Würzburg/Magdeburg. Ein Kind großziehen und dabei noch etwas fürs Alter ansparen? Keine leichte Aufgabe. Unsere Autorin verrät, wie sie es geschafft hat.

Annett Conrad

Es waren exakt 460 Euro Erziehungsgeld, dazu kamen 154 Euro Kindergeld. Von diesen 614 Euro im Monat sollten meine frischgeborene Tochter und ich die nächsten zwölf Monate leben. Ich war damals 33 und stand ganz allein da. Mein Partner hatte mich nach 17 Jahren Beziehung verlassen, und mein Arbeitgeber verlängerte meinen Einjahresvertrag wegen der Schwangerschaft nicht.

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Das war 2003, damals gab es noch kein Elterngeld. So startete ich als Alleinerziehende. Inzwischen habe ich keine finanziellen Sorgen mehr. Ich kann meiner Tochter entspannt das Studium finanzieren und werde auch in der Rente keine Abstriche machen müssen. Wie habe ich das geschafft? Fünf Ratschläge, die mir persönlich geholfen haben.

Sparen fürs Alter: Wer kann, sollte Vollzeit arbeiten

Wie es sich anfühlt, von einem Besuch in einem Restaurant oder gar einem Urlaub nur träumen zu können, das hatte ich im ersten Lebensjahr meiner Tochter erlebt. Für mich war damals ganz klar: Das will ich nie wieder haben – ich will für uns beide gutes Geld verdienen.

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Als sich die Chance auf eine Vollzeit-Festanstellung als Redakteurin mit sehr gutem Gehalt in einer 100 Kilometer entfernten Stadt bot, griff ich ohne zu zögern zu. Ab dem zweiten Lebensjahr meiner Tochter pendelte ich täglich 200 Kilometer. Mein Riesenglück war, dass die Großeltern mich unterstützten und das Kind täglich nach der Kita betreuten, bis ich nach Hause kam. Nach zwei Jahren konnte ich in die Redaktion in meiner Heimatstadt wechseln. Vollzeit habe ich immer gearbeitet.

Sparsam haushalten kann zur Gewohnheit werden

Die sparsame Lebensweise hatte ich mir im ersten Lebensjahr meines Kindes antrainiert und führte sie unbewusst trotz eines sehr guten Gehalts fort. Die Kleidung für meine ständig wachsende Tochter und für mich kaufte ich zum Beispiel fast ausschließlich secondhand. Und anstatt das Kinderzimmer mit Markenspielzeug vollzustopfen, ging ich mit meiner Tochter lieber auf den Spielplatz oder in die Natur.

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Was ich uns immer gegönnt habe, waren Urlaubsreisen. Aber auch da schaute ich auf gute Angebote. So konnte ich in kurzer Zeit schon ein gutes Sparpolster aufbauen, die Grundlage für meine Altersvorsorge!

Altersvorsorge mit Eigentum garantieren

Als meine Tochter fünf war, wollte ich unbedingt umziehen. Unsere Wohnung hatte damals nicht mal einen Balkon, und ich träumte von einem Zuhause mit einem Garten. Die Miete für eine entsprechende Traumwohnung fand ich aber viel zu teuer. Diese stand damals jedoch auch zum Verkauf, die Preise waren gerade gefallen. Ich hatte inzwischen Eigenkapital angespart, rechnete und kam zu dem Ergebnis, dass Kaufen unterm Strich langfristig für mich günstiger wäre.

Journalistin Annett Conrad aus Magdeburg-Würzburg hat ihre Tochter alleine großgezogen und war stets auf ihre Altersvorsorge bedacht.
Journalistin Annett Conrad aus Magdeburg-Würzburg hat ihre Tochter alleine großgezogen und war stets auf ihre Altersvorsorge bedacht. © Viktoria Kühne | Viktoria Kühne

Heute sind die Immobilienpreise höher, aber es gibt immer noch Regionen in Deutschland, in denen der Kauf unterm Strich vorteilhafter ist, als etwas zu mieten. Auch beim Autokauf, bei Versicherungen, beim Vertrag mit dem Energieversorger habe ich es immer so gemacht: Alles durchrechnen, vergleichen und so Geld sparen. Für mich war der Wohnungskauf ein Glücksfall, die Immobilie ist für mich eine perfekte Altersvorsorge.

Das Geld gut anlegen – diesen Fehler sollte man vermeiden

Geld einfach nur auf dem Sparkonto liegen zu lassen, das kam für mich nie infrage. Jeden Cent, den ich übrighabe, lege ich an. Denn so vermehrt sich das Guthaben, statt von der Inflation aufgefressen zu werden. Statt einer Handtasche von Louis Vuitton kaufe ich mir zum Beispiel lieber Aktien des Luxusgüter-Konzerns LVMH, dem die Marke gehört. Ein Wertpapier nutzt sich im Gegensatz zu einer Tasche nicht ab, bringt mir stattdessen aber jedes Jahr Dividende.

