Hamburg. Eine Million Wohnungen und ein zügiger U-Bahn-Ausbau. Das Abendblatt stellt Auszüge aus dem Entwurf vor und ordnet sie ein.

115 Seiten umfasst der Koalitionsvertrag von SPD und Grünen. Er trägt den Titel „Zusammen schaffen wir das moderne Hamburg“. Das Abendblatt dokumentiert und erklärt die wichtigsten Aussagen. Die kursiv gesetzten Passagen sind Originaltext aus dem Koalitionsvertrag.

Finanzen:

„Der Senat wird den Kurs der stetigen Haushaltskonsolidierung fortsetzen. ... Für die Jahre ab 2017 sind im Kernhaushalt keine neuen Schulden mehr vorgesehen. Das soll so bleiben.“

Diese Passage steckt den finanziellen Rahmen für die gesamte Koalition ab. Die SPD hatte schon 2011 festgelegt, dass die Ausgaben um maximal ein Prozent pro Jahr steigen dürfen. Da die Einnahmen im Schnitt stärker steigen, hat das zwei Effekte: Bereits 2014 gab es erstmals seit Jahrzehnten einen Haushaltsüberschuss von gut 400 Millionen Euro. Auf der anderen Seite sind alle Behörden zum Sparen gezwungen. Die Grünen tragen diesen Kurs mit. Allerdings soll der bereits beschlossene Haushalt 2015/2016 noch einmal überarbeitet werden, um die neuen Schwerpunkte der Koalition einzubauen.

Dazu heißt es:

„Der Senat setzt finanzielle Prioritäten. Das gute Ergebnis des Haushaltsjahres 2014 führt gegenüber der bisherigen Planung zu Zinsersparnissen in der kommenden Legislaturperiode von insgesamt rund 100 Millionen Euro. Hiervon werden 40 Millionen Euro zur Finanzierung von Maßnahmen im Bereich Wissenschaft und Forschung, 30 Millionen Euro zur Finanzierung von Maßnahmen im Bereich Umwelt und Klimaschutz und 30 Millionen Euro für übrige prioritäre Maßnahmen verwendet. Alle anderen Maßnahmen, die im Koalitionsvertrag vereinbart sind, sind von den jeweiligen Behörden eigenverantwortlich ... zu finanzieren.“

Weitere Kernaussagen dazu:

„Der Senat wird in Hamburg keine Steuern erhöhen.“

„Der Senat verfolgt weiter das Ziel, den Personalbestand um jährlich 250 Vollzeitkräfte zu reduzieren.“

„Löhne und Gehälter der Beschäftigten und der ... Beamten steigen entsprechend der ausgehandelten Tarife.“

Dahinter verbirgt sich die Zusage des Bürgermeisters, die Tarifabschlüsse auch auf die Beamten zu übertragen.

Wirtschaft

Der Senat orientiert seine Wirtschaftspolitik an drei strategischen Leitlinien: Steigerung der Forschungs- und Entwicklungs-Ausgaben sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich, Digitalisierung und Internationalisierung. Die grüne Handschrift wird an folgender Passage deutlich:

„Die ökonomische Entwicklung Hamburgs ist eng mit der ökologischen Entwicklung verbunden. Die ökologische Modernisierung bietet große Chancen für die Hamburger Wirtschaft, wie etwa bei den erneuerbaren Energien, den Werften oder im Handwerk.“

Konkrete Ankündigungen:

„Billbrook soll ein Magnet für Industrieansiedlungen werden. ... Hier sollen neue Industriearbeitsplätze entstehen und die Wirtschaftskraft Hamburgs gestärkt werden.“

„Der Senat wird alles dafür tun, dass Hamburg zukünftig Sitzland des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrtforschung (DLR) wird.“

„Der Senat wird eine digitale Gründungsplattform für wissensbasierte Gründungen schaffen, die Hamburger Hochschulen, Wirtschaftsakteure und Forschungseinrichtungen dabei unterstützt, mehr Gründungen und Ausgründungen zu ermöglichen.“

„In Rothenburgsort wird die Speicherstadt des 21. Jahrhunderts mit Räumen für urbane Produktion als mehrgeschossige Gewerbeimmobilien gebaut.“

