Düsseldorf/Duisburg. Abgeordnete in Sorge um Thyssenkrupp und den Stahl: Sie wollen Konzernchef López und den Milliardär Kretinsky ins Parlament beordern.
Die SPD will Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López und den tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky in den Landtag beordern. Das geht aus einem Schreiben an den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Demnach sollten die Manager den Parlamentariern aus NRW in einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses Rede und Antwort stehen. Es handle sich um „ein dringendes Anliegen“, schreiben SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt und Fraktionsgeschäftsführer André Stinka. Als Termin komme der 19. Juni infrage.
Trotz einer ablehnenden Haltung der Arbeitnehmervertreter hat der Thyssenkrupp-Aufsichtsrat vor wenigen Tagen einem Einstieg von Kretinsky bei der Stahlsparte des Ruhrgebietskonzerns zugestimmt – zunächst mit 20 Prozent. In einem zweiten Schritt will der tschechische Geschäftsmann 50 Prozent an Thyssenkrupp Steel übernehmen.
Milliardenschwere staatliche Förderung für den Stahlkonzern
Das Vorgehen werfe „erhebliche Fragen“ auf, schreiben Vogt und Stinka an den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses, Robin Korte (Grüne). Ein Termin des Landtagsgremiums mit López und Kretinsky solle dazu beitragen, „Transparenz zu schaffen und die berechtigten Sorgen der Beschäftigten ernst zu nehmen“. Vogt und Stinka erklärten, sie hofften auf eine baldige Einladung an López und Kretinsky.
Die schwarz-grüne NRW-Landesregierung hat Thyssenkrupp Steel rund 700 Millionen Euro für den Aufbau einer klimafreundlichen Stahlproduktion in Duisburg zugesagt. Zusammen mit finanzieller Unterstützung des Bundes sollen dem Unternehmen etwa zwei Milliarden Euro zukommen. Insbesondere die milliardenschwere staatliche Förderung nennen die Abgeordneten zur Begründung ihres Anliegens, Thyssenkrupp-Chef López und den Investor Kretinsky vor den Landtagsausschuss zu zitieren. „Das Land fördert den grünen Umbau von Thyssenkrupp mit rund 700 Millionen Euro. Daher ist es entscheidend, dass der Landtag von Nordrhein-Westfalen über die Pläne der Unternehmensführung direkt informiert wird“, sagt Alexander Vogt im Gespräch mit unserer Redaktion.
Sorge vor Standort-Schließungen von Thyssenkrupp Steel
Eine entscheidende Frage ist nach Einschätzung der SPD-Abgeordneten, ob mit dem Einstieg von Kretinsky eine Antwort auf den weiterhin „immensen Investitionsbedarf“ bei Thyssenkrupp Steel gefunden sei. Auch die Befürchtungen, es könne in NRW zu Standort-Schließungen von Deutschlands größtem Stahlkonzern kommen, würden „immer realer“, schreiben die Parlamentarier. Dies habe bei ihnen „große Besorgnis“ ausgelöst.
Angesichts einer Aufsichtsratssitzung zum Einstieg von Kretinsky hatten Thyssenkrupp-Beschäftigte im Mai vor der Essener Konzernzentrale demonstriert und Vorstandschef López mit Buhrufen empfangen. Das Thyssenkrupp-Management betont angesichts der aktuellen Entwicklung, betriebsbedingte Kündigungen habe es in der heimischen Stahlsparte noch nie gegeben. Es sei das Ziel, diese „auch weiterhin zu vermeiden“. Thyssenkrupp beschäftigt insgesamt rund 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben der Stahlsparte mit etwa 27.000 Jobs gehören auch große Anlagenbaufirmen, Autozulieferbetriebe, ein Werkstoffhandel und Werften zum Essener Traditionskonzern.
„Es geht um den Erhalt von Tausenden von Arbeitsplätzen“, sagt die nordrhein-westfälische SPD-Chefin Sarah Philipp. „Die Sozialpartnerschaft ist von der Unternehmensführung schon genug mit Füßen getreten worden. Jetzt muss Thyssenkrupp-Chef López zeigen, ob er die Botschaft verstanden hat. Hierzu hat er vor dem Landtag von Nordrhein-Westfalen Gelegenheit.“
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