig Aufenthalte abgebrochen werden müssen. Zudem könnten Touristen mit einem negativen Corona-Test doch in Niedersachsen Urlaub machen.

Tschentscher: Wirkung von Beherbergungsverbot begrenzt

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hält die Wirkung des Beherbergungsverbotes dagegen für begrenzt: „Wir machen das mit, aber damit versetzen wir der Pandemie keinen entscheidenden Schlag“, sagte er dem „Spiegel“.

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ist studierter Mediziner.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ist studierter Mediziner. © dpa | Christian Charisius

Tschentscher verwies auf Ostern, als Schleswig-Holstein ein Einreiseverbot für Touristen, Tagesausflügler und Zweitwohnungsbesitzer verhängte: „Da kurvten die Pinneberger, Neumünsteraner und Ostholsteiner trotzdem fröhlich um die Alster. Wie soll man das verhindern? Wohl kaum mit einem Beherbergungsverbot, da bräuchten Sie schon Grenzkontrollen.“ Ein Aussperren von Pendlern in Hamburg käme einem Lockdown gleich, „den wir gerade verhindern wollen“.

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Corona: Kieler Champions-League-Spiel abgesagt

Das Champions-League-Gruppenspiel des deutschen Handball-Meisters THW Kiel gegen HC Motor Saporoschje ist wegen 14 Corona-Fällen beim ukrainischen Vertreter abgesagt worden. Die ursprünglich am kommenden Mittwoch (18.45 Uhr) geplante Partie in Kiel soll zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Die gesamte Mannschaft von Saporoschje befindet sich derzeit in Quarantäne.

Immer mehr Corona-Fälle in Pflegeheimen

Die neue Welle der Corona-Infektionen trifft in Hamburg immer häufiger auch Pflegeheime, in denen besonders anfällige Menschen leben. Nach Auskunft der Sozialbehörde ist mittlerweile neben den bereits bekannten Ausbrüchen mindestens ein halbes Dutzend weiterer Heime von Infektionen betroffen. Demnach handelt es sich bisher offenbar überwiegend um Mitarbeiter der Verwaltung. Gleichwohl beobachtet man das Übergreifen auf Seniorenheime mit Sorge, da die Bewohner wegen ihres hohen Alters oder wegen Vorerkrankungen als besonders gefährdet gelten.

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79 neue Corona-Fälle in Schleswig-Holstein

In Schleswig-Holstein sind 79 neue Corona-Infektionen nachgewiesen worden – am Vortag waren es 45. Die Zahl der Fälle seit Beginn der Pandemie erhöhte sich damit auf 5155. Nach Schätzung des Robert Koch-Instituts gelten rund 4600 von ihnen als genesen. Die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben sind, blieb bei 162. In Krankenhäusern werden aktuell 15 Corona-Patienten behandelt, einer mehr als am Vortag.

Schlachthöfe geschlossen – Not der Bauern wächst

Die Corona-Fälle in Schlachthöfen häufen sich wieder. Ein zum Tönnies-Konzern gehörender Schlachthof im Emsland wird vorübergehend geschlossen. Auch in einem Fleischbetrieb im niedersächsischen Landkreis Cloppenburg steigt die Zahl der Infizierten. Der Schlachthof Weidemark im emsländischen Sögel ist wegen Dutzender Corona-Fälle vorübergehend geschlossen.

Die coronabedingten Einschränkungen in Schlachthöfen bringen viele landwirtschaftliche Betriebe in Niedersachsen in Existenznot. Agrarministerin Barbara Otte-Kinast sagte im Landtag: „Aus vielen persönlichen Gesprächen weiß ich, dass die Verzweiflung der Tierhalter sehr groß ist.“ Weinende Frauen und Männer riefen sie an, sagte die CDU-Politikerin mit stockender Stimme. Sie würden ihre Schweine nicht mehr los.

„Ich wäre froh, wenn ich diesen Menschen sagen könnte, dass das Schlimmste schon überstanden ist“, sagte die sichtlich emotionale Ministerin. Doch damit könne nicht gerechnet werden. Die Tierhalter müssten ihre Erzeugung drosseln, auch wenn das erst in einigen Monaten greife. Die Notlage wird noch durch die Einfuhrverbote für deutsches Schweinefleisch in vielen Ländern wegen der Afrikanischen Schweinepest verschärft.

Coronavirus – die Fotos zur Krise:

Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

  • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
  • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
  • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
  • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden

Lesen Sie hier den Corona-Newsblog von Donnerstag, 8. Oktober