Berlin. Mit Donald Trump drohen Handelskriege und Protektionismus. Aber Zölle gegen Kanada, Mexiko und China sind eher eine politische Waffe.
Alle haben den Schuss gehört. Nachdem Donald Trump für seinen ersten Amtstag am 20. Januar 2025 konkrete Einführzölle angekündigt hat, ist die Unruhe groß: Weltweit, besonders bei den Nachbarstaaten der USA, aber auch im eigenen Land. Beobachter, Politiker und Wissenschaftler rätseln, ob der US-Präsident wirklich einen Handelskrieg lostreten will?
Auf Interpretationen lässt sich Jason Junod nicht ein. Noch in der Wahlnacht bestellte er bei seinen chinesischen Zulieferern so viele Ware, wie er in seinem Lager aufnehmen kann: einen ganzen Jahresvorrat seiner Firma für Hautpflegeprodukte. Für das „Wall Street Journal“ ist er kein Einzelfall: Amerikanische Unternehmen decken sich mit Importwaren ein, bevor die Zölle in Kraft treten.
Matt Priest wählte eine andere Strategie. Er steht der „Footwear Distributors and Retailers of America“ vor, der Interessengruppe der Schuhindustrie, von Herstellern und Händlern, von namhaften Unternehmen wie Nike oder Walmart.
Am Dienstag erklärte er, „wir hoffen, dass der designierte Präsident Trump diese Zölle im Zusammenhang mit Schuhen überdenkt“. Solche Maßnahmen würden eine unnötige Belastung für amerikanische Familien bringen, „deren Budgets bereits knapp sind“. Es wird nicht die einzige Branche bleiben, die bei Trump vorstellig wird.
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Zölle gegen Kanada, Mexiko und China: Trumps Zielkonflikt
Trump hat mit einem Zielkonflikt zu kämpfen, den er selbst im Wahlkampf geschaffen hat. Er hat den Amerikanern weniger Inflation und mehr Jobs durch Einfuhrzölle versprochen. Aber Zölle machen Produkte nicht günstiger, sondern eher teurer. Steigt die Inflation, muss die Zentralbank irgendwann mit höheren Zinsen gegensteuern. Steigen die Zinsen, steigen auch die Kreditkosten der US-Staatsverschuldung, die sich auf mehr als 36 Billionen Dollar belaufen. Es droht ein böses Erwachen.
Viele Lebensmittel, Obst und Gemüse zum Beispiel, aber auch Autos kommen von den Nachbarn, aus Mexiko und Kanada. Sie sind bei Stahl und Aluminium die Hauptlieferanten für den US-Markt. Und just die Importe aus diesen beiden Staaten sollen mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent belegt werden.
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Das trifft beide besonders hart, weil sie ein Freihandelsabkommen mit den USA haben. Die Aktien von General Motors, Ford und des Chrysler-Eigentümers Stellantis gaben am Dienstag allesamt nach.
An ihrer Branche zeigt sich, wie kompliziert es wird: Es kommt vor, dass Teile die Grenze der drei Länder mehrmals passieren, bevor sie vollständig eingebaut werden. Die Lieferketten könnten schnell gesprengt werden.
Mexiko reagiert mit Krawall, Kanada beschwichtigend
Ford etwa produziert seit 80 Jahren in Mexiko und ist einer der größten Exporteure in die USA. „Warum sollte man eine Steuer erheben, die sie gefährdet? Das ist inakzeptabel und würde in Mexiko und den USA zu Inflation und Arbeitsplatzverlusten führen“, kritisiert die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum.
Die Mexikaner haben sich schon in Trumps erster Amtszeit gegen Zölle gewehrt, indem sie ihrerseits Waren aus den USA verteuert haben. Ohne Wanderarbeiter aus dem Süden würden der US-Landwirtschaft die Erntehelfer ausgehen. Und verschlechtern sich im Zuge eines Handelskrieges die Lebensbedingungen der Mexikaner, dann wird auch das einen Rückstoß auf die USA haben: in Form von noch mehr Armutsflüchtlingen.
Während Claudia Sheinbaum gleich in die offene Konfrontation ging, klingelte der kanadische Premierminister Justin Trudeau bei Trump an. Trudeau versuchte es mit Fakten: Kanada ist der größte Markt für US-Exporte. Öl, Strom und Mineralien sind wiederum für die USA wichtig.
Damit machte er klar, dass ein Handelskrieg auch den USA teuer zu stehen kommen könnte. Doug Ford, Premierminister von Ontario, dem Zentrum der kanadischen Industrie, sagte, Trumps Ankündigung habe sich angefühlt, „als würde einem ein Familienmitglied mitten ins Herz stechen“.
Es geht nicht um Handel
Auf die sanfte Tour versucht es auch China. Waren aus China werden heute schon mit Einfuhrzöllen belegt, und darauf will Trump nun einen zehnprozentigen Strafzoll setzen. Das Außenministerium erklärte, „die US-Seite sollte Chinas guten Willen wertschätzen und den hart erkämpften positiven Zustand der amerikanisch-chinesischen Zusammenarbeit im Kampf gegen den Drogenhandel aufrechterhalten“.
Tatsächlich scheint es Trump zunächst gar nicht um den Handel, um Preise und Jobs zu gehen. Der Handel ist für ihn eine Waffe, um andere Ziele zu erreichen: Er macht alle drei Länder für die Zuwanderung und für den Anstieg des Drogenschmuggels zuständig. Bei Mexiko und Kanada sind die offenen Grenzen der Stein des Anstoßes, bei China der Export von Fentanyl, von einem Schmerzmittel, das in den USA missbräuchlich konsumiert wird.
Drohungen als Verhandlungstrick
Sheinbaum schrieb Trump, „weder Drohungen noch Zölle werden das Problem der Migration oder des Drogenkonsums in den Vereinigten Staaten lösen“. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, seien im Gegenteil Zusammenarbeit und gemeinsames Verständnis erforderlich.
Am Mittwoch redeten beide erstmals miteinander. Nach einem Telefonat postete Trump: „Sie hat zugestimmt, die Migration über Mexiko und in die Vereinigten Staaten zu stoppen und damit unsere Südgrenze faktisch zu schließen.“ Daraufhin stellte die Mexikanerin schnell klar, Mexikos Position sei nicht die Grenzen zu schließen.
Dass Trump so früh den Konflikt eröffnete, könnte ein Hinweis darauf sein, dass er nach Amtsübernahme gleich verhandeln will. Wenn die Drohkulisse nur seine Verhandlungsmacht erhöhen soll, bleibt die Frage, was im Erfolgsfall danach kommt: Was wird er als nächstes mit Drohungen erreichen wollen? Und wem wird er drohen? Europa?
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