Hamburg. Stoßlüften ist derzeit besonders wichtig – aber Kitas, Sportvereine, Hochbahn, Universität und Gastronomen reagieren unterschiedlich.
Frische Luft rein, Coronavirus raus? Fest steht jedenfalls, dass Stoßlüften derzeit wichtiger ist als ohnehin schon – und das erst recht bei weiter steigenden Infektionszahlen in der Hansestadt. Weil Aerosole in geschlossenen Räumen eine hohe Infektionsgefahr mit dem Coronavirus darstellen, empfehlen Forscher, häufiger und kräftig zu lüften. An Hamburgs Schulen wird nach den Herbstferien mit dem Stoßlüften mehr als zuvor losgelegt. Alle 20 Minuten müssen dann die Fenster in den Klassenräumen weit aufgerissen werden. Auch an vielen anderen Orten in der Stadt ist das Lüften ein zentrales Thema – einige Institutionen haben bereits reagiert.
Kein Problem mit frischer Luft hat nach eigenen Aussagen die Hamburger Hochbahn in ihren Bussen und U-Bahnen. „Unsere Fahrer sollen an allen Haltestellen zentral alle Türen öffnen. Bei der Hälfte der U-Bahn-Flotte (ältere Fahrzeuge aus den 90er-Jahren) war eine zentrale Öffnung aller Türen erst nach einer Softwareumrüstung möglich. Die haben wir sehr zügig bis zum Sommer umgesetzt“, sagt Christoph Kreienbaum, Sprecher der Hamburger Hochbahn. Die 1000 Busse können die Türen – bis auf wenige Ausnahmen – ebenfalls zentral öffnen. „Seit Anfang August wird unsere komplette Flotte bei jedem Halt – also fast im Minutentakt – stoßgelüftet. Das klappt auch sehr gut. Das zentrale Türenöffnen geschieht auch bei den vorhandenen Klimaanlagen, über die die Hälfte der U-Bahn-Flotte (Fahrzeuge ab 2006) und alle unsere Busse verfügen.“
In Hamburger Sportvereinen ist das Stoßlüften bereits Alltag
Auch in den Sportvereinen ist das Stoßlüften bereits Alltag. „Zur Vermeidung von Aerosolen sind unsere Trainer dazu angehalten, vor, während und nach jeder Trainingseinheit in unseren Räumlichkeiten stoßzulüften“, sagt Dennis Neumann vom Eimsbütteler Turnverband (ETV). Bei der Raumbelegung planen die Kollegen nach jedem Kurs eine Leerzeit von 15 Minuten ein, um den Raum ausreichend belüften zu können. Die Tür zu den Kursräumen bleibt für eine bessere Luftzirkulation offen. Outdoor-Kurse werden außerdem angeboten. „Dafür haben wir vor Kurzem ein Zelt auf unserem Vereinsgelände aufgestellt. Hierdurch wollen wir auch bei schlechteren Witterungsverhältnissen Outdoor-Sport ermöglichen.“
Ähnlich verläuft das Lüften in der benachbarten Kaifu-Lodge. „Die Mitglieder werden angehalten, nach Beendigung des Kurses zügig den Raum zu verlassen, damit gründlich durchgelüftet werden kann. Hierfür sehen wir eine 15-minütige Pause zwischen den Kursen vor. Dies geschieht regelmäßig zwischen den Kursen mit Lüftung als auch Desinfektion. Je nach Intensität des Kurses wird auch während der Kurse teilweise gelüftet“, sagt Carola Kippenberger von der Kaifu-Lodge.
Luftreiniger mit dreistufigem Filtersystem in der Kaifu-Lodge
Zusätzlich werden in der Kaifu-Lodge Luftreiniger mit dreistufigem Filtersystem (Aktivkohlefilter, HEPA H14-Filter, Entsorgungssack) gegen Viren wie Corona und Influenza eingesetzt. Kippenberger: „Darüber hinaus verwenden wir nach Kursen hochwirksame Nebeldesinfektionsgeräte, die Oberflächen und Equipment desinfizieren. Auf der Gerätefläche sorgen unsere Lüftungsanlage mit Zu- und Abluft und Luftreiniger gegen die Verbreitung von Aerosolen.“ Auch dort werden die Vernebelungsgeräte eingesetzt. Wenn es bald kühler wird, werden die Mitglieder darauf hingewiesen, einfach ein wärmendes Sweatshirt griffbereit zu haben.