Der Senat will immer etwa 100 Hektar an sofort verfügbaren städtischen Industrie- und Gewerbeflächen vorhalten. Da die Flächen in der Stadt begrenzt sind, wird darüber nachgedacht, mehrgeschossige oder unterirdische Gewerbeflächen zu entwickeln: „Deshalb wollen wir international flächenschonende, vertikale Konzepte von Städten und Regionen mit besonderer Einwohnerdichte wie etwa Singapur auf eine Übertragbarkeit für Hamburg prüfen.“

Rot-grüner Senat besiegelt

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    Hafen/Elbvertiefung

    „Die Koalitionspartner sind sich über die Beurteilung der Notwendigkeit einer weiteren Elbvertiefung uneinig.“ Die beteiligten Behörden werden aber

    „alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um die zügige bauliche Umsetzung der Fahrrinnenanpassung zu erreichen“.

    Mit anderen Worten: Die Grünen halten die Elbvertiefung zwar für überflüssig, werden sie im Fall einer Genehmigung durch die Gerichte aber nicht blockieren. Punkt für die SPD.

    Grundsätzlich heißt es zum Hafen:

    „Zur langfristigen Sicherung und Akzeptanz des Hamburger Hafens inmitten einer Millionenmetropole ... vereinbaren die Koalitionspartner ein Luftreinhalteprogramm.“

    Langfristiges Ziel sei ein „emissionsarmer Hafen“. Unter anderem sollen die Terminalbetreiber freiwillig „nur noch Lkw mit Euronorm 5 und darüber abfertigen“, für Containerschiffe im Hafen soll eine externe Energieversorgung geschaffen werden, etwa über Power Barges oder Landstrom, es wird ein LNG (Liquified Natural Gas) Terminal errichtet, Inner-Hafen-Verkehre sollen von der Straße auf Schiffe verlagert werden, und die Emissionen der Binnenhafenverkehre (Fähren, Barkassen, Schlepper) sollen reduziert werden.

    Weitere Ziele, die vor allem den Grünen in diesem Zusammenhang wichtig waren:

    „Es wird ein Bonus- und Malus-System für Seeschiffe mit hohen Lärm- und Schadstoffemissionen eingeführt. ... Es soll einen Anreiz dazu bieten, die Verbesserung der Luftqualität auf dem Schiff anzugehen.“

    „Der Anteil des Hafengelds, der der Stiftung Lebensraum Elbe zufließt, wird von vier auf fünf Prozent angehoben.“

    Zentrale Vereinbarungen von SPD und Grünen

    Die Unterhändler von SPD und Grünen in Hamburg haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Zentrale Inhalte sind dabei:

    Haushalt/Finanzen: Die Haushaltskonsolidierung wird fortgesetzt, die Ausgaben werden weiter am langfristigen Einnahmetrend ausgerichtet. Die jährliche Steigerung im Haushalt bleibt bei 0,88 Prozent gedeckelt (0,5 Prozent nach dem neuen Finanzrahmengesetz). Die von 2020 an geltende und auch in der Hamburgischen Verfassung verankerte Schuldenbremse hat Bestand. Insgesamt 100 Millionen Euro stehen in den kommenden fünf Jahren zusätzlich zur Verfügung.

    Schule: Die Schulen werden finanziell und personell besser ausgestattet, der Ganztagsbereich wird ausgebaut und die Inklusion vorangetrieben. Außerdem soll es mehr Produktionsküchen geben und der Kampf gegen Unterrichtsausfall verstärkt werden. Zudem sollen sich Hamburgs Schüler mehr an zentralen Bundesprüfungen beteiligen.

    Wirtschaft/Hafen: Sollten die Gerichte die Elbvertiefung zulassen, wird sie auch umgesetzt. Gleichzeitig soll dann auch ein Paket zur „Ökologisierung der Elbe“ geschnürt werden.

    Verkehr: Der geplante U-Bahnbau wird beschleunigt, das Busbeschleunigungsprogramm modifiziert und der Fahrradverkehr in Hamburg soll bis spätestens 2030 auf 25 Prozent erhöht werden. Nicht geben wird es eine Stadtbahn, eine City-Maut oder eine Umweltzone.

