Der Bund verweigert seine Unterstützung bei der Rettung der ehemaligen Landesbank. Hamburg und Schleswig-Holstein müssen mindestens drei Milliarden Euro bereitstellen. Die GAL ist skeptisch.

Die Absage kam nach knapp zweistündigen Verhandlungen. Um 15 Uhr verließen Peter Harry Carstensen und sein Finanzminister Rainer Wiegard das Berliner Finanzministerium mit ernsten Minen und stiegen in ihre schwarzen Dienstwagen, Michael Freytag folgte etwas später und ließ sich ebenfalls vom Ort des Geschehens wegchauffieren. Jetzt war klar: Der BankenRettungsfonds SoFFin beteiligt sich nicht an Krediten und Garantien in Milliardenhöhe an der angeschlagenen HSH Nordbank, solange die Eigentümer nicht die Altlasten beseitigt haben. Die Bank braucht nach eigenen Angaben drei Milliarden Euro frisches Kapital und Garantien über zehn Milliarden Euro. Über die Finanzspritze wird, wie berichtet, in einer gemeinsamen Sitzung der Landesregierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein am kommenden Dienstag entschieden. Die klare Ansage aus Berlin kommt für Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Peter Harry Carstensen nicht ungelegen.

In Hamburg und insbesondere in Kiel wird in den Regierungskoalitionen eine Länderlösung favorisiert. Sie kann, so das Ergebnis des Gesprächs in Berlin, nur als zweiter Schritt erfolgen, nämlich nach einer Aufspaltung der HSH in eine regionale Kernbank und eine Bad Bank für Risikopapiere. Ein solches Modell ließe sich aber frühestens in einigen Monaten umsetzen. Im Anschluss könnte der Bund dann Eigenkapital für die Kernbank bereitstellen.

Das Bundesamt für Finanzdienstleistungen (BaFin) hat die HSH bereits im Visier, weil die Eigenkapitaldecke der Nordbank aufgrund der Rekordverluste gefährlich dünn geworden ist. Nach Informationen des Abendblatts muss die HSH einen weiteren Aderlass verkraften. Die Sparkassen in Schleswig-Holstein wollen im April 105 Millionen Euro Einlagen aus der Bank abziehen. "Die Sparkassen erhalten vereinbarungsgemäß einen Teil ihrer stillen Einlagen zurück", sagte der Sprecher des Kieler Sparkassen und Giroverbands, Reinhardt Hassenstein.

Der Druck auf die Länder scheint aber auch Teil eines Pokerspiels zu sein. Denn wie aus der Sitzung verlautet, drohte Berlin damit, die Bank zu schließen, sollten die beiden Länder nicht rasch das Rettungspaket beschließen. Andererseits wurde festgestellt, dass die HSH als eine der TopTen-Banken in Deutschland "systemisch relevant" ist. Im Klartext: Der Bund wird die HSH nicht pleitegehen lassen, weil dann weitere Kreditinstitute ins Trudeln gerieten.

"Wir fühlen uns in unserer Einschätzung bestätigt", sagte Carstensen dem Abendblatt nach dem Treffen im Bundesfinanzministerium. "Die Länder müssen ihre Hausaufgaben machen, bevor ihnen geholfen wird." Auch Freytag sagte zum Ausgang der Verhandlungen lediglich: "Die Entscheidung hat die bisherige Sach und Verhandlungslage bestätigt."

Der GAL-Fraktionsvorsitzende und wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Jens Kerstan, zeigte sich auf Nachfrage dagegen verärgert. "Ich finde es ein Unding, dass uns der Bund jetzt die Pistole auf die Brust setzt und sagt: 'so, nun macht ihr das mal.' Und das, obwohl zum Beispiel der VW-Bank geholfen wird, die gar nicht systemrelevant ist", kritisierte Kerstan. Hamburg habe alles getan, um den Bund mit ins Boot zu holen.

Diese Einschätzung wird in der Kieler Regierungskoalition geteilt. Auf eine offene Machtprobe mit dem Bund wollen CDU und SPD bisher aber nicht riskieren. Anders FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. Er schlug im Gespräch mit dem Abendblatt vor, über die Rettung der HSH erst zu entscheiden, wenn eine "testierte Bilanz" vorliegt. Sie wird im April erwartet. Derweil liegen im Landeshaus in Kiel die Nerven blank. Carstensen ließ dementieren, dass er seiner Fraktion mit Rücktritt gedroht habe, falls sie ihn bei der HSH-Rettung im Regen stehen lasse. CDUund SPD-Spitzenpolitiker schlossen dafür nicht aus, dass die Große Koalition über der HSH-Krise zerbricht. Hintergrund: Die SPD-Fraktion unter ihrem Vorsitzenden Ralf Stegner misstraut dem Rettungskonzept und könnte die nötige Zustimmung im Landtag verzögern oder gar verweigern.

Die Hamburger SPD-Fraktion hat nach Bekanntwerden der vom Abendblatt aufgedeckten 200-Millionen-Ausschüttung und der Enthüllung, dass Freytag informiert war seinen Rücktritt verlangt. Fraktionschef Michael Neumann forderte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) auf, den Finanzsenator zu entlassen. Senatssprecher Christof Otto dazu: "Die Situation der Landesbank ist zu ernst für Spielchen der Opposition."