Der späte Freitagvormittag gilt als schwierige Zeit, um Anliegen bei Ämtern vorzubringen. Laut Klischee gehen viele Beamte direkt von der Frühstückspause ins Wochenende. Das Hamburger Abendblatt hat trotzdem angerufen. Ergebnis: Meist wurde uns geholfen.

Es ist Freitag, 11 Uhr, kurz vor Dienstschluss. In Hamburgs Ämtern laufen die Drähte heiß. Die Abendblatt-Redakteure sitzen an ihren Telefonen und stellen schnell noch eine schwierige Frage. Werden wir auf die kommende Woche vertröstet, obwohl eine fiktive Schar von zehnjährigen Kindern einen Fußballplatz braucht? Schließlich ist Kindergeburtstag, und der geplante Musical-Besuch ist kurzfristig ausgefallen. Und außerdem dringen schon den ganzen Tag verdächtige Schreie aus der Wohnung nebenan. Lesen Sie diese und andere Beispiele.

Darf ich im Sommer mit einem mobilen Stand Bratwürstchen im Stadtpark verkaufen? 11.21 Uhr - Anruf beim "Hamburg Service". Alle Leitungen sind belegt, nach etwa vier Minuten werde ich dann bedient. Ich werde mit der Gaststättenabteilung des Bezirksamts Nord verbunden. Der freundliche Herr am anderen Ende der Leitung ist dafür aber der falsche Ansprechpartner. Er will sich erkundigen, ich solle Montag noch einmal anrufen. Gesagt, getan. Ich werde an das Fachamt "Management des öffentlichen Raumes" verwiesen. Dort dann die Ernüchterung - ich darf keine Bratwürstchen im Stadtpark verkaufen. Auch nicht mit meinem mobilen Stand, dagegen spricht laut Sachbearbeiterin "eine Verordnung zum Schutz öffentlicher Grünanlagen." Fazit: Hat ein bisschen gedauert, bis ich Klarheit hatte, dass es mit dieser innovativen Geschäftsidee nichts wird. Aber die Ansprechpartner waren alle freundlich und bemüht.

Wo bekomme ich einen Proberaum für meine Rockband? Hardrocker aus Ahrensburg sucht öffentlichen, mietbaren Proberaum in einem Hamburger Bunker, weil die meisten Bandmitglieder mittlerweile in Hamburg wohnen. Um 11.54 Uhr Anruf beim neuen Super-Service 115. Freundliche, aber leicht ratlose Antwort der weiblichen Hotline-Mitarbeiterin: "So etwas haben wir nicht. Das sieht schlecht aus. In welchem Bezirk sollte der Proberaum denn idealerweise sein?" Antwort: Altona. Sie: "Durchwahl lautet wie folgt." Dann also Anruf beim Bezirksamt. Freundliche Antwort: "Für alle öffentlichen Proberäume in Bunkern werden zurzeit keine neuen Mietverträge vergeben. Alle Hamburger Bunker in öffentlicher Hand stehen auf dem Prüfstand zwecks Verkaufs an private Investoren." Konkrete und sachlich (leider) richtige Informationen.

In meiner Straße sollte eine 30er-Zone eingerichtet werden. Ich bin empört. Ganz ehrlich. Autos rasen durch meine Straße, jeden Morgen Chaos. Und zwischen den Fahrzeugen gehen Kinder zur Schule. Kann doch nicht sein, dass da keine 30er-Zone eingerichtet wird. Finde ich und wähle die 115. "Da haben Sie völlig recht. In meiner Straße ist das auch so", sagt die freundliche Frau am Telefon. Deshalb gibt sie mir die Nummer des passenden Polizeikommissariats. Dort empöre ich mich wieder. Und werde durchgestellt. Viermal heißt es "bitte warten", dann darf ich mich noch mal aufregen. "Dort wird es keine Tempo-30-Zone geben", sagt dann ein Polizeibeamter. "Das ist alles schon untersucht und abgelehnt worden". Aha, eine Bürgerinitiative kann ich also gründen. Oder einen Brief schreiben. "Wir prüfen das dann", sagt der Beamte. Was das von mir gewünschte Tempolimit angeht, könne man nichts machen. "Das wurde ja schon untersucht." Na gut.

Ich habe eine Kleingartenparzelle gepachtet. Darf ich da übernachten? 11.23 Uhr. "Leider sind alle Leitungen belegt", erklärt sich die Warteschleife des Hamburg Service. Nach etwa 30 Sekunden darf ich dann mein Anliegen einer jungen Dame vortragen: "Ich habe eine Kleingartenparzelle gepachtet. Darf ich da übernachten?" Die Dame wird unsicher. Ich bekomme zwei Durchwahlen bei der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Von 11.29 Uhr bis 11.48 Uhr versuche ich, unter den beiden Telefonnummern jemanden zu erreichen. Vergeblich. Ich rufe wieder beim Hamburg Service an. Ich werde ersatzhalber an einen Herrn von der Bauprüfabteilung vermittelt. Leider weiß man dort auch nicht, wie sich das mit den Kleingärten verhält. "Heute gibt's auch keine Möglichkeiten mehr, das herauszufinden. Das weiß nur der Kollege. Der ist am Montag wieder da. Ich gebe Ihnen mal die Nummer."

