Duisburg. Der neue Vorstand von Thyssenkrupp Steel setzt den Rotstift im Alltag an. Auch Weihnachtsfeiern auf Firmenkosten werden gestrichen.
Deutschlands größter Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel will eisern sparen. Das bekommen die Beschäftigten zunehmend im Alltag zu spüren. „Aufgrund der weiterhin schwachen Marktlage und damit herausfordernden finanziellen Lage unseres Unternehmens sind weitere Sparmaßnahmen unumgänglich“, schrieben die drei Vorstandsmitglieder Dennis Grimm, Philipp Conze und Marie Jaroni vor wenigen Tagen an die Belegschaft. „Viele Ausgaben haben wir schon erfolgreich reduziert, aber die Summe der Sachkosten ist nach wie vor zu hoch“, konstatierte die Konzernführung in einem unternehmensinternen Rundschreiben, das unserer Redaktion vorliegt. Der Vorstand habe beschlossen, „ganz konkrete Ausgaben drastisch zu kürzen“.
So soll es künftig „keine Bewirtungen bei internen Meetings“ geben, erklärt der Vorstand von Thyssenkrupp Steel. Gestrichen werden auch vom Unternehmen finanzierte „Teamevents“ oder „ähnliche Veranstaltungen“ wie zum Beispiel Weihnachtsfeiern. Ferner untersagt der Vorstand den Mitarbeitern in der Verwaltung Bestellungen von „Lebensmitteln und Konsumwaren“ auf Kosten des Unternehmens. Ausdrücklich erwähnt werden „Kaffee, Milch, Wasser, Kekse“. In der Belegschaft ist daher spöttisch von einem „Keks-Erlass“ die Rede.
Vorstand von Thyssenkrupp Steel: „Grundsätzlich keine Geschäftsreisen“
Auch bei Dienstreisen setzt das Management von Thyssenkrupp Steel den Rotstift an. Die Losung lautet nun: „Grundsätzlich keine Geschäftsreisen“, auch keine Teilnahme an Fachtagungen oder Messen, an denen Thyssenkrupp Steel „nicht selbst aktiv beteiligt“ sei, etwa durch eine Ausstellung oder einen Vortrag.
Und dann ermahnt der Vorstand die Belegschaft noch: „Keine Ausgaben für Geschenke“. Außerdem sollten die Kosten für „Fachzeitschriften und Büromaterial auf ein notwendiges Minimum“ reduziert werden.
Auch bei der Weiterbildung „zukünftig keine Getränke mehr“
Sparen will der Vorstand auch bei der Weiterbildung der Beschäftigten. Die Aufforderung lautet hier: „Nur notwendige Weiterbildungsmaßnahmen durchführen, dabei interne Angebote bevorzugen.“ Auch bei der Weiterbildung würden „zukünftig keine Getränke mehr bereitgestellt“, heißt es in dem Schreiben. „Wir bitten die Teilnehmenden, sich bei Bedarf selbst Getränke mitzubringen.“
Der Vorstand appelliert: „Wir bitten um Ihr Verständnis und Ihre aktive Mithilfe, um diese schwierige Lage gemeinsam zu bewältigen.“ Und dann schicken die Manager noch die Botschaft hinterher: „Wir freuen uns über jede weitere zusätzliche Idee zur Kosteneinsparung.“
Betriebsrat beklagt „monatelange Phase der Unsicherheit“
Nach einer Betriebsversammlung bei Thyssenkrupp Steel in der vergangenen Woche hatten Arbeitnehmervertreter in Duisburg kritisiert, die Beschäftigten des Stahlkonzerns erlebten nunmehr eine „monatelange Phase der Unsicherheit“.
Ende September hatte der neue Thyssenkrupp-Stahlchef Grimm im Gespräch mit unserer Redaktion angekündigt, es werde härtere Einschnitte im Unternehmen geben als bisher geplant. Hierzu werde ein neuer „Business-Plan“ für das Unternehmen entwickelt. Wie viele Arbeitsplätze wegfallen, ließ der Manager offen. „Wir können noch nicht genau beziffern, wie viele Menschen wir nach der Fertigstellung des Business-Plans und den Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern beschäftigen werden. Es werden aber weniger sein als heute“, sagte Grimm. Zur Thyssenkrupp-Stahlsparte gehören derzeit insgesamt etwa 27.000 der rund 100.000 Beschäftigten des Gesamtkonzerns. Der Betriebsrat von Thyssenkrupp Steel befürchtet Standort-Schließungen. Auch die Zukunft der Thyssenkrupp-Tochter Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) ist ungewiss.
100 Tage Mahnwache vor dem Werkstor in Duisburg
Seit mehr als drei Monaten harren Beschäftigte bei einer Mahnwache vor dem Werkstor in Duisburg nahe der Hauptverwaltung aus. Am 29. Oktober seien es bereits „100 Tage Mahnwache“, berichten die Arbeitnehmervertreter. Sie werfen Thyssenkrupp-Chef Miguel López vor, er verfolge „Kahlschlagpläne“ in der Stahlsparte mit Werken in Duisburg, Bochum, Dortmund und Südwestfalen.
Die Mahnwache sei „Symbol unseres Widerstands“ geworden, sagt der Duisburger Arbeitnehmervertreter Dirk Riedel. „Wir stehen vor wegweisenden Monaten und erwarten einen heißen Herbst“, erklärt Ali Güzel, der Betriebsratschef von Thyssenkrupp Steel am wichtigen Standort Hamborn/Beeckerwerth.
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