    Wissenschaft: Die Wissenschaft in Hamburg erhält zusätzlich 40 Millionen Euro. Der Hochschulbau wird unverändert fortgesetzt. Die umstrittenen BAföG-Millionen in Höhe von rund 30 Millionen Euro fließen weiterhin nicht in die Hochschulen.

    Kultur: Bau und Betrieb der Elbphilharmonie werden nicht zulasten der übrigen Kultur gehen. Die Filmförderung bleibt bestehen, die Bildenden Künste werden gestärkt und die Privattheater weiter unterstützt. Die Tourismus- und Kulturtaxe soll Raum für neue Projekte schaffen.

    Umwelt: Der Umwelt- und Klimaschutz wird mit 30 Millionen Euro zusätzlich ausgestattet. Naturschutzgebiete werden ausgeweitet, die Grünanlagen besser gepflegt und mehr Dachbegrünungen vorgenommen. Der Luftreinhalteplan wird weiterentwickelt. Das veraltete Kohlekraftwerk Wedel wird ersetzt - unklar ist jedoch wodurch.

    Wohnen: Senatsziel bleibt, dass jedes Jahr 6000 neue Wohnungen gebaut werden, ein Drittel davon als Sozialwohnungen. Grünflächen, Biotope und Landschaftsachsen sollen dabei besonders geschont werden, und auch die Energieeffizienz soll im Vordergrund stehen. Menschen in Notlagen sollen von Projekten sozialer Investoren profitieren, welche von der Stadt günstige Grundstücke erhalten sollen. Die Mietpreisbremse wird möglichst in ganz Hamburg eingeführt.

    Gesundheit/Verbraucherschutz: Der Senat will mehr spezialisierte, überregionale Behandlungszentren nach Hamburg holen, eine gleichmäßige Ärzteversorgung in allen Stadtteilen fördern und in jedem Bezirk ein Zentrum für Altersmedizin einrichten. Bei der Pflege gilt weiter das Ziel, Pflegebedürftige möglichst lange zu Hause leben zu lassen. Außerdem wird ein Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an namentlich bekannte Erwachsene geprüft.

    Justiz: Der Strafvollzug in Hamburg wird reformiert, die Frauenabteilungen werden nach Billwerder verlegt. Außerdem soll es ein Resozialisierungsgesetz geben. Der Datenschutzbeauftragte soll mehr Freiheiten erhalten.

    Soziales/Kinder: Der Betreuungsschlüssel an Kindertagesstätten wird schneller auf 1:4 erhöht als geplant. Außerdem soll der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) besser ausgestattet und ein Personalbemessungssystem rasch eingeführt werden. Das Hamburger Mindestlohngesetz wird angepasst, die Leiharbeit eingeschränkt. Befristungen sollen vermieden und Langzeitarbeitslose mehr unterstützt werden.

    Olympia/Referendum: Bevor Olympische Spiele in Hamburg stattfinden können, soll es ein verbindliches Referendum geben. Dazu soll die Verfassung geändert werden. Außerdem sind sich beide Parteien einig, dass Sommerspiele in Hamburg deutlich kleiner, bescheidener und nachhaltiger werden müssen als Olympische Spiele bislang sind.

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    Wissenschaft

    „Die Koalitionspartner bekennen sich dazu, dass es eine der wichtigsten politischen Aufgaben ist, exzellente Rahmenbedingungen für Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen zu gewährleisten.“

    Im Koalitionsvertrag ist immer wieder wolkig die Rede davon, wo Rot-Grün die Hochschulen „unterstützen“ wolle. Das ist der Tatsache geschuldet, dass die Hochschulen autonom sind und die Politik ihnen kaum Vorschriften machen kann. Zu den Finanzen heißt es:

    „Die Hochschulvereinbarungen gelten bis 2020. ... Der Senat wird nach dem Tarifabschluss im Frühjahr 2015 im Dialog mit den Hochschulen bewerten, ob eine Revision erforderlich ist.“

    Das bedeutet: Die Zuwendungen der Stadt an die Unis steigen auch weiterhin nur um 0,88 Prozent pro Jahr. Ob diese Verträge im Sinne der Unis verändert werden, ist offen. Gleichzeitig wird eine andere Priorität benannt:

    „Hamburg steigert die Ausgaben für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen (wie das DESY) in 2015 und 2016 um 6,3 Prozent.“

    Was mit den 40 Millionen Euro zusätzlich (also acht Millionen pro Jahr) geschehen soll, ließ die künftige Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) noch offen.

