Rom. Ein Sommer ohne? Undenkbar! Der Mutterkonzern ist Milliarden wert – und hat jetzt noch weitere Pläne für den Sommer-Drink.
Obwohl mehr als 100 Jahre alt, ist der Erfolg des Aperol so groß wie nie. Auf der ganzen Welt wird inzwischen die italienische Cocktail-Ikone getrunken, die in bauchigen Gläsern mit vielen Eiswürfeln, einer halben Orangenscheibe und mit einem Strohhalm serviert wird. Mittlerweile gehört Aperol Spritz genauso zur italienischen Kultur wie Fußball, Pizza und Pasta. Und auch das Kult-Getränk hat eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte vorzuweisen.
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Die Wurzeln des Drinks gehen auf das 19. Jahrhundert zurück, als Nordostitalien noch zum habsburgischen Reich gehörte. Die Österreicher hatten schon damals die Tradition, ihren Wein mit Wasser zum „G‘spritzten“ zu verdünnen. Die Venezianer übernahmen diese Angewohnheit und wandelten den Namen in „Spritz“ um. Obwohl mehrere Weine und Liköre für Spritz verwendet werden, ist Aperol in den vergangenen Jahrzehnten zum Klassiker unter den Aperitivi avanciert. Dabei ist der Drink bereits 105 Jahre alt.
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Erfunden wurde er von zwei Brüdern, Silvio und Luigi Barbieri in Padua. Sie erbten eine Spirituosenproduktion von ihrem Vater Giuseppe, dessen Leidenschaft die Herstellung feiner Liköre war, und tüftelten einige Jahre mit der Destillation von Rhabarber, Chinarinde, Gelbem Enzian, Bitterorange und aromatischen Kräutern. Sieben Jahre später stellten die Brüder Barbieri den Gästen der Internationalen Messe in Padua erstmals ihre neue Kreation vor – Aperol. Seinen Namen leiteten sie vom französischen Wort „Apéritif“ ab. Der Name „Aperol“ sollte wohl eine gewisse internationale Musikalität ausstrahlen, die leicht zu merken und auszusprechen ist. Auf der Messe in Padua kam das Getränk, dessen Rezeptur übrigens bis heute unverändert ist, gut an. Wirklich populär wurde das Getränk aber erst in den 1950er Jahren. Damals gab es den ersten Aperol-Werbespot. Bunte Werbeplakate trugen ebenfalls ihren Teil zum Erfolg bei.
Mutterkonzern Campari investiert zig Millionen in Produktionsausbau
2003 hat Campari Aperol schließlich übernommen. Der Mailänder Spirituosenhersteller investierte stark in Marketing. Mit Spots, die Aperol als Synonym italienischen Lebensgefühls und Dolce Vita priesen, ist der Erfolg des Aperitivo-Getränks stetig gewachsen. In einigen Bars hat er einen eigenen Zapfhahn bekommen.
Aperol ist zu einem Geldsegen für seinen börsennotierten Mutterkonzern geworden. Allein im vergangenen Jahr gab es beim Aperol-Verkauf ein Plus von 23 Prozent. Aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage wurde die Produktion am Standort in Novi Ligure in Norditalien verdoppelt. Der Produktionsausbau, der gut 75 Millionen Euro kostete, soll nun den Verkauf weiterer 100 Millionen Flaschen im Jahr ermöglichen. Zum Vergleich: Als Campari den Standort vor zwanzig Jahren eröffnete, füllte man 29 Millionen Flaschen im Jahr ab, heute sind es 360 Millionen. Mittlerweile macht allein Aperol fast ein Viertel des Drei-Milliarden-Euro-Umsatzes von Campari aus. Deutschland ist für Campari der drittwichtigste Markt nach den Vereinigten Staaten und Italien.
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Seit 1995 erweitert der Spirituosen-Hersteller sein Portfolio kontinuierlich. „Wachstum durch Zukauf“, lautet die Formel des Unternehmens, zu dem Traditionsmarken wie Cinzano, der Bourbon Wild Turkey und Bulldog Gin gehören. „Wir wollen unsere starke Position in der Aperitiv-Branche ausbauen und immer mehr Konsumenten gewinnen, die derzeit vielleicht lieber Bier oder Sprudelwein trinken. Zugleich wollen wir für eine ‚Entsaisonalisierung‘ des Aperol-Konsums arbeiten“, sagt Julka Villa, Marketing-Chefin von Campari. Anders ausgedrückt: Spritz soll nach ihrem Willen nicht mehr bloß ein Aperitif sein, sondern auch zum Essen und in allen Jahreszeiten getrunken werden. Das Ziel: Aperol Spritz zum Après-Ski-Getränk etablieren. „Wir wollen Aperol Spritz als vielseitiges Getränk positionieren, das für jede Jahreszeit geeignet ist“, erklärt Villa.
Camapri enttäuscht an der Börse
Und trotzdem: Nicht überall läuft es so rosa-rot für das Unternehmen wie im gemixten Aperol-Glas. Campari verlor seit Mitte Juli 2023 an der Börse von Mailand fast 27 Prozent. Eine Trendumkehr scheint derzeit noch nicht in Sicht. Nach der Corona-Pandemie galt 2022 eigentlich als das Jahr des großen Aufholens. Doch 2023 wurden die Erwartungen dann aufgrund der allgemeinen Konjunkturschwäche und der Inflation enttäuscht. Außerdem gab es im Sommer verschiedene Hitze-Rekorde – und da verging selbst eingefleischten Aperol-Spritz-Fans die Lust auf Alkohol.
Inzwischen arbeitet Aperols Mutterkonzern Campari weiter an seiner Expansion. Im Dezember 2023 ist das Unternehmen mit der größten Übernahme in der Unternehmensgeschichte ins Premium-Cognac-Segment eingestiegen. Für 1,2 Milliarden Euro erwarb Campari vom US-Konzern Beam Suntory das traditionsreiche französische Cognac-Haus Courvoisier. Der Pariser Firmengründer belieferte bereits Napoleon. Es wäre vermutlich ganz in Camparis Sinn, würde beim nächsten internationalen Staatsbankett mit Aperol Spritz angestoßen.