Es ist eine Ohrfeige für den Senat und ein Desaster für die Wirtschaft der Stadt: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung über die Elbvertiefung vertagt – und den Planern handwerklichen Pfusch vorgeworfen.
Leipzig/Hamburg. Mehr als zehn Jahre Vorbereitung, Planung, Präzisierung, und noch immer gibt es keine Entscheidung zur Elbvertiefung. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig setzte das Verfahren zur Erweiterung der Elbfahrrinne am Donnerstag aus. Man müsse zunächst Präzisierungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum europäischen Gewässerrecht abwarten, sagte Rüdiger Nolte, Vorsitzender Richter des für das Verfahren zuständigen 7. Senats am höchsten deutschen Verwaltungsgericht. Diese werden für das Frühjahr 2015 erwartet. „Wir hätten uns eine andere Entscheidung erhofft“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) als Reaktion darauf in Hamburg. Gleichwohl hoffe er weiter auf eine „gute Entscheidung“.
Für Hamburgs Senat und für die Hafenwirtschaft ist die neuerliche Verzögerung ein schwerer Rückschlag. Sie hatten gehofft, dass das Gericht nach mehreren Planergänzungen und nach der fünftägigen öffentlichen Anhörung im Juli den Weg für das Großprojekt frei macht. Der Vorsitzende Richter Nolte sagte jedoch, neben den Unklarheiten zum europäischen Gewässerrecht gebe es auch handwerkliche Mängel in den jüngsten Ergänzungen zum Planungsrecht: „Diese Mängel sind aber behebbar und führen weder einzeln noch in ihrer Summe zur Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse.“ Völlig offen ist hingegen, wie der EuGH die europäische Wasserrahmenrichtlinie auslegt. Das europäische Gewässerrecht verbietet eine Verschlechterung der Wasserqualität durch Baumaßnahmen wie die Elbvertiefung. Weil die Planungsbehörden – Hamburgs Hafenverwaltung HPA und die Wasserstraßenverwaltung des Bundes – eine solche Verschlechterung nicht ausschließen können, brauchen sie eine Ausnahmegenehmigung des Bundesverwaltungsgerichts. Diese steht weiterhin aus.
Der Konflikt um die Elbvertiefung reicht weit zurück. Die Umweltverbände BUND und Nabu hatten mit ihren Klagen gegen das Planfeststellungsverfahren im Herbst 2012 erreicht, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vollzug der Arbeiten stoppte. Das Gericht habe etliche Mängel gerügt, sagte Hamburgs BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Es „hat zwar aufgezeigt, dass es theoretisch möglich ist, diese Mängel zu beheben. Aber das muss die Gegenseite auch erst mal schaffen.“
Die Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft übte nach der Aussetzung des Verfahrens scharfe Kritik am Senat: „Schwerwiegende Mängel in dem von Olaf Scholz verantworteten Planungszeitraum führen jetzt zum Stopp der Elbvertiefung. Das ist ein Desaster für den Hamburger Hafen und unsere ganze Wirtschaft“, sagte Dietrich Wersich, CDU-Fraktionsvorsitzender und Spitzenkandidat seiner Partei für die Bürgerschaftswahl 2015.
Die maritime Wirtschaft kann nun weiterhin keine stabile mittelfristige Planung für die Verbindung des Hamburger Hafens mit Großschiffen erarbeiten. Die Aktie des Hamburger Hafenlogistikkonzerns HHLA gab nach der Gerichtsentscheidung am Donnerstag um vier Prozent nach.