Berlin. Wer sich vor dem Ruhestand, nur auf seine Rente verlässt, bekommt später Probleme. Experten verraten, wie Sie richtig handeln.
„Es wird schon irgendwie reichen“ – auf diesen Satz sollte man sich mit Blick auf die finanzielle Absicherung im Alter besser nicht verlassen. Welche Fehler die Deutschen mit Blick auf gesetzliche Rente und private Vorsorge häufig machen – und wie man sie vermeidet. Ein Überblick.
1. Fehler: Sich ausschließlich auf die Rente verlassen
Die gesetzliche Rente allein wird nicht ausreichen, um im Ruhestand den zuvor gewohnten Lebensstandard halten zu können. Fachleute halten vor allem den Begriff des Rentenniveaus für irreführend. Die Annahme, dass ein Rentenniveau von 48 Prozent in etwa die Hälfe des zuletzt vor dem Ruhestand bezogenen Gehalts garantiere, ist jedenfalls falsch. Setzen Erwerbstätige nur auf die staatlichen Altersbezüge, könnten sie im Alter finanziell gesehen an Grenzen kommen. „Wer damit auskommen will, muss sich einschränken. Eventuell muss man dann Wohngeld oder Grundsicherung beantragen“, sagt der Rentenexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Johannes Geyer, dieser Redaktion.
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Auch von der zu erwartenden Rente, die alljährlich von der Deutschen Rentenversicherung über die Renteninformation mitgeteilt wird, sollten sich Versicherte nicht blenden lassen. Mitberechnet werden sollte in jedem Fall die zu erwartende Inflation. Das geht zum Beispiel mit speziellen Rechnern im Internet. „Wer in 30 Jahren in Rente geht, wird sich von 1000 Euro nicht mehr dasselbe kaufen können wie jetzt, sondern das Geld wird in etwa nur noch die Hälfte der heutigen Kaufkraft besitzen. Das sollte man bei der Planung der eigenen Altersvorsorge berücksichtigen“, erklärt der Vorsorgeexperte Martin Klotz vom Geldratgeber Finanztip. Will man die eigene Rentenlücke schließen, sollte zusätzlich privat vorgesorgt werden.
2. Fehler: Sich um die gesetzliche Rente erst kurz vor dem Ruhestand kümmern
Wer sich einen Überblick über die bislang erworbenen und erfassten Ansprüche bei der gesetzlichen Rente verschaffen will, sollte bei der Rentenversicherung eine Rentenauskunft anfordern. Unter anderem sind darin Informationen zu bisherigen Versicherungszeiten gespeichert. „Anhand der Informationen sollte man eine sogenannte Kontenklärung machen. Das bedeutet, ich gehe mit der Rentenversicherung meine Zeiten durch und schaue, ob für alles Beiträge gezahlt wurden“, sagt Vorsorgeexperte Klotz. Sind für Zeiten der Ausbildung zum Beispiel keine Rentenbeiträge abgeführt worden, kann man nachzahlen – allerdings nur bis zur Vollendung des 45. Lebensjahrs. Kümmert man sich zu spät, verfällt für die betroffenen Jahre der Rentenanspruch. Auch Kindererziehungszeiten, für die es zusätzliche Rentenpunkte gibt, lassen sich so nachtragen.
3. Fehler: Mit 50 anzunehmen, jetzt noch mit privater Vorsorge anfangen, sei zu spät
Zu kompliziert und jetzt noch damit zu beginnen, bringt eh nichts mehr: Wer 50 oder älter ist und so in Bezug auf die eigene private Altersvorsorge denkt, liegt falsch. „Der Zinseszinseffekt sorgt dafür, dass sich private Vorsorge auch noch kurz vor der Rente lohnt“, sagt Martin Klotz. Auch die Annahme, man müsse bis zum Renteneintritt mit 67 Jahren ein Vermögen aufgebaut haben, von dem man dann leben könne, sei nicht richtig. „Die Menschen leben heute deutlich länger als früher. Das heißt, auch in der Zeit des Ruhestands kann Geld weiter angelegt werden und natürlich auch Rendite erwirtschaften“, erklärt der Vorsorgeexperte.
Wer allerdings erst in fortgeschrittenem Alter anfange, privat vorzusorgen, und noch große Sprünge machen will, sollte nicht nur auf ein Tagesgeldkonto setzen. „Je mehr Zeit ich habe, desto risikoärmer kann ich investieren, je weniger Zeit ich habe, desto mehr muss ich auf Chancen setzen“, sagt Klotz. Dafür empfiehlt er zum Beispiel Aktien-ETFs wie den MSCI World.
Auch mögliche staatliche Unterstützungen sollten Versicherte im Blick behalten. „Wenn ich nur geringe Beträge habe, die ich monatlich investieren kann, ist es umso wichtiger, gute Förderungen mitzunehmen, wie zum Beispiel die Arbeitnehmersparzulage“, sagt Klotz. Diese staatliche Zulage beträgt je nach Anlageform und Sparsumme bis zu 123 Euro pro Jahr. Um sie zu bekommen, ist Voraussetzung, dass Versicherte Geld vom Arbeitgeber oder vom eigenen Gehalt als sogenannte vermögenswirksame Leistungen (VL) anlegen.
4. Fehler: Sich bei der Altersvorsorge auf den eigenen Partner verlassen
Der sogenannte Gender Pension Gap in Deutschland liegt bei 27,1 Prozent. Alterseinkünfte von Frauen waren somit durchschnittlich mehr als ein Viertel niedriger als die von Männern. Konkret heißt das nach Angaben des Statistischen Bundesamts: 2023 bezogen Frauen in Deutschland, die 65 Jahre und älter waren, im Schnitt Alterseinkünfte in Höhe von 18.663 Euro brutto im Jahr. Bei Männern der gleichen Altersgruppe waren es durchschnittlich 25.599 Euro brutto. Das liegt am deutlich höheren Anteil von Frauen, die Teilzeit arbeiten. Aber auch daran, dass sich viele Frauen auch in Sachen Altersversorgung auf den Hauptverdiener verlassen – den Mann.
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„Nicht arbeiten oder weniger arbeiten rächt sich mit Blick auf die Rente. Zudem haben Frauen dann auch häufig weniger Geld, um privat vorzusorgen“, erklärt Experte Klotz. In Partnerschaften, in denen ein größeres Einkommens- oder Vermögensgefälle besteht, sollte deshalb darüber gesprochen und ein Ausgleich geschaffen werden. Das könne zu Beispiel in Form von monatlichen Zahlungen geschehen, die dann von der Frau selbst in einem eigenen ETF-Sparplan angelegt werden.
5. Fehler: Aktien als Zockerei oder Glücksspiel sehen
Dank in der Pandemie aufgekommenen Neobrokern wie Trade Republic scheint dieser Eindruck zumindest bei jüngeren Sparern überholt. „Große Teile der Boomer-Generation tragen das jedoch immer noch als klassischen Glaubenssatz in sich, weil es ihnen selbst so vermittelt worden ist“, sagt Martin Klotz. Vor allem ein langfristiger Anlagehorizont bringe bei Aktien Sicherheit. „Das Geld sollte mindestens 15 Jahre Zeit haben, sich zu entwickeln“, so der Vorsorgefachmann. Historisch konnten Anleger, die mit börsengehandelten Indexfonds (ETFs) auf den MSCI World setzten, seit 1975 eine durchschnittliche Rendite von rund neun Prozent jährlich erzielen.
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