Berlin. Aktien sind ihr Geschäft. Hier verraten drei Anlageprofis, wie sie sich für das Leben im Alter aufstellen – und warum auch Emotionen eine Rolle spielen.

Verkaufen, Kaufen, Halten? Das Ziehen der richtigen Schlüsse ist für sie ihr tägliches, berufliches Geschäft. Hier erklären drei Börsenexperten, wie sie ihre persönliche Altersvorsorge aufgestellt haben und sagen auch, warum Aktien für den Ruhestand nicht alles sind.

„Es geht auch ums Gefühl“ – Andreas Lipkow aus Hamburg

Autos, Pferde oder auch Uhren – für Andreas Lipkow (51) können auch diese alternativen Investments Teil der Altersvorsorge sein. Denn es gehe bei der privaten Anlagestrategie auch ums eigene Gefühl. „Wer mit Aktien überhaupt nichts anfangen kann, sollte lieber etwas anderes machen“, sagt Lipkow, der für die Comdirect als Marktexperte arbeitet, also stets aktuelle Entwicklungen an den weltweiten Aktienmärkten im Blick hat. Von daher sollte man bei der persönlichen Altersvorsorge auch auf das eigene Empfinden vertrauen, eigene Interessen und den persönlichen Anlagehorizont berücksichtigen, betont er. 

Auch interessant

Lipkow macht das mit Blick auf seinen Lebensabend im Grunde auch. Früher als junger Wertpapierhändler war er auf den Börsenparketten in Berlin und Frankfurt am Main zu Hause. Mittlerweile analysiert er für Comdirect seit 2017 auch Einzelunternehmen. Da will er nicht in Konflikt geraten. Der Aktienexperte setzt deshalb für seine Vorsorge auf eine breitere Streuung. Derzeit bespart Lipkow eigenen Worten zufolge sechs ETF, darunter welche, die den deutschen Leitindex Dax abbilden, europäische und amerikanische Werte, Technologieunternehmen und auch die chinesische Wirtschaft. Etwa 15 bis 20 Prozent seines monatlichen Nettos fließen in die private Vorsorge.

Andreas Lipkow arbeitet seit 2017 als Marktexperte bei Comdirect. Für seine Altersvorsorge setzt er vor allem auf ETFs.
Andreas Lipkow arbeitet seit 2017 als Marktexperte bei Comdirect. Für seine Altersvorsorge setzt er vor allem auf ETFs. © Philipp Tonn | Philipp Tonn

Derzeit aber sei er vorsichtig. Viele Kurse, gerade in Europa, seien zu hoch. „Der Markt ist heißgelaufen“, sagt Lipkow. Generell investiere er in Märkte und damit Firmen, die er verstehe. Darunter sind auch Kryptowährungen. Das sei ganz spannend, weil es eine Technologie sei. „Krypto halte ich mittlerweile für salonfähig, allerdings weniger für die Altersvorsorge, auch, wenn durch die ETF-Zulassung in den USA mittlerweile viele institutionelle Investoren dabei sind“, erklärt er. Neben den Sparplänen hat der Börsenfachmann auch noch eine betriebliche Altersvorsorge über seinen Arbeitgeber und eine – mittlerweile abbezahlte – Immobilie, in der er selbst wohnt. „Zu wissen, dass ich in der Rente mietfrei leben kann, gibt mir ein gutes Gefühl“, sagt Lipkow, der Vater von drei Kindern ist.

„Sich daran gewöhnen, etwas zurückzulegen“ – Christian Röhl aus Berlin

Gut 80 Prozent seines Vermögens hat Christian Röhl (48) heute an der Börse investiert. Als junger Mann schloss Röhl hingegen lieber zwei fondsgebundene Lebensversicherungen ab, sah Aktien nur als schnelle Spekulation an. „Dabei hatte ich in meinem Großvater eigentlich ein gutes Vorbild, was das langfristige Investieren in Unternehmen angeht“, sagt er. Doch die Interessen des heutigen Investors und Vermögensverwalters lagen woanders.

