Berlin/Wolfsburg. Schon länger geht es den Autobauern schlecht. Branchenprimus Volkswagen muss darauf offenbar drastischer reagieren, als bislang angenommen.
Dem größten deutschen Automobilkonzern Volkswagen setzen die derzeitigen Absatzprobleme offenbar stärker zu als bislang bekannt. Einem Bericht des „Manager Magazins“ zufolge könnten mittelfristig bis zu 30.000 Jobs in Deutschland wegfallen. Das wäre hierzulande fast jeder vierte VW-Job. Auch Investitionen sollen in der nächsten Mittelfristplanung um rund 20 Milliarden Euro gekürzt werden.
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Der Konzern selbst wollte die Zahlen nicht bestätigt. „Klar ist: Volkswagen muss an seinen deutschen Standorten seine Kosten reduzieren. Nur so kann die Marke heute preislich attraktive Fahrzeuge anbieten und zugleich ausreichend Geld für Zukunftsinvestitionen verdienen. Wie wir gemeinsam mit den Arbeitnehmern dieses Ziel erreichen, ist Teil der anstehenden Gespräche“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.
Krise bei Volkswagen: Verkäufe fehlen, Werke stehen zur Debatte
Öffentlich sprach Finanzchef Arno Antlitz zuletzt davon, dass zwei Werke bedroht sein könnten. Erst vor gut einer Woche hatte Volkswagen die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungsgarantie für die Belegschaft in Deutschland gekündigt – ein einmaliger Schritt in der Konzerngeschichte. Ab Juli 2025 sind damit betriebsbedingte Kündigungen möglich.
Antlitz hatte zuletzt bei einer Rede vor VW-Mitarbeitern erklärt, dass Volkswagen derzeit Verkäufe von rund einer halben Million Autos fehlten. Das entspräche der Produktionsleistung für zwei Werke. „Der Markt ist schlicht nicht mehr da“, soll der Manager erklärt haben. Volkswagen kämpft gleich mit mehreren Problemen: Die Elektroautos des Konzerns verkaufen sich nicht. Zudem entwickelte sich der wichtige Markt China zuletzt schwach.
„Mit dem wachsenden Marktanteil der Elektromobilität an den Neuzulassungen und der Stärke der einheimischen chinesischen Autohersteller sind große Überkapazitäten bei Volkswagen entstanden. Dadurch werden einige Verbrennerwerke noch schneller als gedacht überflüssig“, erklärte Autofachmann Stefan Bratzel, Direktor des Centers of Automotive Management (CAM), gegenüber dieser Redaktion. Da nun Gewinne aus China auf absehbare Zeit nicht mehr sprudeln würden, müssten die Kosten- und Effizienzprobleme in Deutschland angegangen werden. „Das wird auch Arbeitsplätze kosten.“
Volkswagen: Autoexperte sieht für Niedersachsen schwierige Rolle
Zuletzt wurde die Finanzlücke mit gut fünf Milliarden Euro angegeben. Derzeit beschäftigt Volkswagen in Deutschland gut 130.000 Beschäftigte. Besonders brisant: Auch von den rund 13.000 Beschäftigten in Forschung und Entwicklung in Deutschland müssten wahrscheinlich 4000 bis 6000 gehen, so das „Manager Magazin“.
„Es wird sehr ernst bei VW. Die nächsten Wochen werden hart werden, mit vielen Gesprächen, Trillerpfeifen und Protesten“, sagte der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer dieser Redaktion. Ob es dann 30.000 Stellen oder vielleicht doch weniger würden, könne er derzeit nicht abschätzen. Dudenhöffer sagte weiter, er halte den Fakt, dass Niedersachsen in dieser Situation Anteilseigner bei Volkswagen sei, für gefährlich. „Ministerpräsident Stephan Weil muss aufpassen, dass er keinen Krieg zwischen den Bundesländern anzettelt, denn es liegt nahe, die anderen bluten zu lassen und einen Schutzschirm über die Jobs in Niedersachen aufzuspannen.“ Neben Werken in Niedersachsen wie Osnabrück und Emden halten Experten auch Standorte wie Dresden, Kassel oder Zwickau für gefährdet.
Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte zuletzt angekündigt, um den Erhalt aller Werke kämpfen zu wollen. Sie soll dem Bericht zufolge aber bei den Gehältern gesprächsbereit sein. „Es gibt da radikale Ideen: etwa 10 Prozent weniger für alle statt der von der IG Metall geforderten 7 Prozent plus“, schreibt das „Manager Magazin“.
Gewerkschaft: Werden um alle Jobs und Werke kämpfen
Die Gewerkschaft IG Metall wurde gegenüber unserer Redaktion deutlicher: „Massenentlassungen und Standortschließungen sind mit uns nicht zu machen! Egal, welche Abbau-Fantasien im Top-Managementkreis entworfen werden. Wir werden um alle Werke und Arbeitsplätze kämpfen“, sagte der Bezirksleiter und IG Metall-Verhandlungsführer bei Volkswagen, Thorsten Gröger, dieser Redaktion.
Wenn Volkswagen die Axt an die Belegschaft anlegen wolle, würden die Beschäftigten die passende Antwort geben. Kahlschlag schaffe keine Perspektive. „Was gebraucht wird, ist ein tragfähiges Zukunftskonzept für alle Standorte“, so Gröger. Neben Volkswagen haben auch die anderen deutschen Autobauer mit Problemen zu kämpfen. BMW strich erst kürzlich die Prognose für das laufende Geschäftsjahr zusammen.
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