Berlin. Am Freitag beginnen die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst für mehr Lohn und Urlaubstage. Beeinträchtigt das die Bundestagswahl?
Noch ist es still am Templiner See in Potsdam. Das wird sich am Freitag ändern, wenn Gewerkschafter den Beginn der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen in einem Hotel am See beginnen. Traditionell begleiten die Arbeitnehmer ihre Verhandlungsdelegation lautstark in die erste Runde. Es geht um die Löhne und Arbeitszeiten von rund 2,6 Millionen Beschäftigten, die weit überwiegend in den Kommunen tätig sind. Aber auch für die gut 130.000 Bundesbediensteten wird ein Abschluss angestrebt, der anschließend in der Regel auch auf die Beamten übertragen wird.
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Die Forderungen der beiden Gewerkschaften Verdi und Beamtenbund (dbb) klingen erst einmal happig. Sie verlangen acht Prozent mehr Lohn, wenigstens jedoch 350 Euro. Auszubildende sollen 200 Euro mehr bekommen. Überdies wollen die Gewerkschaften drei zusätzliche freie Tage und ein so genanntes „Meine-Zeit-Konto“ durchsetzen, das den Beschäftigten noch weitere freie Zeit bringen kann. Auf das Konto könnten zum Beispiel Überstunden oder Teil der Entgelterhöhungen „eingezahlt“ werden.
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Die kommunalen Arbeitgeber lehnen die Forderungen als zu teuer ab. „Das ist schlicht nicht zu stemmen und passt nicht in diese Zeit“, sagt die Verhandlungsführerin der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge. Allein die Entgeltforderung zusammen mit zusätzlichen freien Tagen würde die Kommunen fast 15 Milliarden Euro mehr im Jahr kosten. „In Summe gefährden die Forderungen der Gewerkschaften die Handlungsfähigkeit der Kommunen“, warnt die Gelsenkirchner Bürgermeisterin vor drohenden Einschnitten in das Leistungsangebot der Städte und Gemeinden. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser spricht von sehr hohen Forderungen, hofft jedoch auf eine Einigung am Verhandlungstisch.
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Positionen liegen weit auseinander: Warnstreiks im öffentlichen Dienst sind wahrscheinlich
Angesetzt sind drei Verhandlungsrunden. Am kommenden Wochenende geht es los. Dann treffen die Delegationen wieder am 17. Februar, also kurz vor der Bundestagswahl zusammen. Die vermutlich entscheidende Runde ist für den 14. bis 16. März angesetzt. „Der Frust ist groß“, beschreibt Verdi-Chef Frank Werneke die Stimmung unter den Beschäftigten. Sie würden die Folgen von unbesetzten Stellen und Personalknappheit immer stärker spüren.
Zwei Drittel der von der Gewerkschaft Befragten gaben an, dass sie sich nach der Arbeit leer und ausgebrannt fühlen. 56 Prozent schätzen, dass sie unter den gegebenen Bedingungen nicht bis zum gesetzliche Rentenalter durchhalten werden. „Damit der öffentliche Dienst im Wettbewerb um Arbeitskräfte Schritt halten kann, braucht es eine kräftige Erhöhung der Einkommen“, sagt Werneke.
Die Arbeitgeber räumen zwar Probleme bei der Besetzung von Stellen ein. Doch davon seien vor allem Berufe mit hohen Qualifikationsniveau betroffen, etwa IT-Fachkräfte, Techniker, Führungskräfte oder Ingenieure. In den von Verdi vor allem vertretenen unteren Lohngruppen sei der öffentliche Dienst schon heute gut aufgestellt. Erzieherinnen würden beispielsweise bis zu 5.000 Euro monatlich verdienen. Auch 30 Tage Urlaub im Jahr könnten sich sehen lassen. Anreize brauche es dagegen für das Führungspersonal, argumentiert die VKA.
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Angesichts der weit auseinander liegenden Positionen sind Warnstreiks im öffentlichen Dienst eher wahrscheinlich. Verdi betont aber, dass die Bundestagswahl nicht durch Arbeitskämpfe beeinträchtigt wird. Danach könnten zum Beispiel an Kitas, der Müllabfuhr oder im Busverkehr die Arbeit ruhen.
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