Auch interessant

Er baute stattdessen ein Medien- und Beratungs-Unternehmen auf, das auf strukturierte Finanzprodukte spezialisiert war. Später stieg der deutsche Verlag Axel Springer ein – für seine Anteile erhielt Röhl damals einige Millionen Euro. Eine Summe, die den Grundstein für sein heutiges Vermögen legte. Röhl kaufte einige Immobilien, die er bis heute vermietet. Das meiste steckte er aber in Aktien.

Heute, sagt der Börsenkenner, ist er vor allem in großen Unternehmen investiert, die stabile Cashflows haben, seit vielen Jahren Dividenden zahlen – und in der Lage gewesen sind, die Auszahlungen an die Aktionäre immer wieder zu steigern. Der Fokus liege auf US-amerikanischen Unternehmen. Aber im Grunde habe er sich einen eigenen Welt-ETF gebaut, sagt Röhl. „Diversifikation halte ich für sehr wichtig, denn bei jedem Unternehmen kann irgendwann mal etwas schiefgehen.“

Christian W. Röhl
Christian Röhl legte den Erlös aus dem Verkauf seines Unternehmens an der Börse an. © privat | Privat

Optionsscheine, Fremdwährungen – auch Röhl hat seine Fehler an den Märkten gemacht. Heute zeigt er jungen Investierenden auch auf Social Media, wie sie die Sache angehen sollen. Früh anzufangen, ist entscheidend. „Wer mit 22 Jahren 50 Euro im Monat zurücklegt, wird damit zwar kein Millionär, aber gewöhnt sich daran, etwas zurückzulegen“, sagt Röhl. Mit dem ersten Job sei es dann wichtig, die Sparrate zu erhöhen. Gleichzeitig dürfe man die eigene Gesundheit nicht vernachlässigen – um dann im Alter die eigene Vorsorge auch genießen zu können.

„Nennenswerter Betrag monatlich nötig“ – Ulrich Stephan aus Frankfurt am Main

Wer will, kann mit Ulrich Stephan (58) aufstehen. Jeden Morgen um 7 Uhr verschickt der Chefanlagestratege Deutschland für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank an Kunden und Interessierte aktuelle Analysen, Beobachtungen und Wissenswertes zu Aktien, Börsen und Geldpolitik. Stephan selbst hat bei seiner Altersvorsorge auch auf Aktien gesetzt. Seitdem die vier Kinder aus dem Haus sind, nehme der Wertpapieranteil zu, sagt er. Der Börsenkenner setzt dabei nicht nur auf einzelne Aktien, sondern vor allem auf ETFs, die zum Beispiel die Wertentwicklung von Firmen aus den Bereichen Cybersecurity, Künstliche Intelligenz und Biotechnologie abbilden.

Stephan, mehr als 30 Jahre Berufserfahrung in der Finanzbranche, hat aber auch andere Vorsorgeprodukte. Vermutlich fast alles, was man haben kann. Neben Lebensversicherungen sind das zum Beispiel eine Riester-Rente, Fondssparpläne, unterschiedliche betriebliche Altersvorsorgen und auch eine Rentenversicherung. Rechnet sich das? Stephan geht trotz höherer Gebühren davon aus. Einen bestimmten Betrag ein Leben lang ausbezahlt zu bekommen, egal wie alt man werde, könne viel wert sein, so der Banker. Seinen Kindern hat er dennoch empfohlen, lieber regelmäßig ETFs zu besparen.

Verzichtet auch mal, um im Alter finanziell gut aufgestellt zu sein: Deutsche-Bank-Finanzexperte Ulrich Stephan.
Verzichtet auch mal, um im Alter finanziell gut aufgestellt zu sein: Deutsche-Bank-Finanzexperte Ulrich Stephan. © Tim Wegner/Deutsche Bank | Tim Wegner/Deutsche Bank

Mit Blick auf seinen Ruhestand fühlt sich Stephan gut aufgestellt. Eine selbst genutzte Immobilie wird derzeit noch abbezahlt, Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus vermietet er. Mit ersten Sparplänen habe er bereits als Schüler begonnen. Geld für das Alter zur Seite zu legen, gehe häufig nicht ohne Entbehrung. „Es ist nicht so, dass man einfach irgendwie spart, sondern das war schon und ist noch immer ein nennenswerter Betrag“, erzählt Stephan. Die eine oder andere Anschaffung wird dann auch schonmal hinten angestellt.