Allerdings muss ich zugeben: Bei der Investition in Einzelaktien habe ich auch Fehler gemacht und Geld verloren. Wenn ich jetzt noch einmal starten könnte, würde ich das Geld als Anfänger statt in Einzelaktien lieber in einen ETF (börsengehandelte Indexfonds) investieren. Das rät auch Nicole Negru, Ruhestandsplanerin beim VZ Vermögenszentrum in München, Alleinerziehenden: „Sehr gut für die Altersvorsorge eignet sich ein ETF-Sparplan. Damit kann man schon ab 25 oder 50 Euro monatlich breit gestreut am Aktienmarkt anlegen.“

Empfehlung: Alle Möglichkeiten zur Altersvorsorge nutzen

Alles, was mir von meinem Arbeitgeber an Sparzulagen angeboten wurde, habe ich immer mitgenommen. Als Angestellter hat man zum Beispiel einen Rechtsanspruch auf betriebliche Altersvorsorge. Das Geld wird automatisch vom Gehalt abgezogen – und es gibt einen Zuschuss von der Firma. So spart man, ohne große Einbußen, ganz automatisch Geld für das Alter an.

Sparsam haushalten, Preise vergleichen, Geld sinnvoll anlegen: Mit diesen Tipps können sich auch Alleinerziehende ein Polster für die Rente anlegen.
Sparsam haushalten, Preise vergleichen, Geld sinnvoll anlegen: Mit diesen Tipps können sich auch Alleinerziehende ein Polster für die Rente anlegen. © iStock | evgenyatamanenko

Außerdem bezuschussen viele Arbeitgeber vermögenswirksame Leistungen. Auch wenn es monatlich nur eine kleine Summe ist, lohnt es sich. Ich habe die vermögenswirksamen Leistungen in einen ETF-Sparplan gesteckt. In einigen Jahren ist so eine hohe fünfstellige Summe zusammengekommen. Für Alleinerziehende, die zusätzlich zu ihrem Lohn noch Leistungen vom Jobcenter oder Kinderzuschlag erhalten, lohnt sich übrigens oft die Riester-Rente.

Rente als Alleinerziehende aufbauen – mein Fazit!

Inzwischen ist meine Tochter Studentin und lebt in einer anderen Stadt. Ich bin heute 53 Jahre alt. Manchmal frage ich mich: Hätte ich weniger arbeiten sollen, als sie noch klein war? Die Zeit mit einem Kind ist schließlich kostbar und unbezahlbar. Andererseits hat mir auch mein Job immer Spaß gemacht. Meine Tochter war als Kind sehr gerne bei Oma und im Kindergarten. Und sie hat es geliebt, nach der Schule im Hort mit den anderen Kindern zu spielen.

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Aus ihr ist eine selbstständige, sehr fleißige und ehrgeizige junge Frau geworden. Für uns hat es so gut gepasst, ich bereue nichts. Ich kann aber gut verstehen, dass andere Alleinerziehende einen anderen Weg gehen. Geld ist schließlich nicht alles.

Vorsorgen als Alleinerziehende: Das rät die Finanz-Expertin

  • „In der Summe bleibt vielen Alleinerziehenden nicht viel Geld übrig, das sie für die Rente zurücklegen könnten“, sagt Nicole Negru, Ruhestandsplanerin beim VZ Vermögenszentrum in München. „Dennoch sollten sie die Flinte nicht ins Korn werfen. Auch mit kleinen Beträgen ist es möglich, für das Alter vorzusorgen.“
  • Negru rät zu einem ETF-Sparplan: „Bei Aktien kommt es zwar immer wieder zu erheblichen Kursschwankungen. Wenn das Geld für die Altersvorsorge gedacht ist, ist der Anlagehorizont aber meist sehr lang. Und je länger die Anlagedauer, desto weniger fallen die Kursschwankungen ins Gewicht.“
  • Ein weiterer Vorteil von ETF-Sparplänen sei es, dass bei niedrigen Kursen automatisch viele Anteile gekauft werden, bei hohen Kursen aber entsprechend weniger. Auf diese Weise kaufe man die Anteile langfristig zu einem günstigen Durchschnittskurs ein. Darüber hinaus rät die Expertin Alleinerziehenden, eine Betriebsrente abzuschließen.

So geht es Alleinerziehenden in Deutschland

  • Es gibt in Deutschland 2,7 Millionen Alleinerziehende mit rund 3,9 Millionen Kindern. 54 Prozent davon müssen mit einem Nettolohn von unter 1400 Euro auskommen. Laut dem letzten Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes war das Risiko für Alleinerziehende und ihre Kinder, in Armut zu leben, fast drei Mal so hoch wie im Bevölkerungsdurchschnitt.
  • Fehlende Betreuungsmöglichkeiten sind für 31 Prozent der Alleinerziehenden in Deutschland der Grund, dass sie ihre Arbeitszeiten nicht ausweiten können. „Angesichts dieser Zahlen muss die Politik dringend die Rahmenbedingungen für Alleinerziehende und ihre Kinder verbessern – am Arbeitsmarkt, in Bezug auf Kinderbetreuung und bei den Familienleistungen“, sagt Daniela Jaspers, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter.
  • „Alleinerziehende mit atypischen Arbeitszeiten frühmorgens, spätabends oder am Wochenende brauchen zusätzlich einen Anspruch auf flexible ergänzende Kinderbetreuung, um verbleibende Betreuungslücken zu schließen“, so Jaspers weiter. „Auch die Familienleistungen müssen besser auf Alleinerziehende abgestimmt werden: Ehebezogene Leistungen, wie das Ehegattensplitting, erreichen sie nicht!“
  • Jaspers rät Alleinerziehenden, ihre Ansprüche auf Sozial- und Familienleistungen genau zu prüfen. Die Landes- und Ortsverbände des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter bieten vor Ort Unterstützung an.