    Zur baulichen Situation des zentralen Campus heißt es:

    „Der Philosophenturm wird saniert. In dieser Legislaturperiode wird eine Entwicklungsperspektive für den gesamten Von-Melle-Park erarbeitet.“

    Verkehr

    Im Bereich Verkehr schienen im Wahlkampf die Meinungsunterschiede zwischen SPD und Grünen sehr groß zu sein. In ihrem Koalitionsvertrag bekennen sich beide Parteien ausdrücklich „zu Hamburg als Stadt der Mobilität“.

    Schienenverkehr

    Was den Eisenbahnverkehr angeht, so will der Senat sich künftig auf den Ausbau der Hinterlandanbindung des Hafens und verbesserte Fernverbindungen konzentrieren. „Hamburg sieht den Bedarf für zusätzliche Bahnkapazitäten, damit zu erwartende Steigerungen beim Umschlag nicht vollständig auf dem Lkw landen. … Der überlastete Schienenknoten Hamburg braucht dringend neue Kapazitäten im Hamburger Süden und im südlichen Umland. … Der Senat setzt sich für den mittelfristigen Aus- oder Neubau der Schienenstrecken zwischen den Metropolregionen Hamburg, Bremen und Hannover ein.“

    Zudem wollen die Koalitionspartner den Hauptbahnhof erweitern: „Die Kapazität des Hauptbahnhofs muss erhöht werden z.B. durch Bau eines zusätzlichen Bahnsteigs sowie zusätzliche Ausgänge für Fahrgäste im Süden.“

    Autoverkehr

    „Gemäß des Altonaer Konsenses wollen wir eine zeitnahe und größtmögliche Überdeckelung der A 7 in Angriff nehmen.“

    Das bedeutet: SPD und Grüne wollen einen längeren Deckel über der A 7 als es der Bund bezahlen möchte. Eine konkrete Aussage, wie Mehrkosten für Hamburg in bis zu dreistelliger Millionenhöhe finanziert werden, gibt es im Vertrag allerdings nicht. SPD und Grüne wollen die A-26-Ost zwischen der A 7 und der A 1 (Hafenquerspange) und halten an der umstrittenen Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße fest. Innerstädtisch versprechen beide Koalitionspartner die Fortsetzung des Sanierungsprogramms für Haupt- und Bezirksstraßen. „In dieser Legislaturperiode sollen mindestens 500 Kilometer Fahrbahn in Ordnung gebracht werden. Dabei soll immer auch geprüft werden, ob Verbesserungen für den Radverkehr und Fußwege möglich sind.“

    Radverkehr

    Unter dem Titel „Hamburg wird Fahrradstadt“ ist dem Radverkehr ein ganzes Kapitel gewidmet, das durch eine grüne Handschrift geprägt ist. Übergeordnetes Ziel ist es, „den Radverkehrsanteil in den 1920er-Jahren auf 25 Prozent zu steigern“. Dazu sollen rund 30 Millionen Euro aus Bundeszuschüssen investiert werden.

    Konkret heißt es:

    „In jedem Bezirk wollen wir bis spätestens zum Abschluss der Wahlperiode eine Route für einen Radschnellweg auf den Weg bringen und in der nächsten Legislaturperiode bauen, sodass Hamburg ein besonderes Radpendler-Angebot bietet.“

    Weiter heißt es:

    „Das Radwegenetz wird saniert. ... Wo möglich und sinnvoll sollen Radfahrstreifen und Schutzstreifen für ... Radfahrer angelegt werden.“

    „Die Koalitionspartner werden die Radwegebenutzungspflicht einschränken.“

    Öffentlicher Nahverkehr

    SPD und Grüne versprechen den Bau der S-Bahnstationen Elbbrücken und Ottensen in der kommenden Legislaturperiode.

