Berlin. Die Rürup-Rente soll Selbstständige absichern. Aber auch für Angestellte ist sie eine Option – ein Experte nennt die Vor- und Nachteile.
Deutschland wird alt – mehr denn je steht infrage, ob das gesetzliche Rentenniveau auch in ein paar Jahrzehnten noch so hoch ist wie derzeit. Privat vorzusorgen, wird deshalb immer wichtiger. Doch wie, ist die entscheidende Frage. Angebote wie Riester sind laut vielen Experten durchgefallen. Und Rürup? Wie es um die zweite Option der staatlich geförderten Altersvorsorge steht, wie Verbraucher das meiste für sich rausholen – und warum auch hier Reformen unumgänglich sind. Fragen und Antworten.
Rürup-Rente – was ist das eigentlich?
Rürup ist eine weitere geförderte Altersvorsorgevariante vom Staat und ist primär für gut verdienende Selbstständige gedacht. Für diese Zielgruppe soll Rürup, auch Basis-Rente genannt, eine Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung sein. Denn bislang sind Selbstständige nicht dazu verpflichtet, in die gesetzliche Rentenkasse einzuzahlen.
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Bei der Rürup-Rente zahlen Versicherte einen Teil ihres Einkommens oder – als Selbstständiger – einen Teil des erzielten Gewinns in einen Rürup-Vertrag ein und erhalten in der Ansparphase Steuererleichterungen. Ähnlich wie bei der gesetzlichen Rente bekommen Rürup-Sparer auf ihre gezahlten Beiträge erst im Ruhestand Zugriff.
In welchem Fall lohnt sich Rürup als Angestellter?
Wer als Angestellter viel verdient, kann Rürup nutzen, um Steuern zu sparen. Generell lassen sich laut Einkommensteuergesetz bis zu 27.565,20 Euro als Vorsorgeaufwendungen geltend machen. Bei Angestellten müssen allerdings die vom Arbeitgeber in die Rentenversicherung eingezahlten Beiträge gegengerechnet werden. Den Rest kann man theoretisch in einen Rürup-Vertrag stecken – und dann auch als Vorsorgeaufwendung von der Steuer absetzen.
Rechnen könne sich das durchaus, sagt der Experte für Altersvorsorge beim Geldratgeber Finanztip, Martin Klotz. „Der große Nachteil, den ich mir einkaufe, ist jedoch ein unkündbarer Vertrag, der super unflexibel ist – und das habe ich als Angestellter bereits über die gesetzliche Rente abgedeckt. Aus unserer Sicht ist es deshalb sinnvoller, als zweiten Baustein bei der Altersvorsorge etwas zu machen, das mehr Rendite bringt. Dazu kann man zum Beispiel in ETFs investieren“, empfiehlt Klotz.
Generell gilt: Je weniger eingezahlt wird, desto geringer ist auch die Steuererstattung. Mit Blick auf die Auszahlungsphase steigt zudem die Besteuerung Jahr für Jahr. Das heißt, gerade sehr junge Menschen müssen später im Ruhestand auf die gesamte Rente Steuern zahlen. Keine Steuervorteile am Anfang und hohe Steuern am Ende bedeuten somit einen doppelten Nachteil.
Kommt man aus Rürup gar nicht wieder raus?
Nein, der Vertrag ist unkündbar. Für Versicherte gibt es aber die Möglichkeit, den laufenden Vertrag stillzulegen und damit weitere Einzahlungen schlichtweg nicht mehr vorzunehmen. Zu beachten ist aber, dass die Kosten bei dem Versicherungsunternehmen, über das die Rürup-Rente abgeschlossen wurde, weiterlaufen. „Legt man den Rürup-Vertrag still, wird sich zwar das Kapital, was eingezahlt wurde, weiter entwickeln, gleichzeitig arbeiten die Verwaltungskosten in die andere Richtung, schmälern also das Guthaben“, erklärt Vorsorgeexperte Klotz.
Unterscheiden sich die Rürup-Verträge mit Blick auf die Kosten?
Sehr. „Für Rürup-Verträge werden in der Regel hohe Abschluss-, Vertrags- und Verwaltungskosten fällig. Diese drücken die Rendite“, heißt es von der Verbraucherzentrale Hamburg. Es gebe allerdings auch günstigere Verträge, so Martin Klotz von Finanztip. Der Geld-Ratgeber hat einige Rürup-Angebote im vergangenen Jahr einem Kostencheck unterzogen.
