Hamburg/Kiel. Hamburgs Nachbarland will sich nicht wieder vollständig abschotten. Das sind die Regeln für (Tages-)Urlauber im “echten Norden“.
Für Hamburger sind es gute Nachrichten: Das Nachbarland Schleswig-Holstein wird sich nicht wieder völlig abschotten und auch weiterhin Tagesgäste aus Hamburg im Land zulassen, auch wenn die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Hamburg auf mehr als 50 je 100.000 Einwohnern in den vergangenen sieben Tagen steigen sollte (mit Stand Donnerstag lag dieser Wert bei 36,1). Das bestätigte Eugen Witte, Sprecher des schleswig-holsteinischen Gesundheitsministeriums auf Abendblatt-Anfrage.
Auch für Zweitwohnungsbesitzer sind laut Witte keine Einschränkungen geplant, „denn bei den mit den meisten anderen Bundesländern abgestimmten Regelungen handelt es sich um ein touristisches Beherbergungsverbot“. Selbstgenutzte Zweitwohnungen zählen nicht dazu. Im Frühjahr hatte ein Betretungsverbot des nördlichen Bundeslandes für heftige Verwerfungen mit den Hamburgern geführt.
Schleswig-Holstein übernimmt Beherbergungsverbot aus Bundesplan
Schleswig-Holstein übernimmt die Regelungen, die die Bundesländer am Mittwoch mehrheitlich beschlossen hatten: Dass nämlich Reisende aus Gebieten mit sehr hohen Infektionszahlen nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können. Gelten soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen. Einige Länder gaben zu dem Beschluss aber abweichende Erklärungen ab.
Allerdings hat sich nun gestern auch Niedersachsen für ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus innerdeutschen Corona-Risikogebieten entschieden. Eine entsprechende Landesverordnung werde auf den Weg gebracht, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Donnerstag im Landtag in Hannover. Man habe sich darüber innerhalb der Landesregierung abgestimmt. Am Mittwoch hatte sich Niedersachsen zunächst nicht angeschlossen.
Hoteliers und Vermieter müssen sich täglich über Risikogebiete informieren
Wegen der Herbstferien herrscht derzeit in den norddeutschen Urlaubsgebieten vor allem an den Küsten viel Betrieb. „Wer aus einem Risikogebiet einreist, muss von diesem Freitag an einen negativen Corona-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden ist“, sagte Eugen Witte. Das gelte für Hotels und Ferienwohnungen und -häuser gleichermaßen. Berufspendler und Reisende, die ihre Familien in Schleswig-Holstein besuchen möchten, sind laut Landesregierung von der Testpflicht ausgenommen. Die bisherige generelle 14-tägige Quarantänepflicht entfällt.
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Hoteliers und Vermieter seien verpflichtet, sich täglich über die aktuellen Risikogebiete zu informieren, sagte Witte. Dabei gebe es auf der landeseigenen Liste gewisse Unterschiede zu jener des Robert Koch-Instituts (RKI), sagte Witte. Diese Liste ist für jedermann auf der Homepage der Landesregierung einzusehen.
Diese deutschen Regionen stuft Schleswig-Holstein als Risikogebiet ein
Dort findet sich eine ständig aktualisierte Auflistung, denn Schleswig-Holstein betrachte die Zahlen sehr genau, sagte der Sprecher des Gesundheitsministerium. So sei beispielsweise Vechta wegen eines Corona-Ausbruchs in einem Pflegeheim zwar vom RKI als Risikogebiet eingestuft, nicht aber vom Land Schleswig-Holstein.
Derzeit sind Bremen, der Landkreis Emsland und Esslingen, die Städte Hamm, Remscheid, Hagen, Solingen und Offenbach aufgeführt (Stand 8. Oktober 2020). Die Stadt Berlin wird bei den Inzidenzzahlen von heute an als Ganzes und nicht mehr bezirksweise betrachtet, bislang gab es für vier einzelne Bezirke Reisebeschränkungen.
Dehoga kritisiert großen Mehraufwand für Gastgeber
Und während in der Kreuzfahrtindustrie künftig allen Passagiere nur mit einem negativen Corona-Testergebnis der Zugang zum Schiff gewährt wird, gibt es in den Beherbergungsbetriebe an Land nun unterschiedliche Regelungen, je nachdem, aus welchem Gebiet die Gäste anreisen. Die Herausforderungen durch die neuen Regeln steigen für Hotels und Vermieter von Ferienwohnungen und -häusern, denn sie müssen jeden Anmeldebogen sorgfältig prüfen und mit der tagesaktuellen Risikoliste abgleichen.
Franz J. Klein, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes e. V. (Dehoga) in Hamburg, sagt: „Es herrscht eine große Verunsicherung in der Branche.“ Bei jedem Gast genau zu prüfen, woher er kommt, mache eine Menge mehr Arbeit. Damit hätten die Mitarbeitern an den Rezeptionen deutlich mehr zu tun.
Wer absagt, muss Stornokosten im Zweifel selbst tragen
Bleibt zudem die Frage möglicher Stornierungen. „Ich weiß, dass sich Hotels bei Stornierungen in der Corona-Pandemie sehr großzügig zeigen“, sagte Franz J. Klein, doch sollte ein Gast, der aus einem Risikogebiet kommt, die Übernachtung von sich aus absagen, dann müsse er die Stornokosten im Zweifel selbst tragen.
Eugen Witte rät Schleswig-Holstein-Urlaubern, die ihre Reise lieber nicht antreten wollen, die Vertragsbedingungen zu prüfen und sich mit ihrem Gastgeber in Verbindung zu setzen, um eine einvernehmliche Lösung anzustreben.