Essen. Toter lag zweieinhalb Jahre lang in einer Vonovia-Wohnung. Warum die Leiche unentdeckt blieb und Vermietern die Hände gebunden sind.
Mehr als zwei Jahre lang lag ein Mann tot in seiner Wohnung, offenbar ohne dass ihn jemand vermisste. Der Fall aus Aachen schockiert und zeigt, welche Konsequenzen Einsamkeit haben kann. Die Hürden, nach zurückgezogen lebenden Menschen zu schauen, sind für Behörden und Vermieter hoch.
Die Leiche war bereits mumifiziert, als sie ein Mitarbeiter des Bochumer Dax-Konzerns Vonovia in Aachen entdeckte. Der schockierte Mann alarmierte sofort die Polizei und einen Notarzt. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelte. Bei dem Toten handele es sich um einen im Jahr 1965 geborenen Kölner, berichtet die „Aachener Zeitung“. Dem Blatt zufolge soll er lange drogensüchtig gewesen sein und völlig zurückgezogen gelebt haben.
Der Tod trat zum Jahreswechsel 2021/2022 ein
Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft ergaben, dass der Mieter mutmaßlich an Silvester 2021 zum letzten Mal seinen Briefkasten geleert hat. An diesem Tag soll auch eine Angehörige letztmals mit dem Mann telefoniert haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er um den Jahreswechsel 2021/22 gestorben ist.
Im Frühjahr 2022 bekam Vonovia nach eigenen Angaben letztmals die Miete vom Aachener Sozialamt überwiesen. Es folgten Mahnungen und schließlich die Versiegelung der Wohnung durch einen Gerichtsvollzieher. Im August 2023 stellte Vonovia Antrag auf Räumungsklage, nachdem es dem Unternehmen mehrfach nicht gelungen war, Kontakt zu dem Mieter aufzunehmen.
Vonovia: Ein sehr trauriger und tragischer Fall
„Das ist ein sehr trauriger und tragischer Fall, der bei uns glücklicherweise nur selten vorkommt“, sagt Vonovia-Sprecherin Bettina Benner unserer Redaktion. „Als Vermieter können wir natürlich nicht einfach eine Wohnung öffnen. Es sei denn, es ist Gefahr in Verzug wie jetzt in Aachen.“
Im Juni war es oberhalb der betroffenen Wohnung zu einem Rohrbruch gekommen. Um weiteren Schaden für das Haus abzuwenden, verschaffte sich ein Vonovia-Mitarbeiter Zugang zur Wohnung des Kölners, den er tot vorfand. Von der „Aachener Zeitung“ befragte Nachbarn berichten von „unangenehmem Geruch“ im Hausflur, den sie aber nicht mit einer verwesenden Leiche in Verbindung gebracht hätten.
„Wir fördern aktiv gute Nachbarschaft“
„Wir fördern aktiv gute Nachbarschaft und veranstalten Feste in unseren Quartieren, um Einsamkeit vorzubeugen und die Menschen miteinander in Kontakt zu bringen“, erklärt Konzernsprecherin Benner. „Wir müssen aber auch akzeptieren, wenn einzelne Mieter zurückgezogen leben wollen. Dann fehlt die soziale Kontrolle, wenn es auch keine Familie gibt.“
Der tote Mann ist inzwischen in Aachen beigesetzt worden.
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