Es war eine Premiere - und zweifellos eine ungewöhnliche Konstellation: Wegen des Zusammentreffens von 1. Mai (Motto: "Gute Arbeit muss drin sein") und Himmelfahrt hatten der DGB und die Kirchen in Hamburg in diesem Jahr erstmals zu einer gemeinsamen Kundgebung mit ökumenischem Gottesdienst auf dem Spielbudenplatz auf St. Pauli eingeladen. Im Vorfeld hatte es DGB-intern Sorgen gegeben, ob sich wohl genügend Teilnehmer finden würden für diese Traditionsveranstaltung - schließlich hatte die DGB-Jugend dazu aufgerufen, lieber vor Ort gegen die NPD in Barmbek zu demonstrieren.

Doch kurz vor 13 Uhr konnte DGB-Chef Erhard Pumm aufatmen. Zwar hätte das Gelände mehr als doppelt so viele Besucher problemlos ausgehalten.

Aber nachdem der zwei Stunden zuvor am Besenbinderhof gestartete Demonstrationszug mit seinen gut 1500 Teilnehmern schließlich zur Kundgebung auf St. Pauli eingetroffen war, mussten Gewerkschafter wie Kirchenvertreter jedenfalls nicht wie befürchtet vor einem leeren Platz sprechen. Es war ein noch bunteres Sammelsurium als sonst, das sich in diesem Jahr zusammengefunden hatte, um für die Rechte der Arbeitnehmer zu demonstrieren.

Das Spektrum reichte von Hamburger Sozialdemokraten über "Brot für die Welt"- Mitstreiter bis hin zum Unterstützerkreis der Spartakisten sowie - natürlich - Gewerkschaftern aller Facetten, Vertretern beider Kirchen, den Falken, der Büchergilde Gutenberg und schließlich ein paar besonders lautstark singenden Vatertagstouristen.

Sie alle konnten sich (je nach persönlicher Vorliebe) an vegetarischen oder fleischlastigen Verköstigungsständen laben. Fahnen mit allen möglichen Bannern wurden geschwenkt, darauf Werbung für "Hartz-IV-Bier" sowie "ArbeiterInnen", die Linkspartei oder die Diakonie. Fremdelten Kirchenleute und Arbeiterführer? Kaum eine Spur. Erzbischof Werner Thissen sagte in seinem Grußwort, er sei in den vergangenen Tagen immer wieder gefragt worden: "Wer zieht hier eigentlich wen über den Tisch? Die Kirche die Gewerkschaften? Oder umgekehrt?" Dabei gehe es allein darum, gemeinsam etwas "für die Menschen" zu tun. Thissen kritisierte, dass zu viele Angestellte auf zusätzliche staatliche Unterstützung angewiesen seien. Den NPD-Aufmarsch geißelte er als Phänomen "furchtbarer menschlicher Verirrung".

Bischöfin Maria Jepsen sah im gemeinsamen Engagement für Gerechtigkeit und Solidarität, Freiheit und Frieden eine "enge Nähe" zwischen Kirchen und Gewerkschaften: "Immer wieder heißt es, Hamburg sei die schönste Stadt und eine wirtschaftlich erfolgreiche dazu. Doch da sind die einen, denen es sehr gut geht, und den anderen geht's sehr schlecht. Wo viel Licht ist, zeigt sich eben auch deutlicher Schatten. Das muss aber für den Glanz des Reichtums nicht so sein. Der Schatten der Armut ist nicht von der Natur, nicht von Gott vorgegeben. Er ist zu verhindern, zu überwinden. Gott will, dass wir solidarisch leben, - einer trage des anderen Last." Und weiter: "Arbeit und soziale Gerechtigkeit für alle Deutschen ist das Motto des NPD-Aufmarsches, und da haben wir ganz klar zu ergänzen: Arbeit und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen, hier bei uns in Hamburg und Deutschland und weltweit."

DGB-Chef Erhard Pumm erinnerte an den 2. Mai 1933, als die Nazis die Gewerkschaftshäuser gestürmt und besetzt hatten: "Die 75. Wiederkehr des Tages, an dem die Nazis die Arbeit der Gewerkschaften für immer zerschlagen wollten" sei für ihn in Anbetracht der Ereignisse in Barmbek "ein Anlass mehr, ein Verbot aller Organisationen und Parteien zu fordern, die Nazigräuel auch heute noch verherrlichen".