    Ehrgeizig sind die Ziele bei der Erweiterung des U-Bahnnetzes. „Die U 4 wird bis zu den Elbbrücken verlängert. Sie soll 2018 fertiggestellt werden.“ Zudem soll die U 4 „von Horner Rennbahn in die Horner Geest mit den Haltestellen Stoltenstraße und Dannerallee verlängert werden. Der Senat strebt an, mit dem Bau 2019 zu beginnen“.

    Im Fall einer erfolgreichen Olympiabewerbung wird die U 4 „von den Elbbrücken nach Süden verlängert werden, um eine hochwertige Anbindung der städtebaulichen Nachnutzungen des Olympischen Dorfes zu erreichen“.

    Zur neuen Linie U 5 heißt es:

    Sie „soll im Osten von Bramfeld über Steilshoop voraussichtlich über Sengelmannstraße und Borgweg in die Innenstadt und von dort über Lurup zum Osdorfer Born führen. … Der Senat setzt sich das Ziel, in spätestens 15 Jahren die wichtigsten Streckenabschnitte fertiggestellt zu haben.“

    Das Wort „Busbeschleunigung“ taucht in dem Koalitionsvertrag nicht auf. Es heißt lediglich: „Der mit der Volksinitiative gefundene Kompromiss ... wird umgesetzt.“

    Wohnen und Stadtentwicklung

    Die Koalitionspartner wollen das bewährte Wohnungsbauprogramm fortsetzen: „Bis zum Anfang der 20er-Jahre sollen in Hamburg eine Million Wohnungen verfügbar sein. Jährlich sollen weiterhin mindestens 6000 Wohnungen genehmigt und gebaut werden.“

    Das „Bündnis für das Wohnen“ mit allen am Wohnungsmarkt Beteiligten, der „Vertrag für Hamburg“ mit den Bezirken und die bezirklichen Wohnungsbauprogramme sollen fortgesetzt werden. Auch daran, dass jedes Jahr 2000 öffentlich geförderte Wohnungen entstehen, ändert sich nichts.

    Grundsätzlich steht innerstädtische Verdichtung im Vordergrund: „Um den galoppierenden Flächenfraß zu stoppen, muss Innenentwicklung Vorrang vor Außenentwicklung haben. Flächenverschwendendes Bauen, Leerstand und Zweckentfremdung müssen wirksam eingedämmt werden.“

    Um die Situation von Menschen zu verbessern, die vordringlich eine Wohnung suchen, soll ein Sofortprogramm aufgelegt werden. „Die SAGA wird weiterhin einen entsprechenden Beitrag zur Verbesserung für vordringlich Wohnungssuchende leisten und den Anteil von 1700 auf 1900 Wohneinheiten erhöhen.“

    Umwelt

    Nachdem das Verwaltungsgericht die Stadt zur Erarbeitung eines neuen Luftreinhalteplan verurteilt hat, wollen SPD und Grüne dem nun (wie berichtet) doch nachkommen:

    „Der Senat wird ...binnen zwei Jahren einen neuen Luftreinhalteplan aufstellen. (...) Da das Gericht die Stadt nur zu diesem Vorgehen verpflichtet hat, macht nach sorgfältiger Prüfung eine Berufung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg keinen Sinn.“

    In diesem Bereich haben die Grünen die SPD davon überzeugt, nicht gegen das Gerichtsurteil vorzugehen.

    Zum Rückkauf der Energienetze heißt es:

    „Die Koalition wird die Zielsetzungen des Volksentscheids vom 22. September 2013 vollständig verwirklichen. ... Die Stadt wird 2018 und 2019 die Optionen zum Rückkauf des Gasnetzes und der Fernwärmeversorgung wahrnehmen.“

    Zur Fernwärme heißt es ferner:

    „Der Senat wird die Fernwärmeversorgung ausbauen und modernisieren sowie den Umstieg auf klimaschonende Energien bei der Wärmeversorgung der Stadt vorantreiben.“

    Und: „Die Entscheidung für den Ersatz des Heizkraftwerks Wedel fällt 2015.“ Wie diese Entscheidung konkret aussieht, haben die Koalitionäre nicht festgelegt. Die SPD favorisiert derzeit ein Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk am alten Standort in Wedel. Das lehnen die Grünen ab. Sie favorisieren Alternativen wie kleinere, dezentrale Blockheizkraftwerke. Die Grünen hatten in ihrem Wahlprogramm den Ersatz für das Kohlekraftwerk Wedel als die „wichtigste aktuelle Entscheidung“ bezeichnet.

