Das Problem: Aus der Nebenwohnung hören wir schon den ganzen Tag ein Kind schreien. Wir befürchten, es wird misshandelt. Was tun? Wir rufen beim...

Das Problem: Aus der Nebenwohnung hören wir schon den ganzen Tag ein Kind schreien. Wir befürchten, es wird misshandelt. Was tun? Wir rufen beim Jugendamt an, hoffen auf Rat und auf Behördenmitarbeiter, die unser Anliegen ernst nehmen.

Um das Fazit vorwegzunehmen: Die Resonanz ist fast durchweg positiv. Nur ein Jugendamt ist nicht erreichbar. Vier Jugendämter reagieren allerdings sofort. Die Mitarbeiter sind freundlich und hilfsbereit.

Die Herausforderung: Als Teil des Tests geben wir keine Adressen an, was die Anfrage schwieriger macht. Denn genau dort setzen die Behörden als Erstes an: Sie versuchen den Wohnort zu erfragen, um uns in die Zweigestellen der Allgemeinen Sozialen Dienste zu verbinden und gegebenenfalls einzugreifen. Ohne diese Auskünfte bleiben wir etwas auf dem Trockenen sitzen: Bei nur einem Jugendamt will der Mitarbeiter Details zum Fall wissen: über Alter und Geschlecht des Kindes, wie oft es schreit und vor allem wie? Das Abendblatt dokumentiert vier Fälle und einen Anruf bei der einheitlichen Behördennummer:

Jugendamt Mitte (Region Horn, Billstedt, Mümmelmannsberg): Eine Frau meldet sich, wir erklären unser Anliegen. Sofort fragt sie nach Straße und Hausnummer. Wir möchten die Anschrift nicht nennen, "um nicht voreilig Verdacht zu wecken". Dann könne das Jugendamt nicht helfen, sagt sie. Aber wir könnten auch die Polizei rufen. Wir fragen nach weiteren Tipps. Sie schlägt vor, die Eltern des Kindes auf das Schreien anzusprechen. Vielleicht bekomme das Kind auch Zähne, dann sei das Schreien normal. Erst in diesem Zusammenhang fragt sie nach dem Alter des Kindes.

Jugendamt Eimsbüttel: "Wo wohnen Sie?", fragt die Mitarbeiterin gleich nachdem wir die Situation geschildert haben. Wir nennen keine Adresse. "Solange Sie keine konkreten Angaben machen, liegt die Verantwortung in gewisser Weise bei Ihnen", heißt es. Sie schlägt vor, den Allgemeinen Sozialen Dienst anzurufen. Dann werde jemand vorbeischauen. Außerdem sollen wir versuchen, mit den Eltern zu sprechen. Wenn dabei nichts rauskommt, sollen wir noch mal anrufen.

Jugendamt Harburg: Ab 12 Uhr ist niemand erreichbar. Wir versuchen es bis in den Nachmittag, niemand nimmt ab.

Jugendamt Altona (Region Blankenese): Auf unser Anliegen angesprochen, fragt der Mitarbeiter, wann das Kind schreit und wie lange? Wie wir die Eltern beschreiben würden? Ob wir gesehen haben, wie die Eltern mit dem Kind umgehen? Nachdem er sich ein umfassendes Bild der Situation gemacht hat, fragt er nach der Adresse. Er gibt uns den Tipp, weiter genau hinzuschauen und die Eltern gegebenenfalls vorsichtig und "ohne Vorwurf" anzusprechen. Wenn es nichts hilft, sollen wir wieder anrufen.

Jugendamt Wandsbek: Eine Mitarbeiterin nimmt den Hörer ab und stellt uns sofort zum Allgemeinen Sozialen Dienst durch. Die Kollegin lässt sich den Fall schildern und versucht uns zu überreden, die Adresse preiszugeben. Allgemeine Tipps, wie wir uns verhalten können, gibt sie nicht.

Behördennummer 115: Unser Anliegen wird spürbar ernst genommen: Dafür sei der Allgemeine Soziale Dienst zuständig, sagt die Mitarbeiterin und klärt auf: der ASD kümmere sich in den einzelnen Bezirken um Erziehungs- und Sorgerechtsfragen. Aus "verwaltungstechnischen Gründen" fragt sie nach einer Straße, um uns weiterzuleiten. Wir sagen nur, dass die S-Bahn-Station Stadthausbrücke in der Nähe ist, und bekommen prompt zwei Durchwahlen in die Neustadt samt Öffnungszeiten. Am Ende des Gesprächs gibt die Frau uns noch einen Rat: Sollten wir am Wochenende den Eindruck haben, dass Gefahr in Verzug ist, sollten wir nicht bis Montag warten, sondern gleich die Polizei rufen.