Berlin. Habeck ruft Unternehmen zum Krisengespräch. Wirtschaftsexperten analysieren, wo Fehler gemacht wurden und wer die Lage retten kann.
Volkswagen kündigt drastische Sparpläne an, BMW und Mercedes-Benz schocken mit Gewinnwarnungen. Angesichts der aktuellen Krise in der deutschen Autoindustrie hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) neue steuerliche Anreize für E-Autos in Aussicht gestellt. Geplant sind Vergünstigungen für Dienstwagen.
Konkrete Angaben machte Habeck bei einem Besuch des VW-Werks in Emden am Freitag noch nicht. Klar sei aber: Mögliche Maßnahmen würden auch rückwirkend gelten. Für Montag hat der Vizekanzler die großen Autohersteller, Zulieferer, Verbände und die Gewerkschaft IG Metall zu einem Autogipfel zur aktuellen Lage eingeladen.
Die IG Metall begrüßt den Autogipfel und hält ein neues Förderpaket für die Elektromobilität für notwendig. „Das Förderpaket muss dazu beitragen, den Hochlauf der E-Mobilität zu beschleunigen“, sagte ein IG Metall-Sprecher dieser Redaktion. „Das würde dem Klima ebenso helfen wie den Herstellern und Zulieferern, die Milliarden in die E-Mobilität investiert haben.“
IG Metall dringt auf neues Förderpaket
Eine Wiederbelebung des Hochlaufs würde es der Industrie erleichtern, im Wettlauf mit außereuropäischen Herstellern weiter nach vorne zu kommen. „Es wäre gleichzeitig ein Konjunkturprogramm wie auch eine industriepolitische Fitness-Spritze für eine erfolgreiche Transformation der Automobilindustrie.“
Die aktuell angekündigte Sonderabschreibung für gewerblich angeschaffte emissionsfreie Fahrzeuge sei ein „sinnvoller erster Schritt. Angesichts der aktuellen Lage in der Fahrzeugindustrie sollten jetzt schnell weitere Schritte folgen“, so der IG Metall-Sprecher. Die Bundesregierung hatte vor knapp einem Jahr die E-Auto-Förderprämie für alle Verbraucher überraschend gestrichen.
Gesamtmetall warnt vor China-Strafzöllen
Die Metallarbeitgeber bezeichnen die Lage der deutschen Industrie und insbesondere der Automobilindustrie als „überwiegend schlecht und teilweise dramatisch“, sagte Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander dieser Redaktion. „Wir müssen schnell wieder wettbewerbsfähiger werden und so den Standort stärken. Unternehmenssteuerreform, Sozialabgaben wieder bei 40 Prozent, Bürokratieabbau und Regulierungspause, bezahlbare und verlässliche Energieversorgung sind die Stichworte.“
„Dass die EU in dieser Lage nicht von einer weiteren Schwächung der deutschen Automobilindustrie durch kontraproduktive Strafzahlungen Abstand nimmt, ist ein politischer Skandal“, sagt Zander. Die EU-Kommissionspräsidentin „Frau von der Leyen muss das endlich stoppen. Ich hoffe, dass der Gipfel zumindest hierzu ein klares Signal bringt.“
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Autogipfel: Das empfehlen Wirtschaftsforscher
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hält Subventionen für einzelne Unternehmen oder für Energie dagegen für einen Irrweg. „Diese helfen nur einzelnen Unternehmen und nicht der gesamten Wirtschaft“, sagte Marcel Fratzscher. „Die Hauptverantwortung für die schwierige Lage in der Automobilbranche liegt bei den Unternehmen selbst, nicht bei der Politik“, ist der Ökonom überzeugt.
Die Autoindustrie hätte drei große Fehler begangen: „Sie haben mit dem Dieselbetrug viel Vertrauen und Reputation zerstört. Sie haben sich in eine viel zu starke Abhängigkeit von China begeben und sich dadurch erpressbar gemacht. Und sie haben die technologische Transformation zu E-Mobilität verschlafen“, so Fratzscher.
Diese drei Fehler müssten nun schnell korrigiert werden, um an die großen Erfolge der vergangenen Jahrzehnte anknüpfen zu können. „Dies ist möglich, die Autohersteller sind hochinnovativ und haben exzellentes Know-how und Fachkräfte“, ist Fratzscher überzeugt.
IW spricht sich für neue E-Auto-Prämie aus
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält wiederum eine neue E-Auto-Prämie für willkommen. „Einen spürbaren Nutzen wird sie aber nur dann haben, wenn es gelingt, die potenzielle Käuferschicht zu erweitern“, sagte der IW-Autoexperte Thomas Puls.
Die Autoindustrie sollte ihre Dominanz im Premiumsegment ausbauen, die den weltweiten Export hochpreisiger, am Standort Deutschland gefertigter Pkw, ermögliche. „Kleine Fahrzeuge sind hingegen mit deutschen Kostenstrukturen kaum darstellbar und könnten wegen hohem Transportaufwand nur auf dem tendenziell schrumpfenden europäischen Markt abgesetzt werden.“
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