Hamburg. Hamburger Architekt hatte Entwurf zum Erhalt der City-Hochhäuser eingereicht – und schied wegen angeblichen Formfehlers aus.
Nein, schön sehen sie wohl nicht aus: Mit der schmuddelig gewordenen, nachträglich aufgebrachten Eternit-Fassade ist momentan mit den vier grauen City-Hochhäusern beim Hauptbahnhof wohl kein Staat zu machen. Doch der Protest gegen die Abrisspläne der Stadt wächst – erst recht, seitdem die Finanzbehörde bekanntgab, dass in dem Ausschreibungsverfahren der letzte Investor, der sich für einen Erhalt der städtischen Gebäude einsetzte, wegen eines Formfehlers ausscheiden musste. Das nährt den Verdacht bei den Abriss-Kritikern, dass dabei Absicht im Spiel war. Zumal das Sanierungsangebot offensichtlich alle wesentlichen Wünsche der Stadt für das Areal erfüllt oder sogar übertrifft: „Wir haben alle Anforderungen überboten“, sagt der renommierte Hamburger Architekt Volkwin Marg, der das jetzt ausgebootete Sanierungskonzept für die Bietergemeinschaft Matrix Hochtief entworfen hat.
Fast 32 Millionen Euro hat die Bietergemeinschaft für die Hochhäuser geboten, zwölf mehr als das Mindestgebot. Statt der geforderten 19 Prozent Wohnanteil plant er in allen vier heutigen Bürotürmen 100 Prozent. Die vier Hochhäuser des neuen Johanniswallquartiers würden statt der entstellenden grauen Eternitverkleidung wieder eine weiß emaillierte Wärmeschutzfassade mit schwarz gerahmten quadratischen Schwingflügelfenstern erhalten. Dahinter könnten 310 Wohneinheiten entstehen – Stadtwohnungen, Sozialwohnungen, Serviceappartements und ein Hotel; außerdem Ärztezentrum, Kindergarten und Fitnessstudio.
Den alten Sockel mit den überwiegend leerstehenden Läden würde ein Neubau ersetzen, der sich mit drei gestaffelten Gastronomie-Terrassen zum Johanniswall öffnet. Der soll im Sinne eines Business Improvement Districts (BID) zu einem verkehrsberuhigten Boulevard umgestaltet werden, der Alster und Innenstadt mit der HafenCity verbindet. Durch zweigeschossige Kunstgalerien, die zwischen den Wohntürmen den Klosterwall begleiten, würde die Kunstmeile bis zu den Deichtorhallen belebt.
Doch Oberbaudirektor Jörn Walter hält das denkmalgeschützte Ensemble am Klosterwall für einen städtebaulichen Fehler, wie er mehrfach hat wissen lassen. Er möchte es abreißen und durch eine geschlossene Blockbebauung mit Klinkerfassade ersetzen lassen. Auch die Finanzbehörde hat signalisiert, dass der Denkmalschutz-Status kein Hindernis für einen Abriss des City-Hofes sei.
Im Rennen sind nun nur noch Investoren, die einen Abriss planen
Die verbliebenen beiden Bieter im Rennen sehen jetzt tatsächlich jeweils Abriss und Neubau vor. Doch immer mehr Politiker, Architekten, Kulturschaffende und Denkmalschützer plädieren für den Erhalt des 1956 fertiggestellten Bürohauskomplexes.
Einer der stärksten Abriss-Gegner ist Frank Pieter Hesse, der bis zu seiner Pensionierung 2013 Leiter des Hamburger Denkmalschutzamts war. „Die Stadt setzt sich aus wirtschaftlichen und vermeintlich städtebaulichen Interessen über ihre Pflicht hinweg, vorbildlich und beispielhaft mit ihren Denkmälern umzugehen“, sagt er. „Durch diese Pläne würde die Einmaligkeit des City-Hofs durch eine weitere wohl langweilige Variante des modernen Hamburger Backsteins ersetzt. Von diesem Baustil ist aber bereits die ganze HafenCity voll, und auch in der Innenstadt ist er ausreichend vertreten.“ Der City-Hof sei eines jener Gebäude, mit denen nach dem Krieg Lösungen für ein „Neues Hamburg“ gesucht worden wären. Sie zu beseitigen, käme einem „massiven kollektiven Gedächtnisverlust“ gleich. „Mit welchem Recht können ein Oberbaudirektor und ein Finanzsenator das fordern?“, fragt Hesse.