Darf ich an der Europawahl teilnehmen? 11 Uhr: Anruf bei der 115, der neuen Auskunft der Behörden. Warteschleife mit Musikunterlegung. 11.01 Uhr: Eine freundliche Dame in der Leitung. Ich stelle meine Frage: "Ich wohne noch in Berlin, ziehe aber im nächsten Monat nach Hamburg. Kann ich dort bereits bei der Europawahl wählen gehen?" Die Dame fragt: "Wann sind überhaupt Europawahlen? Ende des Jahres, oder?" Ich: "Nein, am 7. Juni schon." Die Dame: "Wo werden Sie denn dann wohnen?" Ich: "In Eimsbüttel." Sie: "Ich frage da mal nach." 11.02 Uhr: Wieder Warteschleife. Sie versucht mehrere Durchwahlen - erfolglos.

11.06 Uhr: "So, ich habe endlich eine Antwort. Sie müssen bei der Europawahl mindestens ein Jahr hier im Land gelebt haben. Also, wenn Sie sich nächsten Monat in Hamburg anmelden, sagen Sie gleich, dass Sie Ihre Wahlunterlagen für die Europawahl haben wollen. Dann können Sie hier zur Wahl gehen." Nach 6:43 Minuten ist die Anfrage bei der 115 erfolgreich beendet.

Wer rettet meinen Wellensittich? 11.02 Uhr. "Herrje, mir ist mein Wellensittich aus dem Fenster entwischt. Jetzt sitzt er vorm Haus in einem Baum und kommt nicht zurück. Was mache ich denn nun?", jammere ich der Dame von 115 ins Ohr. Sie gibt mitfühlende Hilfe zur Selbsthilfe: "Versuchen Sie, den Vogel auf Ihre Hand zu locken." Dann sagt sie: "Sie könnten die Feuerwehr rufen. Aber ich fürchte, dass der Vogel dann wegfliegt. Außerdem würden Sie auf den Kosten sitzen bleiben." Wie hoch die wären, weiß sie nicht.

Um 11.07 Uhr lande ich in der Einsatzzentrale der Feuerwehr. 20-mal fordert mich eine Stimme vom Band auf zu warten. Dann meldet sich ein freundlicher Mann. Ja, die Feuerwehr würde für meinen Vogel ausrücken. Die Kostenfrage kann er mir nicht beantworten. Ich bekomme die Nummer der Gebührenabteilung. Um 11.12 Uhr spreche ich mit einem weiteren verständnisvollen Herrn. Der Feuerwehreinsatz würde mich satte 271 Euro kosten. Ganz im Geheimen gibt er mir aber einen Tipp, wie ich um diese Kosten herumkommen könnte.

Ich möchte als Prostituierte arbeiten. Wo muss ich das anmelden? Bei 115 hänge ich fünfeinhalb Minuten in der Warteschleife. Plötzlich ist die Leitung tot. Rausgeschmissen. Zweiter Versuch. Jetzt geht es ganz schnell. Auf meine Frage reagiert die Dame am Ende der Leitung etwas unsicher, "da muss ich einmal schauen", sagt sie. Und wenig später: "Wo wollen sie arbeiten?" Ich: "Das ändert sich ja von Fall zu Fall." Die Dame wieder: "Wir nehmen mal Ihre Hausadresse. Das Gewerbeamt Nord ist für Sie zuständig." Die kompetente Auskunft dort: "Als Rechnungsadresse nehmen wir Ihren Wohnsitz. Wo wohnen Sie? Keine Sorge, ich frage nur, um nachzuschauen, ob wir auch für Sie zuständig sind." Er kontrolliert meine Adresse, "ganz geschmeidig, das kriegen wir alles hin". Und dann: "Wunderbar, wir sind zuständig. Sie nehmen sich Ihren Ausweis und 20 Euro und kommen zu uns in die Kümmellstraße. Und dann melden Sie das Gewerbe einfach an." Fazit: Lange Wartezeit, gute Beratung.

Ich möchte einen Kasachen heiraten. 11.05 Uhr: Ich möchte einen Mann aus Kasachstan heiraten. Die Dame vom Amt beglückwünscht mich zur baldigen Hochzeit. Schnell steht fest: Für mich ist das Standesamt Mitte zuständig. Genauer: die Abteilung Eheschließung. Telefonisch sei eine Beratung nicht möglich, weil "es so viele Details zu klären gibt, da ist ein persönlicher Besuch sinnvoll". Das leuchtet mir ein. Schnell sind Öffnungszeiten und Telefonnummer notiert. Auch beim Anruf direkt im Standesamt freundliche Beratung. Aber: Die Öffnungszeiten für die Beratung stimmen nicht mit den notierten überein. Wäre ich etwa am Montag mit meinem Kasachen um 15.30 Uhr ins Standesamt marschiert, hätte ich keine Beratung bekommen. Gut zu wissen.

Mein Ökobaum geht ein. Die Nachbarn vom Schrebergarten haben Palisadenbretter an meinem sonnengewöhnten Ökobaum aufgestellt. Der geht jetzt ein, aber sie wollen die Bretter nicht abbauen. Gibt es da eine Baurechtsordnung? Ich rufe bei der Behörden-Hotline an. Die nette Dame schickt mich in die Wartechleife und fragt nach. "Ich habe mit dem Gartenbauamt gesprochen. Wenn sich die Palisaden auf dem Nachbargrundstück befinden, ist nichts zu machen. Sie sollten beim Gartenverein nachfragen. Vielleicht haben die etwas in ihren Statuten stehen." Fazit: Immerhin ein Vorschlag, wie ich weiter vorgehen könnte.