Berlin. Schokolade oder Mode gibt‘s im Outlet billiger. Aber lohnt sich die Fahrt wirklich? Oder zahlt man am Ende mehr für Auto und Bahn?
Stellen Sie sich vor: Sie gehen in ein Outlet-Center vor der Stadt und finden dort beim Schokoladenhersteller Ihre Lieblingssorte für 1,89 Euro anstatt wie im Supermarkt für 2,69 Euro. Wer würde da nicht zuschlagen – gerade auch mit Blick auf die explodierenden Kakaopreise. Schließlich ist zu erwarten, dass bald auch der Preis für Schokolade in die Höhe schießt, weil der Rohstoff teurer geworden ist. Aber lohnt sich für dieses vermeintliche Schnäppchen tatsächlich die Fahrt in ein weiter entferntes Outlet-Center?
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Gehen wir bei der hypothetischen Rechnung mal davon aus, dass man mit dem Auto zum Outlet-Center fährt. Hin und zurück sind es 60 Kilometer. Der Wagen verbraucht auf dieser Strecke sechs Liter Diesel zum Preis von 1,75 Euro. Die Fahrt kostet also 6,30 Euro. Zehn Tafeln der begehrten Süßigkeit schlagen mit 18,90 Euro zu Buche. Im Supermarkt gekauft, würden sie 26,90 Euro kosten. Die Benzinkosten abgezogen, bleibt ein Vorteil von 1,70 Euro. Macht eine Rendite von 6,7 Prozent auf das eingesetzte Kapital. Da kommt kein Tagesgeldkonto mit. Und wenn der Ladenpreis wie zu erwarten um ein Drittel steigt, erhöht sich die Rendite sogar auf gut 42 Prozent, oder die Ersparnis unter dem Strich auf 10,66 Euro.
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Doch die Rechnung hat leider einige objektive wie subjektive Haken. Es beginnt bei den Fahrtkosten. Der ADAC rechnet regelmäßig die wahren Kosten für ein Auto pro Kilometer aus, also mit Anschaffungsausgaben, Finanzierung oder Reparaturen. Das können dann leicht etwa 50 Cent pro gefahrenem Kilometer sein. Damit kostet die Fahrt zum Schnäppchen-Paradies schon 30 Euro. Aus der Ersparnis würde ein kräftiger Verlust.
Am Ende kommt die Rechnung aber vielleicht auch einfach durch eigene Unvernunft ins Wanken. Denn ist die Schokolade erst einmal gekauft, will sie schließlich auch gegessen werden. Und das geht – je mehr man davon zu Hause hat – oft schneller, als einem lieb ist. Um bei Schnäppchen wirklich zu sparen, ist also viel Disziplin angezeigt.
Beim Tanken im Ausland sparen? Diese Rechnung müssen Sie kennen
Auch beim Tanken im Ausland lässt sich mancher Euro sparen. Der Blick auf die westlichen Nachbarn enttäuscht. Fast überall kostet der Sprit ähnlich viel oder sogar mehr als in Deutschland. Lediglich in Luxemburg ist Tanken mit 1,60 Euro pro Liter Super billiger. In Tschechien oder Polen ist die Preisdifferenz mit etwa 25 Cent pro Liter schon spürbar. Lohnt sich der Tankausflug dahin?
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Auch hier hängt es von den Fahrtkosten ab. Angenommen, das Fahrzeug verbraucht 6 Liter pro 100 Kilometer und der Tank fasst 40 Liter. Angenommen, man fährt 50 Kilometer bis zur ersten Tankstelle hinter der Grenze. Das Fahrzeug verbraucht dann 3 Liter zum hiesigen Preis von 1,75 Euro. Das macht 5,25 Euro. Auf der Rückfahrt gehen wieder 3 Liter drauf, allerdings zum günstigeren Preis von rund 1,50 Euro. Zusammengenommen kostet die Fahrt – ohne die „wahren“ ADAC-Autokosten – 9,75 Euro. Im Idealfall trifft das Fahrzeug mit dem letzten Tropfen Sprit an der Tankstelle ein, 40 Liter passen in den Tank. Die Ersparnis liegt dann bei 10 Euro. Nach der Rückfahrt sind aber nur noch 37 Liter im Tank. Das tatsächliche Ergebnis der Tour sinkt damit auf 9,25 Euro bei Kosten von 9,75 Euro. Tank-Tourismus lohnt sich also nur auf deutlich kürzeren Distanzen oder wenn andere Billigkäufe dazu kommen.
Beispiel für Nobelpreis: Konsumenten verhalten sich nicht vernünftig
Schnäppchen locken Konsumenten an. Darauf spekulieren auch die Händler. Mit Sonderangeboten umwerben sie die Kundschaft. Die Rechnung der Kaufleute geht auch auf. Denn die Verbraucher verhalten sich nicht rational, wie der Ökonom Richard Thaler herausgefunden hat. Er bekam für seine Forschungen zur Verhaltensökonomie sogar einen Nobelpreis. Ein Beispiel liefert Thaler mit der Kundin, die beim Kauf eines Radioweckers für 45 Dollar eine Fahrt in eine andere Filiale des Händlers in Kauf nahm, wo das Gerät 10 Dollar weniger kostete. Als ihr eine Ersparnis von 10 Dollar beim Kauf eines viel teureren TV-Geräts angeboten wurde, lehnte sie die Fahrt zum Sparen hingegen ab. Trotz gleicher Ersparnis ist der Reiz beim höheren Preis geringer. Das ist nur ein Beispiel für das wenig vernünftige Verhalten beim Einkauf.
Das Gefühl, ein besonders günstiges Angebot zu ergattern, sorgt laut Thaler für einen Nutzen bei den Verbrauchern. Mit Rabatten, Coupons oder Tiefstpreisen ködert der Handel deshalb seine Kunden. Diese greifen dann nicht nur zum Schnäppchen, sondern auch zu gar nicht preisgünstigen Waren, wenn sie schon einmal im Geschäft sind. „Mentale Buchführung“ nennt Thaler den flexiblen Umgang mit dem Haushaltsbudget.
Weil sich Verbraucher oft nicht rational verhalten, wird aus der erfolgreichen Schnäppchenjagd schnell ein gar nicht so vorteilhafter Einkauf. Ein Beispiel aus dem Bekanntenkreis ist wohl typisch. Ein Supermarkt bot den Lieblingssekt des Paares zum Spottpreis an. Sie fuhren dafür extra in das Geschäft. Der Filialist bot dann ab einem Einkauf von 80 Euro noch einen zusätzlichen Rabatt an. So füllten die beiden den Einkaufswagen, bis die Rabattgrenze erreicht war – auch mit anderen Produkten, die sie ursprünglich gar nicht wollten. Wir sind halt nicht perfekt.