    Frühkindliche Betreuung

    „Der Senat wird den Personalschlüssel im Krippenbereich schneller als geplant verbessern.“ Die im Dezember mit den Kita-Verbänden geschlossene „Eckpunktevereinbarung zu Qualitätsverbesserungen in Krippe und Kita“ soll so angepasst werden, „dass bereits ab dem 1. August 2016 die Personalwochenstunden für das Erziehungspersonal bei allen Leistungsarten im Krippenbereich für die Kinder im Alter von 25 bis 36 Monaten um zehn Prozent angehoben werden.“ Langfristiges Ziel: „Zum 1. August 2019 soll im Krippenbereich ein rechnerischer Personalschlüssel von 1 zu 4 erreicht sein.“

    Kinder und Jugendarbeit

    „Wir wollen diese Arbeit stärken. Sie muss zugleich konzeptionell auf die nahezu flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen reagieren. Auch im Rahmen der Ganztagsschulentwicklung soll die offene Kinder- und Jugendarbeit sich weiterhin als außerschulischer Lernort etablieren.“

    Auch dieser Punkt geht an die Grünen. Sie hatten die Kürzungen der Sozialbehörde in diesem Bereich stets scharf kritisiert.

    Geschlossene Unterbringung

    Die Grünen haben eine geschlossene Unterbringung für straffällige Jugendliche abgelehnt, aber die SPD hat sich durchgesetzt. Zu den Gesprächen mit Bremen über eine gemeinsame Einrichtung heißt es:

    „Hamburg führt ... Gespräche zur Beteiligung (mit kleiner einstelliger Platzzahl) an der Errichtung einer intensivpädagogischen Einrichtung mit der Möglichkeit freiheitsentziehender Maßnahmen mit anderen Bundesländern.“

    Schule

    „Hamburgs Schulen brauchen in den nächsten Jahren vor allem Zeit und Ruhe, um bereits beschlossene Reformen umzusetzen, die Qualität zu sichern und Freude am Lernen zu fördern. Deshalb gilt der Schulfriede, wie vereinbart, weiter.“

    Zu dem Problem mit der Inklusion, also der Beschulung von förderbedürftigen Kindern an Regelschulen, heißt es: „Beginnend mit dem Schuljahr 2015/16 werden wir aufwachsend bis einschließlich zum Schuljahr 2019/20 insgesamt 120 zusätzliche Vollzeitstellen für die Inklusion zur Verfügung stellen.“

    Die Ganztagsbetreuung soll weiter ausgebaut und qualitativ verbessert werden: „Ziel ist es, Vor- und Nachmittagsangebote besser zu verbinden, Hausaufgabenhilfe und nachmittägliche Bildungs- und Förderangebote zu verbessern, die Aufenthaltsqualität der Schulräume zu verbessern sowie Ruhezonen und Möglichkeiten zum freien Spiel auszubauen.“

    Außerdem heißt es: „Bis 2019 sollen alle Ganztagsschulen mit insgesamt 170 Kantinen ausgestattet sein. Auf Antrag der Schulen können im Rahmen der jeweils vorhandenen Mittel in dieser Legislaturperiode 20 Produktionsküchen eingerichtet bzw. Aufwärmküchen zu Produktionsküchen umgebaut werden.“

    Cannabis

    SPD und Grüne wollen im Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft unter Hinzuziehung von Experten „ergebnisoffen beraten, ob und gegebenenfalls wie ein Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Hamburg durchgeführt werden sollte“.

    Kultur

    Die Koalition will Hamburgs Traditionshäuser und Privattheater sowie die Museumslandschaft „weiter stärken“. Das Angebot an Atelierflächen soll „weiter ausgebaut“ werden. Die Elbphilharmonie soll zu einem Haus für alle werden.

