Berlin. An den Börsen ging es zuletzt nur noch nach oben. Was für einen Crash und was dagegen spricht – und, ob man jetzt noch einsteigen sollte.
Wann kommt ein Einbruch an den Börsen? Besonders seit dem Wahlsieg Donald Trumps in den USA, kannten die Kurse nur eine Richtung: nach oben. Top-Experten schätzen ein, ob das noch länger so weiter geht oder der nächste Crash bevor steht und sagen auch, wie man als Neueinsteiger jetzt noch gute Renditen holen kann.
Was für einen Crash spricht
Man sieht Crashs nicht kommen, sagt der Börsenexperte Christian Röhl im Gespräch mit dieser Redaktion. „In der Regel passieren solche Einbrüche aus Gründen, die Anleger gar nicht auf dem Schirm haben.“ Die Corona-Krise etwa sei so ein Fall gewesen. Wohl kaum jemand habe Anfang 2020 geglaubt, dass sich aus dieser ominösen Lungenkrankheit aus China eine weltweite Pandemie entwickeln würde, so Röhl, der Chefökonom bei der Investment-Plattform Scalable Capital ist.
Laut Röhl könne man auch jetzt Argumente dafür finden, dass es bald nach unten gehen könnte. Röhl verweist auf die Entwicklung der Leitzinsen in den USA. Anders als erwartet worden war, zeigte sich die US-Notenbank Fed im vergangenen Jahr eher zögerlich bei Zinssenkungsschritten. Auch für 2025 stelle Fed-Chef Jerome Powell lediglich zwei in Aussicht. Der Kampf gegen die Inflation ist eben doch hartnäckiger. Bleiben die Zinsen oben, macht das nicht nur Kredite teurer, sondern auch Anleihen attraktiver.
Die Rendite von zehnjährige US-Staatsanleihen liegt bei 4,6 Prozent. Angesichts der steigenden Staatsverschuldung könnte sie auf 5 Prozent klettern, was wiederum Gift für Unternehmen wäre, weil dann auch die Refinanzierungskosten steigen. „Aufgrund höherer Kosten für die Aufnahme und Tilgung von Krediten kann der Gewinn eines Unternehmens niedriger ausfallen, und damit zugleich die Höhe einer möglichen Gewinnausschüttung“, erklärt Thorsten Weinelt, Chefanlagestratege im Privat- und Unternehmerkundengeschäft der Commerzbank, gegenüber dieser Redaktion.
Auch die Präsidentschaft Trumps bietet durchaus Raum für Unsicherheiten. Kommen – wie von Trump angekündigt – tatsächlich im großen Stil Strafzölle auf Importe, könnte das die Inflation anheizen. Das könnte auch passieren, wenn der US-Präsident gegen Einwanderer vorgeht und so dann der US-Wirtschaft günstigere Arbeitskräfte fehlen. Grundsätzlich gilt die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft als starker Indikator, der auch Wohl und Wehe an den weltweiten Börsen beeinflusst. Eine weitere Unsicherheit gehe von China aus. „Schon länger wird erwartet, dass die Volksrepublik aus der Wirtschaftsschwäche herausfindet. Signale dafür gibt es aber nicht wirklich“, erklärt Röhl.
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Einige Beobachter sehen auch in dem Fakt, dass Großinvestor Warren Buffett so viel Cash wie nie zuvor auf der hohen Kante hat, ein Anzeichen für einen baldigen Börsen-Absturz. Röhl eher nicht. Er verweist auf die Strategie Buffetts, der auch weiterhin noch ein großes Aktienportfolio und Beteiligungen habe – und so Dividenden kassiere. Buffett bleibe sich eher treu. „Sein Credo lautet ja, sei ängstlich, wenn andere gierig sind und sei gierig, wenn andere ängstlich sind“, sagt Röhl. „Ich persönlich finde es beruhigend, wenn so ein weitsichtiger und global einflussreicher Investor nicht voll investiert ist, um dann im Fall des Falles voranzuschreiten und einen Aktienmarkt dann auch wieder in die andere Richtung bewegen zu können“, so der Börsenexperte.
Was gegen einen Crash spricht
Commerzbank-Experte Weinelt hält die US-Tech-Werte, insbesondere die sogenannten Magnificent 7 um Apple, Microsoft und Nvidia zwar für hoch-, aber nicht für überbewertet. „Die höheren Bewertungen sind auch unterfüttert durch deutliche Gewinnsteigerungen. So lange die Unternehmen weiter ihre Gewinne stetig und stark steigern, gibt es keinen Grund, warum diese ambitionierte Bewertungen deutlich schrumpfen sollten“, erklärt er.
Christian Röhl sieht als Faktor für einen weiteren Aufwärtstrend an den Börsen auch an, dass der Trend mit Blick auf die Künstliche Intelligenz (KI) erst am Anfang stehe. Unternehmen investieren zig Milliarden in die neue Technologie. „Die Erwartung, die damit verbunden ist, nämlich erhebliche Produktivitätssteigerungen, kann noch eine Zeitlang die Kurse anheizen“, sagt Röhl. Ebenso die neue Trump-Administration.
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Der 47. US-Präsident will deregulieren, Steuern senken und möglicherweise auch der Finanzindustrie Lockerungen einräumen. All das bietet Fantasien für weitere Kurssteigerungen an den Aktienmärkten. Thorsten Weinelt verweist auf die bereits jetzt sehr robuste US-Konjunktur. „Die ohnehin schon gute Konjunkturlage und die von Trump versprochenen Steuersenkungen und Deregulierungen sprechen für steigende Unternehmensgewinne. Da bleibt die Perspektive für die Börsen positiv.“ Weinelt rechnet zudem damit, dass die neue US-Wirtschaftspolitik sich auch auf andere Staaten auswirkt. „Der Druck auf die Bundesregierung, jetzt auch in Deutschland die Standortqualität wieder zu erhöhen, nimmt immens zu“, sagt er.
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Ob und wie man jetzt noch einsteigen kann
Ein Crash lässt sich nicht timen. Propheten, die ein solches Börsenbeben heraufbeschwören, gibt es immer wieder. Wer sich von ihnen hat leiten lassen, habe zuletzt somit viel Performance verpasst, sagt Börsenexperte Röhl. „Je länger man investiert ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, mit Aktien Geld zu verdienen“, erklärt er. Starten sollte man besser heute als morgen. Wie, das hänge auch von der eigenen Risikoaffinität und dem verfügbaren Kapital ab. Grundsätzlich sei für Privatanleger ein regelmäßig, jeden Monat laufender Sparplan auf globale ETFs ein gutes Fundament für den Vermögensaufbau. Bespart werden sollte der nicht über Jahre, sondern über Jahrzehnte.
„Jeden Monat eine Summe zu investieren, ist die beste Möglichkeit, um sich am Aktienmarkt zurecht zu finden“, so Röhl. Und: Laufe es zwischendrin mal nicht, könne man sich dann über die gesunkenen Kurse freuen. Dann, so der Investor, gebe es nämlich für das gleiche Geld mehr Aktien oder mehr ETF-Anteile.
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