Nach der vertagten Entscheidung zur Elbvertiefung gab Hamburgs Bürgermeister am Mittwoch eine Regierungserklärung ab. Scholz fürchtet Konsequenzen für Hamburg - und für Europa.
Hamburg. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat die Elbvertiefung in einer Regierungserklärung am Nachmittag als Schicksalsfrage für Hamburg, aber auch den Norden insgesamt bezeichnet. „Hamburgs Wohlstand und die wirtschaftliche Stärke der Stadt beruhen letztlich auf ihrer Lage am Wasser“, sagte er vor den Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft.
„Wir sind in der Pflicht, dieses nicht zu gefährden – Stillstand wäre nicht gut für den Norden“, so Scholz. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs werde aber auch Konsequenzen für ganz Europa haben. „Sollte die Auslegung der Wasserschutzrichtlinie dazu führen, dass alle Projekte, die auch nur marginal gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen, scheitern, wären zahlreiche Infrastrukturprojekte in ganz Europa davon betroffen“, sagte der SPD-Politiker. Nicht nur im Sinne der eigenen Konkurrenzfähigkeit, sondern als überzeugte Europäer müsse man deshalb hoffen, dass bei der Anwendung der Europäischen Umweltrichtlinie nicht „der Fisch mit dem Wasser“ ausgeschüttet werde.
Scholz nimmt frühere Verkehrssenatoren in Schutz
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte die Entscheidung über die von Umweltverbänden angestrengte Klage gegen die Fahrrinnenanpassung in der vergangenen Woche ausgesetzt – und will nun zunächst ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu einem sehr ähnlich gelagerten Verfahren zur Weser abwarten, bevor es selbst entscheidet. Das Leipziger Gericht hatte unterschiedliche Mängel in den vom SPD-Senat eingereichten Unterlagen moniert. Die Opposition warf Bürgermeister Scholz und seiner Regierung daraufhin mangelnde Sorgfalt vor.
Scholz konterte in seiner Regierungserklärung, nach der vorläufigen Einschätzung der Bundesverwaltungsrichter gebe es zwar einzelne Mängel an den Planfeststellungsbeschlüssen, diese seien aber behebbar und führten weder einzeln noch in ihrer Summe zur Aufhebung der Feststellungsbeschlüsse. Ausdrücklich nahm Scholz auch früher mit dem Verfahren befasste Senatoren wie Axel Gedaschko und Gunnar Uldall (beide CDU), frühere und aktuelle Bundesverkehrsminister wie auch seine Amtsvorgänger als Bürgermeister, Ole von Beust und Christoph Ahlhaus (beide CDU) vor Kritik in Schutz.
Oppositionsführer Dietrich Wersich (CDU) übte in seiner Antwort heftige Kritik an den regierenden Sozialdemokraten. „Anspruch und Wirklichkeit klafften noch nie so weit auseinander wie beim derzeitigen Senat“, sagt der CDU-Spitzenkandidat. Dabei bezog er sich auch auf die Elbvertiefung. In einer der wichtigsten Fragen für die Stadt habe Olaf Scholz sein Versprechen vom ordentlichen Regieren nicht halten können. „Der Bürgermeister und die SPD tun so, als ob sie Opfer höherer Mächte wären.“ Die hochmütige Kritik gegenüber seinen Vorgängern im Amt als Bürgermeister und seine vollmundigen Ankündigungen entbehre jeder Grundlage. Wersich: „Die Glaubwürdigkeit des Senats ist in der ganzen Welt beschädigt.“
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel wies den Angriff der Opposition zurück. „Die Schuldzuweisungen des Herrn Wersich waren schon ein bisschen Wahlkampf.“ Die Sozialdemokraten, so Dressel, hätten ihre Hausaufgaben gemacht. „Das war ordentlich regiert.“ Die unklare Wasserrahmenrichtlinie der EU liegt außerhalb der Verantwortung des Senats.“
Auch Jens Kerstan, Fraktionschef der Grünen, ging auf die Elbvertiefung ein. „Die Gerichtsentscheidung ist die Quittung für die jahrelange Ignoranz der Hafenwirtschaft und des Senats gegenüber ökologischen Belangen. Aber der Bürgermeister zeigt lieber mit dem Finger auf Andere.“ Dieser Hochmut, mahnt er, steht Ihnen nicht gut zu Gesicht, Herr Bürgermeister!“