Mehr als zehn Jahre Vorarbeit und Planung - und kein Abschluss in Sicht. Durch die weitere Verschiebung der Elbvertiefung müssen die Reedereien und die HHLA umdenken.

Hamburg. Schon im Jahr 2002 begannen die Vorarbeiten für eine weitere Vertiefung und Verbreiterung der Elbe, schon damals war klar, dass immer mehr immer größere Schiffe auf dem Fluss mehr Spielraum zum manövrieren brauchen würden. Damals allerdings befasste man sich in der Hafenwirtschaft mit 350 Meter langen, 40 Meter breiten Schiffen. Heute messen die größten Frachter 400 Meter Länge und 60 Meter Breite.

Im November wollte Hamburgs Wirtschafts- und Verkehrssenator zu einer groß angelegten PR-Tour nach China, Japan, Südkorea und Taiwan aufbrechen, um den absehbaren Vollzug der Elbvertiefung zu melden, um den Reedereien für ihre jahrelange Treue zu Hamburg zu danken. Die Tour kann er vorerst absagen. Alle großen Linien hielten die langen Verzögerungen aus und am Hafen der Hansestadt fest.

Wie lange sie das weiterhin tun, ist völlig offen. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) kann die Erweiterung der Elbfahrrinne grundsätzlich verbieten, sie für unvereinbar mit dem europäischen Wasserrecht erklären, das eine Verschlechterung der Wasserqualität durch Bauprojekte grundsätzlich untersagt. Absehbar ist, dass die Einschaltung des höchsten europäischen Gerichts das Planungsverfahren wiederum verändert, dass es danach zumindest teilweise neu wird ausgelegt werden müssen, dass die Umweltverbände die notwendigen Nachträge erneut beklagen können.

All das dürfte eine Anpassung der Elbfahrrine bis mindestens Ende 2016 verzögern. Auch bleibt zunächst völlig offen, wie die Planungsbehörden die schweren Mängel des mehr als 2600 Seiten umfassenden Planungsverfahrens heilen wollen, die ihnen die Richter vorhielten.

Reedereien und HHLA gefordert

Die Reedereien müssen unterdessen entscheiden, wie sie mit ihren Riesenschiffen, die mittlerweile bis zu 19.000 Containereinheiten (TEU) tragen, in den kommenden Jahren ihre Europa-Asien-Liniendienste gestalten. Auf der Fahrt von und nach Hamburg werden die Schiffe, der nautischen Beengungen wegen, weiterhin nicht ökonomisch ausgelastet fahren können. Rotterdam könnte Hamburgs Schwäche zu nutzen und erneut versuchen, wie schon in den Krisenjahren 2008 und 2009, Liniendienste und Zubringerverkehre von der Elbe an die Maas zu holen.

Auf dem riesigen Hafenerweiterungsareal Maasvlakte 2 an der Nordsee geht im November das erste von zwei neuen, vollautomatischen Containerterminals in Betrieb. Angesichts allgemeiner Überkapazitäten bei den Terminals an der Nordsee wird das den Wettbwerb um Ladung weiter anheizen.

Die Hamburger Umschlagunternehmen, allen voran die HHLA, können unterdessen ihre neuen, hochmodernen Containerbrücken nicht voll ausfahren, die für Schiffe mit mehr als 20.000 TEU konzipiert sind. Die Elbvertiefung bleibt insofern weiterhin eine Großbaustelle - allerdings auf absehbare Zeit vor allem eine wirtschaftliche und juristische.

Einziger und leider negativer Trost: Die Fernstraßen und Verkehrsanbindungen um Hamburg herum sind in den kommenden Jahren weiterhin so marode und sanierungsbedürftig, dass jeder Dämpfer beim Wachstum des Containerumschlags dazu beiträgt, die Staus von Lastwagen nicht weiter zu verlängern.