Drei schnitten mit Blick auf die Effektivkosten und den garantierten Rentenfaktor – also, wie viel monatliche Bruttorente ein Versicherter pro 10.000 Euro angespartes Kapital mindestens erhält – besonders gut ab. Finanztip empfahl schlussendlich die Rürup-Rentenversicherung der Europa (Tarif E-BRI), den Nettotarif der Condor (Tarif Congenial C79-H) und den Fondssparplan der Sutor Bank (Raisin Pension ETF Rürup).
Allzu viel Rendite sollte man mit Rürup aber nicht erwarten: Eine Untersuchung des Verbrauchervereins Finanzwende in Zusammenarbeit mit dem Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein ergab, dass es kaum Verträge gibt, die über die Jahre gesehen durchschnittlich mindestens zwei Prozent Rendite abwerfen. Von 89 untersuchten Rürup-Verträgen erreichten lediglich zwei diese Zielmarke. Durchschnittlich lieferten die Rürup-Verträge nur ein Prozent jährliche Rendite über die Gesamtlaufzeit.
100 Euro im Monat in einen Rürup-Vertrag einzahlen – lohnt sich diese Summe?
Als Selbstständiger schon, sagt Martin Klotz. Viele Selbstständige hätten ohnehin nicht die Möglichkeit, Hunderte von Euro in die eigene Altersvorsorge zu stecken. Als Angestellter hingegen rechnen sich 100 Euro eher nicht. Wer privat zusätzlich vorsorgen will, könnte da eher auf einen ETF-Sparplan setzen. Für Geringverdiener mit Kindern kann sich auch ein Riester-Vertrag lohnen – mit staatlichen Zulagen und der Möglichkeit, gezahlte Beiträge ebenfalls steuerlich geltend zu machen. Die Höchstgrenze für Einzahlungen ist bei Riester aber deutlich niedriger als bei Rürup, sie liegt bei lediglich 2100 Euro jährlich.
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Ist Rürup so wie Riester auch gefloppt?
Bei der Kernzielgruppe schon. „Die Hauptidee von Rürup war, Selbstständigen einen einfachen Zugang zu privater Altersvorsorge zu ermöglichen, der der gesetzlichen Rente gleichgestellt ist. Das hat bisher nicht funktioniert“, resümiert Klotz. „Viele Selbstständige sind nicht gut abgesichert fürs Alter.“ Allerdings könnte sich das noch ändern, sagt Johannes Geyer, Rentenexperte vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. „Eine Reform wäre angebracht, aber nicht einfach eine Reform der Rürup-Renten, sondern eine obligatorische Absicherung für Menschen, die bisher nicht abgesichert sind.“
Welche Forderungen für die Reform gibt es?
Geyer schlägt konkret vor, auch Selbstständige in die Rentenversicherung einzugliedern. Und die Bundesregierung arbeitet ohnehin an Änderungen bei der privaten Altersvorsorge. Eine Nachfolgeregelung für Riester sollte dann auch für Rürup gelten, fordert der Top-Ökonom Martin Werding gegenüber unserer Redaktion. „Auch könnte die nachgelagerte Besteuerung der Altersvorsorge wie bei Riester durch Zulagen ergänzt werden, die mit der Steuerbegünstigung verrechnet werden. Dies würde es Selbstständigen mit geringen Einkommen erleichtern, für ihr Alter vorzusorgen“, so Werding, der auch zu den Wirtschaftsweisen zählt.
Bei aller Kritik sind jedoch auch Rürup-Verträge weitverbreitet. 2,6 Millionen Verträge gibt es derzeit. Unklar ist, wie viele aktiv bedient werden und, ob es Mehrfachzählungen von Personen mit zwei oder mehr Verträgen gibt. Dass bei Selbstständigen eine Vorsorgelücke bestehe, sei ablesbar daran, dass sie in der Grundsicherung im Alter klar überrepräsentiert seien, sagt Werding. Nötig seien deshalb in jedem Fall bessere Regeln für ihre eigenständige Altersvorsorge.
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