Wegen des Weltkulturerbes müsse mit besonderer Vorsicht agiert werden
Und es gebe einen weiteren Grund, der für eine Sanierung des City-Hofs spräche. So liege das Denkmal in unmittelbarer Nähe des Weltkulturerbes Kontorhausviertel und Speicherstadt. Die Unesco behalte jedoch die von ihr ausgezeichneten Orte auch nach der Vergabe des Titels im Blick. „Dem Dresdner Elbtal wurde er nach dem Bau der Waldschlösschenbrücke wieder aberkannt“, so Hesse.
Volkwin Marg findet die Abbruchabsichten der Stadt sogar „skandalös“. Nicht, weil seine Planungen allem Anschein nach nicht realisiert werden sollen – das sind Architekten gewohnt, die sich ja vielfach an Wettbewerben beteiligen. Es ist vielmehr Hamburgs Umgang mit seinen Denkmälern, der ihn erbost. „Wenn die Stadt sich wirklich über das von ihr gemachte Gesetz hinwegsetzt und den City-Hof abreißt, schafft sie einen Präzedenzfall, aufgrund dessen man den gesamten Denkmalschutz abschaffen kann“, sagt er. Es seien „juristische Winkelzüge“, mit denen sie sich der Selbstverpflichtung des Denkmalschutzes entziehe.
Damit spielt er darauf an, dass die Finanzbehörde, kurz bevor die letzten drei Bieter gemäß akzeptiertem Vertrag ihre überarbeiteten Angebote abgeben mussten, neue Bedingungen nachgeschoben hat. Nach Abendblatt-Informationen sollen diese die Bietergemeinschaft Matrix Hochtief gegenüber den Mitbewerbern, die Abriss und Neubau planten, benachteiligt haben. Da sich die Stadt dazu nicht gesprächsbereit gezeigt habe, wurde der Vertrag bei der Unterzeichnung von der Bietergemeinschaft um den Punkt ergänzt, dass zu einem späteren Zeitpunkt über die veränderten Konditionen geredet werden müsse. Das soll die Behörde als formalen Anlass für den Ausschluss genommen haben.
Sanierung und Erhalt des City-Hofs hätten laut Marg viele Vorteile. Man spare die Zeit für Planungswettbewerb und Abbrucharbeiten, müsse weder Baugrube noch Tiefgarage errichten, könne durch Verwertung der Rohbausubstanz Baukosten sparen und so preiswertere Wohnungsmieten erreichen, lockere die Monostruktur des unbewohnten Kontorhausviertels auf und belebe das Quartier auch nachts. Und könne sogar mit einem bepflanzten Sockeldach, Photovoltaikanlagen auf den Hochhäusern, Windrädern auf den Türmen und einem Eisspeicher im Keller regenerative Energien produzieren und speichern. „So soll auch mit einem Baudenkmal der Nachhaltigkeitsstandard Gold erreicht werden“, sagt Marg.
Auf dem Dach der City-Hochhäuser waren Windräder geplant
Dass sowohl dieser Entwurf als auch die verbliebenen Konzepte weder öffentlich vorgestellt noch diskutiert werden, finden viele empörend. „Wir brauchen eine städtebauliche Diskussion über den Umgang mit diesem markanten Standort“, fordert etwa Bürgerschaftsmitglied Olaf Duge, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen. Es wäre wichtiger, dass die Bürgerschaft in öffentlichen Sitzungen über die Zukunft des City-Hofs debattiere, als dass die Kommission für Bodenordnung hinter verschlossenen Türen entscheide. „Das ist eine Pfeffersackmentalität, die dem Ansehen der Stadt nicht guttut.“