    Innere Sicherheit

    Bei der Inneren Sicherheit finden sich an nur wenigen Punkten Ansätze für eine andere Politik als zu Zeiten der Alleinregierung der SPD. Die Grünen konnten durchsetzen, dass eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten und die Einrichtung von umstrittenen Gefahrengebieten geprüft werden soll (siehe Artikel unten). Polizei und Feuerwehr sollen weiterhin von Stellenstreichungen ausgenommen werden. Zudem heißt es: „Die Koalitionspartner werden rechtzeitig die erforderlichen Einstellungen vornehmen, um die Personalstärke der Polizei von 7700 Vollzugsstellen unverändert zu gewährleisten.“

    Einen Akzent will der neue Senat von SPD und Grünen bei der Prävention von Kriminalität und bei der Beratung von Opfern von Verbrechen setzen. Dazu vereinbaren sie eine „Kampagne zur Ächtung von Gewalt und zur Förderung friedlicher Konfliktlösungsstrategien“. Zeitpläne mit genauen Budgets finden sich auf den vier Seiten zur Sicherheitspolitik nicht.

    Bei der Arbeit von Polizei und Geheimdienst will der Senat die Kontrolle durch Parlament und Datenschutzbeauftragten „angemessen“ einbinden. Wie genau, steht dort nicht.

    Flüchtlinge

    Bis zum Jahresende leben laut Hochrechnung 20.000 geflohene Menschen in Hamburg. Vieles bleibt in der Flüchtlingspolitik beim Kurs der SPD. Die bisherigen Akteure der Flüchtlingshilfe sollen gestärkt werden:

    „Humanitäre Asylpolitik bedeutet nicht nur die Aufnahme von Flüchtlingen, sondern auch ihre menschengerechte Versorgung und Integration.“ Welche Größe einzelne Zimmer in den Unterkünften in Zukunft haben sollen oder wie nahe Einrichtungen etwa an Busstationen liegen sollen, sagen SPD und Grüne nicht. Es heißt nur: „Wir streben mittelfristig die Schaffung von kleineren Einrichtungen an.“ Verbesserung soll es bei der Betreuung von traumatisierten Flüchtlingen geben.

    Zuletzt fielen einzelne minderjährige Flüchtlinge durch Straftaten auf. Bei dieser Gruppe setzt die neue Regierung gegen den Widerstand der Grünen weiter auf die Unterbringung in einer Einrichtung in Hammerbrook.

    Streitthema zwischen SPD und Grünen war die sogenannte Lampedusa-Gruppe. Vor etwa zwei Jahren kamen rund 300 Afrikaner über Italien nach Hamburg. Heute leben viele illegal hier. Das Wort „Lampedusa-Gruppe“ findet sich im Koalitionsvertrag nicht.

    Es heißt aber vor allem von Seiten der Grünen, dass die Regierung eine Lösung für die Gruppe anstrebe: in Hamburg. Dafür soll das geschlossene Asylverfahren für diejenigen wieder geöffnet werden, die sich bisher nicht bei den Behörden für eine Asylprüfung gemeldet hatten. Eine pauschale Anerkennung der ganzen Gruppe wird es auch mit den Grünen nicht geben.

    Olympia

    Die Bewerbung um die Olympischen Spiele 2024 hat auch unter Rot-Grün Priorität. „Die Spiele in Hamburg sollen zu einem großen Gemeinschaftserlebnis werden und Hamburg internationaler nach innen und außen machen.“ Die Spiele sollen „transparenter, flexibler, nachhaltiger, bescheidener und kostengünstiger werden“. Angaben zu Kosten und Auswirkungen des Großevents auf Stadtteile und Milieus nennen die Koalitionäre nicht. Nur: Der Senat werde die Planung „weiter vorantreiben, und auf dieser Grundlage die Kosten so weit wie möglich ermitteln“.

    Grüne Handschrift trägt der Koalitionsvertrag beim Thema Olympia an mehreren Stellen. So soll die Luft im Hafen spätestens zu Olympia „so sauber sein, dass die europäischen Grenzwerte möglichst eingehalten werden“.

    Vor der Wahl hatte der SPD-Senat erstmals zugegeben, dass der Schiffsverkehr die Gesundheit der Menschen „erheblich gefährdet“.