In den 185 Kitas und an den 37 Schulstandorten der Elbkinder Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH ist das Lüften ohnehin nicht neu. „Das regelmäßige und ausgiebige Lüften in Kita-Räumen und den Schulräumen ist schon seit Längerem Bestandteil der Hygienestandards für unsere Einrichtungen, die dieser Aufforderung auch sehr gewissenhaft nachkommen“, sagt Sprecherin Katrin Geyer. „Derzeit überprüfen die Elbkinder, ob dieses Reglement für den Winter angepasst werden muss.“ Klimaanlagen gibt es in den Kitas nicht. „Sie sind gerade wegen der möglichen Verwirbelung von Aerosolen ja auch sehr umstritten. Auch der Nutzen spezieller Virenfilter sei noch nicht ausreichend getestet. „Hier verfolgen wir die Erkenntnisse des RKI.“
Die Gastronomie steht vor Herausforderungen
Die Kitas des Diakonischen Werkes gehen ähnlich vor. „Wir empfehlen Lüftungspläne, die den räumlichen Gegebenheiten angepasst sind. Von starren Vorgaben sehen wir ab, da diese sich auch ins Alltagsgeschehen einpassen müssen, das heißt es soll so viel wie möglich gelüftet werden unter Beachtung der erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen und unter Beachtung, dass die Räume nicht zu stark auskühlen und keine zusätzliche Erkältungsgefahr entsteht“, sagt Diakonie-Sprecherin Ulrike Kotthaus. Geeignet sind Zeiten wie nach dem Frühstück oder wenn es auf den Spielplatz geht.
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An der Hamburger Universität ist das Lüften natürlich auch ein Thema, auch wenn im Wintersemester die digitale Lehre dominieren wird. Die Uni unterscheidet zwischen Räumen mit Fenster-Lüftung und Räumen mit einer Lüftungsanlage. Für Räume mit Fenster gilt: Dort wird vor einer Veranstaltung und in regelmäßigen Abständen stoßgelüftet, bei Büroräumen nach 60 Minuten und bei Besprechungs- und Seminarräumen nach 20 Minuten. Es sollte mindestens drei bis zehn Minuten lang gelüftet werden. Der Lüftungsprozess kann, soweit möglich, durch das Öffnen der Zimmertür unterstützt werden. In einer Information an die Mitarbeiter heißt es: „Ergänzend kann zwischen den Stoßlüftungsphasen eine moderate Dauerlüftung mit Kippstellung der Fenster sinnvoll sein, um durch kontinuierlichen Luftaustausch ein temporär zu starkes Ansteigen der Virenkonzentration durch mögliche Ausscheider zu vermeiden.“ Zuständig für die Lüftung sind die Leiter von Veranstaltungen.
Lüftungsanlagen an der Universität verwenden ausschließlich Frischluft
Die Lüftungsanlagen an der Universität verwenden ausschließlich Frischluft. Ausnahme bilden Lüftungsanlagen in Laboren oder Spezial-Immobilien, bei denen aufgrund von physikalischen Anforderungen an die Luft 100-prozentige Frischluft nicht möglich ist. „In solchen Fällen wird die sichere Nutzung mittels zusätzlicher Filter ermöglicht.“ In den Hamburger Gaststätten, Cafés und Restaurants ist die Handhabe sehr unterschiedlich, sagt Franz Klein, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA. „Die einen machen Stoßlüften, die anderen haben Klimaanlagen. Wir empfehlen unseren Mitgliedern, sich an die geltenden Richtlinien zu halten.“
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Vor großen Herausforderungen stehen besonders Cafés und Restaurants. Beim Italiener Al Volo in Hoheluft-West, bei dem die Gäste bislang gut draußen sitzen konnten, werde noch über ein passendes Lüftungskonzept nachgedacht. Das Tschebull im Levantehaus an der Mönckebergstraße informiert die Gäste ausführlich auf der Homepage über das Lüftungskonzept.
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Dort steht: „Das Restaurant verfügt über zwei raumlufttechnische Anlagen. Beide Anlagen werden ohne Umluft betrieben und versorgen die Räumlichkeiten mit reiner Außenluft/Frischluft. Die Außenluft wird in zwei Stufen gefiltert sowie geheizt und gekühlt. Es wird außerdem gewährleistet, dass die Anlagen mehrmals im Jahr gereinigt und gewartet werden. Hierbei werden auch die Filter regelmäßig ausgetauscht. Die Raumluft wird etwa achtmal pro Stunde ausgetauscht.“
Und in ihrer Bullerei haben Tim Mälzer und Patrick Rüther beim Umbau auch die Lüftungsanlage überarbeitet, um ausreichenden und regelmäßigen Luftwechsel gewährleisten zu können.