Davos. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos kann man sehen, dass viele Unternehmen das Programm des US-Präsidenten gar nicht so schlecht finden.
Der Chef von Coca-Cola reagierte amüsiert. „Warum sollte ich das nicht gut finden?“, fragte James Quincey beim Weltwirtschaftsforum in Davos. „Ich hoffe, es wird klappen“, gab er seine Einschätzung zur annoncierten Wirtschaftspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump bekannt. Er hoffe auf zusätzliches Wachstum der US-Wirtschaft in diesem Jahr: „Das Paket ist gut.“
Der Kongress in der Schweiz ist eine Art Barometer der Weltwirtschaft und globalen Politik. Dort kann man sehen, wie sich Stimmungen der Weltelite bilden und verschieben. In diesem Jahr ist interessant zu beobachten, welche Position die Chefinnen und Chefs großer Unternehmen zur neuen US-Regierung einnehmen.
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Viele Firmen in den USA seien für 2025 optimistisch gestimmt, berichtete Rich Lesser, Vorstand der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG), in der Diskussionsrunde, in der auch der Coca-Cola-Chef saß. Die Manager freuten sich darauf, sagte Lesser, dass Trump die Gewinnsteuer senken, bestimmte Verwaltungsregeln einschränken und Bürokratie verringern wolle. Deshalb hofften die Firmen auf geringere Kosten und höhere Gewinne. Außerdem rechneten sie damit, dass die US-Notenbank die Zinsen weiter senke, was Kredite verbillige.
„Optimismus“ scheint die vorherrschende Stimmungslage zu sein
Vicki Hollub, Vorstandsvorsitzende des Öl- und Erdgas-Förderers Occidental, ging außerdem davon aus, dass die Produktion fossiler Brennstoffe in der Folge der Trump-Politik zunehme und der Benzinpreis sinken könne – wenn nicht dieses Jahr, dann doch bald. Die Ankündigung, staatliche Regulierung zu beseitigen, begrüßte sie ebenfalls.
Gegen diese optimistischen Annahmen sprechen aber teilweise die Zölle, die Trump gegen Importe aus China oder Europa verhängen will. Einerseits schützen sie zwar die US-Produktion, andererseits führen sie wahrscheinlich jedoch zu höheren Preisen, was die Inflation antreibt. Zweitens könnte es zu einem Mangel an Arbeitskräften kommen, wenn, wie Trump es will, weniger Einwanderer in die USA kommen. BCG-Chef Lesser bezeichnete diesen Teil des Trump-Programms als potenziell „besorgniserregend“. Die Auswirkungen der Zölle, die Trump verhängen will, würden schon nicht so schlimm ausfallen, meinte dagegen Coca-Cola-Chef Quincey.
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„Optimismus“ scheint die vorherrschende Stimmungslage zu sein. Das geht auch aus der neuen Umfrage unter Spitzenmanagern des Beratungsunternehmens PwC hervor. 60 Prozent der Vorstandsvorsitzenden rechnen dieses Jahr mit mehr Wirtschaftswachstum, gegenüber 38 Prozent 2024. Und ein zweiter Begriff wird in Davos oft verwendet, etwa von der Ökonomin Allison Schrager: „animal spirit“. Soll heißen: Weil Trump jetzt mal alles durchschüttelt, sehen Firmen neue Geschäftschancen.
Klima-Chefin: Viele „Unternehmen und Individuen“ legen in der Klimapolitik den Rückwärtsgang ein
Solche Äußerungen stellen eine Fortsetzung dessen dar, was in den vergangenen Monaten zu beobachten war. Die Chefs mancher US-Konzerne suchten Trumps Nähe, unterstützten ihn, äußerten sich positiv zu seinen Plänen oder richteten ihre Unternehmenspolitik an seinen Vorstellungen aus. So kassierte Meta-Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ethische Kontrollen in seinem Netzwerk, was die Art von Meinungsfreiheit befördert, die der US-Präsident wünscht. Unternehmen handeln in erster Linie so, weil sie sich positive Auswirkungen für ihre Geschäfte erhoffen, wenn sie ein gutes Verhältnis zur US-Regierung pflegen. Politik und Ökonomie stärken sich so gegenseitig.
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Dieser Trend beeinflusst zunehmend auch die internationale Meinungsbildung. Das, was bisher eine dominante Interpretation der Wirklichkeit war, wird infrage gestellt – und büßt vielleicht die Rolle als Leitbild ein. Auch das sieht man in Davos. So räumte Gill Einhorn, die Klima-Chefin des Forums ein, dass viele „Unternehmen und Individuen“ in der Klimapolitik den Rückwärtsgang einlegten. Fortschritte in Richtung Kohlendioxid-Reduzierung sehen sie nicht mehr als so wichtig an.
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Aber die Stimmung der Wirtschaft in dieser großen Auseinandersetzung ist nicht einheitlich. Beispielsweise Paul Achleitner, Ex-Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, grenzt sich von der Trump-Politik ab. „Jetzt erleben wir eine Supermacht, die sich unverblümt an den eigenen Interessen orientiert“, sagte Achleitner dem Magazin „Spiegel“.
Gerade europäische Unternehmen müssen künftig mit Problemen rechnen
Kein Wunder: Viele Firmen werden unter der neuen US-amerikanischen Wirtschaftspolitik leiden. Zölle und andere Regularien werden ihren Zugang zum Markt der größten Wirtschaftsnation erschweren. Manche Vorhaben müssen sie gleich ganz beerdigen. Wenn Trump den Bau von neuen Windparks auf dem Meer per Dekret verbietet, um die Öl- und Gasproduktion zu günstigen, ist das für die komplette Ökoenergiebranche eine schlechte Nachricht. Gerade europäische Unternehmen müssen künftig mit Problemen rechnen, etwa die Auto-, Chemie-, Pharma- und Maschinenbauindustrie.
Diesen potenziellen Verlierern stehen nun mehrere Reaktionen offen. Sie können sich teilweise anpassen und Kompromisse machen. Sie können aber auch Risikominimierung betreiben, einige Aktivitäten verlagern, neue Geschäftsbeziehungen aufbauen. Die südamerikanischen Staaten des Mercosur, mit denen die EU gerade das Handelsabkommen unterzeichnet hat, bieten sich als wichtigere Partner an. Oder auch Indien: In Davos kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, dass sie demnächst dorthin reisen wolle.
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