Hamburg. Wohnungsbau auf dem ehemaligen Brauereigelände noch immer nicht in Sicht. Was die Stadt jetzt vom Investor erwartet.

Eines der größten Hamburger Wohnungsbauprojekte liegt weiter auf Eis. Als die finanziell schwer angeschlagene Adler Group Ende November 2022 ankündigte, sich künftig auf ein ausschließlich in Berlin verankertes Immobilienportfolio konzentrieren zu wollen, keimte im Hamburger Senat und im Bezirk Altona Hoffnung auf. Hoffnung darauf, dass die Bebauung des Holsten-Areals mit rund 1300 Wohnungen doch noch realisiert werden kann, weil die Consus Real Estate – eine Tochter der Adler Group – das Areal in Altona verkauft. Am besten an die Stadt. Aber daraus ist nichts geworden.

Offensichtlich hat sich das mit dem Fokus auf Berlin schon wieder erledigt. Ein Adler-Sprecher bestätigte auf Abendblatt-Anfrage, dass man unverändert zur Projektentwicklung Holsten Quartier stehe, und sagte weiter. „Wir haben ein großes Interesse, dieses Projekt für alle Beteiligten zu einem guten Ergebnis zu führen und so den Wohnraum zu schaffen, wie er in der Region Hamburg dringend benötigt wird. Wie bereits bekannt, prüfen wir mögliche Zusammenarbeiten mit strategischen Partnern für unsere Projektentwicklungen.“ Um wen es sich bei diesen „strategischen Partnern“ handeln könnte, ließ der Sprecher offen.

Holsten-Areal: Was braut sich da über Altona zusammen?

Die Consus beteuert, bauen zu wollen, kann es aber nicht – und ist an diesem Dilemma selber schuld. Zur Erinnerung: Zwischen dem zuständigen Bezirksamt Altona und dem Investor herrscht Eiszeit – und das seit fast einem Jahr (wir berichteten). Bereits im April vergangenen Jahres hatte das Bezirksamt die finanziell schwer angeschlagene Adler Group aufgefordert, eine aktuelle Finanzierungszusage der Bank für das gesamte Bauvorhaben – auf dem Gelände sollen auch Bürogebäude, Handel, Gastronomie und ein Hotel entstehen – einzureichen. Ohne diese Finanzierungszusage wird kein Baurecht geschaffen. Auf Abendblatt-Anfrage bestätigte Mike Schlink, Sprecher des Bezirksamts, dass bislang kein Finanzierungsnachweis vorliegt, und „entsprechend gibt es aktuell keine Gespräche zwischen dem Bezirksamt und Consus“.

Auf die Frage ob noch ein Finanzierungsnachweis vorgelegt wird, geht die Consus gegenüber dem Abendblatt nicht ein. Verhandlungen oder zumindest Gespräche zwischen dem bei der Finanzbehörde angesiedelten Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) und der Consus über einen möglichen Verkauf an die Stadt gibt es nach Abendblatt-Informationen nach wie vor nicht. Eine solche Option, aber „nur zu einem angemessenen Preis“, hatte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) bereits im Mai 2022 angekündigt.

Holsten-Areal: Geduld der Politiker ist längst am Ende

Es könnte sein, dass die Consus hinter den Kulissen trotz der angespannten Lage auf dem Immobilienmarkt nach einem Käufer sucht, der einen stolzen Preis für das rund 86.000 Quadratmeter große ehemalige Brauereigelände bezahlt. Das Grundstück soll mit 340 Millionen Euro in der Bilanz der Adler Group stehen. Als die Carlsberg Gruppe, zu der die Holsten Brauerei gehört, das Grundstück 2016 zunächst an die Gerch Group veräußerte, sollen dagegen nur rund 150 Millionen Euro erzielt worden sein.

Die Geduld der Politik ist längst am Ende. Und mal wieder ist es SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf, der gegenüber dem Abendblatt Klartext sagt: „Dieser Stillstand auf dem Holsten-Areal ist ein Trauerspiel. Eines der wichtigsten Stadtentwicklungsprojekte in Hamburg kann nicht umgesetzt werden, weil wir es hier mit einem Investor zu tun haben, der das Grundstück offensichtlich als Spekulationsobjekt sieht und jegliches Vertrauen der Politik verspielt hat.“

Aber Kienscherf sieht zumindest ein kleines Licht am Ende des Tunnels: „Es bleibt nur zu hoffen, dass die Consus, die dringend liquide Mittel braucht, endlich zur Vernunft kommt und der Stadt die Fläche zu einem fairen Preis veräußert. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Hamburg braucht dringend mehr bezahlbaren Wohnraum, und der muss schleunigst auf dem Holsten-Areal realisiert werden.“

Tschentscher hat sich in Diskussion um Brauereigelände eingeschaltet

Anfang Januar schaltete sich auch Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in die Diskussion um das Brauereigelände ein und sagte: „Die Stadt hat ein großes Interesse daran, dass das Holsten-Areal in seriöse Hände gelangt.“ Ende Januar sagte die neue Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) in einem Abendblatt-Interview, sie hoffe, dass der Investor in naher Zukunft die Finanzierung nachweist und dort gebaut wird.

Aber hat die Stadt rechtliche Möglichkeiten, um an das Grundstück zu kommen? „Es gibt juristisch keine Möglichkeit, einen Grundstückseigentümer zum Verkauf eines Grundstücks zu zwingen“, erklärt eine Sprecherin der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) und weist auf einen weiteren Aspekt hin. „Der Stadt Hamburg steht für die Flächen des Holsten-Areals ein Vorkaufsrecht zu. Voraussetzung zur Ausübung eines Vorkaufsrechts ist aber in jedem Fall, dass der Grundstückseigentümer selbst entscheidet, das Grundstück zu verkaufen, und auch schon einen Kaufvertrag geschlossen hat.“

Das Ganze hat aber einen Haken. Wenn die Consus mit dem Käufer beispielsweise einen Kaufpreis von 340 Millionen Euro vereinbart, dann könnte die Stadt zwar ihr Vorkaufsrecht ziehen, aber müsste auch den ausgehandelten Preis bezahlen.