Hamburg. SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf spricht von „Spekulationsobjekt“ und „Mondpreisen“. Erste Zweifel an Absichten der Adler Group.

Dass es aktuell keine Perspektive für die Entwicklung des Holsten-Areals in Altona gibt, verärgert die Politik. Wie berichtet, rückt der Bau von Wohnungen auf dem Gelände immer weiter in die Ferne. Und das, obwohl das städtische Wohnungsunternehmen Saga und der Projektentwickler Quantum bereits seit mehr als einem Jahr Interesse an einem Ankauf des rund 86.000 Quadratmeter großen Areals haben.

Aber offensichtlich sind die Preisvorstellungen der Consus Real Estate AG, einer Tochter der Adler Group, überzogen. Bislang konnte keine Einigung erzielt werden. Auf dem ehemaligen Brauereigelände an der Holstenstraße sind rund 1300 Wohnungen geplant, zudem Gewerbe, Kitas, Büroflächen und ein Hotel.

Immobilien Hamburg: Holsten-Areal in Altona wird zum „Spekulationsobjekt“

Klartext spricht Dirk Kienscherf: „Die Adler Group hat das Holsten-Areal selber zu einem Spekulationsobjekt gemacht und die Preise in unverantwortlicher Weise in die Höhe getrieben. Doch diese Rechnung ist nicht aufgegangen“, sagt der SPD-Fraktionschef auf Anfrage des Abendblatts.

In der aktuell angespannten Situation des Immobilienmarkts werde keiner bereit sein, „irgendwelche Mondpreise für das Grundstück zu bezahlen. Das gilt natürlich in erster Linie auch für die Saga.“

Holsten-Areal: Das Grundstück wurde bereits 2016 an die Gerchgroup verkauft

Als das Areal 2016 zunächst an die inzwischen insolvente Gerchgroup aus Düsseldorf verkauft wurde, sollen damals an die Carlsberg Gruppe – zu der Holsten gehört – rund 150 Millionen Euro geflossen sein. Inzwischen soll die Fläche mit 364 Millionen Euro in der Bilanz der Adler Group stehen.

SPD-Fraktionschef Kienscherf fordert: „Die Adler Group hat es in der Hand. In eigenem Interesse sollte das Unternehmen auf die Kaufinteressenten zugehen und das Grundstück für einen fairen und realistischen Preis anbieten. Dieser Stillstand muss endlich beendet werden. Denn hier könnte an einem zentralen Ort dringend benötigter bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden.“

Es liege an der Adler Group, ob hier 86.000 Quadratmeter auf unbestimmte Zeit brach liegen oder ob sie ihren Teil dazu beitrage, dass die Entwicklung des Holsten-Areals in verlässliche Hände gegeben werde und hier ein Stück Stadtentwicklungsgeschichte geschrieben werden könne.

SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf kritisiert die Adler Group wegen des Holsten-Areals in Altona scharf.
SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf kritisiert die Adler Group wegen des Holsten-Areals in Altona scharf. © Mark Sandten / FUNKE FOTO SERVICES

Altonas CDU-Fraktionschef Hielscher sagt: „Nicht erpressen lassen“

Auch Altonas CDU-Fraktionschef Sven Hielscher findet klare Worte: „Es ist bekannt, dass sich die Adler Group in einer finanziellen Schieflage befindet und sich deshalb von Grundstücken trennt. Ich zweifele allerdings daran, ob man ernsthaft die attraktive Holsten-Fläche verkaufen möchte oder diese, wenn wieder genügend Geld in der Kasse ist, doch selbst entwickeln möchte.“

Der CDU-Politiker sagt weiter. „Wir erleben hier ein Trauerspiel, aber man kann nur abwarten. Die Stadt in Form der Saga sollte auf jeden Fall weiter mit der Adler Group verhandeln, aber sollte sich von überzogenen Preisen nicht erpressen lassen.“

Auf dem Holsten-Areal in Altona türmen sich Schutt- und Erdhügel, einige Gebäude wurden bereits abgerissen – doch eine Bebauung des Grundstücks ist noch nicht in Sicht.
Auf dem Holsten-Areal in Altona türmen sich Schutt- und Erdhügel, einige Gebäude wurden bereits abgerissen – doch eine Bebauung des Grundstücks ist noch nicht in Sicht. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Wie berichtet, hat die Adler Group bereits mehrere Grundstücke aus ihrem Portfolio veräußert. Zuletzt wurde ein Deal in Berlin vermeldet. Dort hatte die bereits erwähnte Quantum die Wasserstadt in Berlin-Mitte mit rund 700 Wohnungen von der Adler Group für einen institutionellen Investor erworben.

Altonas Bezirksamtschefin von Berg wirft Investor „Gewinnmaximierung“ vor

Auch Altonas Bezirksamtsleiterin Stephanie von Berg (Grüne) belastet die aktuelle Situation. „Das ehemalige Holsten-Areal ist eine der wichtigsten und spannendsten Stadtentwicklungsflächen, die wir im Bezirk Altona haben. Leider war den bisherigen Flächen-Eigentümern Gewinnmaximierung wichtiger, als hier etwas zu realisieren.“

Wenn das Holsten-Areal in der Vergangenheit nicht zum Spekulationsobjekt geworden wäre, hätte auf dem Gelände längst eine städtebauliche Entwicklung stattfinden können.

Die Bezirksamtsleiterin ist mit ihrer Geduld am Ende. „So aber warten wir hier noch immer auf weit über tausend Wohnungen, die wir in Altona, aber auch in der ganzen Stadt, bei dem bestehenden Wohnungsdruck wirklich gut gebrauchen könnten.“

Immobilien Hamburg: Holsten-Areal – Finanzierungszusage liegt nicht vor

Das sei ärgerlich – für alle, die eine Wohnung suchen, aber auch für das Bezirksamt, da man bereits viel Zeit und Mühe investiert habe, damit das Holsten-Areal keine brache Industriefläche bleibt.

Wie berichtet, hatte das Bezirksamt bereits im April vergangenen Jahres von der Adler Group eine Finanzierungszusage einer Bank für das geplante Bauprojekt auf dem Holsten-Areal gefordert – ansonsten wird kein Baurecht geschaffen. Eine solche Zusage liegt bis heute nicht vor.